E-Highway: Die Zukunft des Straßentransports? Ein Pilotprojekt aus Lübeck

Die weltweite Logistikbranche steht vor einem massiven Problem: Sie ist einer der größten Treiber des Klimawandels. Allein in Europa sind schwere Nutzfahrzeuge für über ein Viertel der verkehrsbedingten CO₂-Emissionen verantwortlich (European Environment Agency, 2022). Trotz Effizienzsteigerungen bleibt die Abhängigkeit von fossilen Brennstoffen und die damit einhergehende Umweltbelastung ein großes Problem. Die wachsende Nachfrage nach globalen Lieferketten und eine zunehmende Urbanisierung verschärfen die Situation, denn der Gütertransport auf der Straße wächst Jahr für Jahr.

Das Konzept des E-Highways: Eine Lösung aus der Praxis

Ein vielversprechender Lösungsansatz ist der sogenannte „E-Highway“, ein System, das elektrische Lastwagen direkt über eine Oberleitung mit Energie versorgt. Es handelt sich um eine Vision, die in Deutschland bereits im realen Straßenverkehr getestet wird, darunter in Lübeck, einer der Vorreiterstandorte. Das Projekt ist Teil der breiteren Initiative der Siemens AG und anderen Partnern, die zusammen die E-Highway-Technologie entwickelt und eingeführt haben. Es wird in Kooperation mit dem Bundesministerium für Umwelt, Naturschutz, nukleare Sicherheit und Verbraucherschutz (BMUV) finanziert und unterstützt.

Das System ähnelt den Oberleitungen, die man von Bahnen kennt: Über Leitungen, die über den Fahrstreifen installiert sind, beziehen Lastwagen mit speziellen Stromabnehmern (Pantographen) während der Fahrt Strom. Die Trucks können so elektrisch betrieben werden, ohne auf eine große Batterie angewiesen zu sein. Diese kann kleiner und kostengünstiger gehalten werden, weil der Strom direkt von der Infrastruktur gezogen wird – nur für kurze Strecken ohne Oberleitung wird eine Batterie benötigt. Der Vorteil dieses Systems liegt auf der Hand: keine langen Ladezeiten und ein direkter, kontinuierlicher Energietransfer, der auch schwere Lastwagen zuverlässig antreibt.

Die Köpfe hinter dem Projekt: Entstehung und Wachstum

Der E-Highway wurde maßgeblich von Siemens entwickelt, einem der führenden Industrieunternehmen in Deutschland mit langer Tradition in nachhaltigen Lösungen für die Infrastruktur. Gemeinsam mit der Technischen Universität Darmstadt und weiteren Partnern wurde das Projekt initiiert und gefördert, um die Machbarkeit und Effizienz solcher Systeme im realen Straßenverkehr zu testen. In Lübeck läuft das Projekt seit 2021 und hat bereits erhebliche Fortschritte gemacht.

Neben Siemens spielt auch die Spedition Contargo eine wesentliche Rolle in diesem Projekt. Sie stellt die Fahrzeuge und die logistischen Abläufe bereit und setzt sich intensiv mit der praktischen Integration in ihren täglichen Betrieb auseinander. Die rechtliche Form ist ein öffentlich-privates Partnerschaftsmodell, das sowohl Unternehmen als auch die öffentliche Hand zur Unterstützung involviert. Ziel ist es, eine effiziente und emissionsfreie Zukunft für den Straßengüterverkehr zu schaffen, die langfristig wirtschaftlich tragbar ist.

Erste Erfolgsgeschichten: Fakten aus dem Alltag

Die ersten Erfahrungen mit dem E-Highway in Lübeck und anderen Pilotprojekten haben vielversprechende Ergebnisse geliefert. Ein Beispiel dafür ist der Spediteur Contargo, der eine seiner täglichen Routen entlang der Teststrecke verlagert hat. Die Lkw ziehen beim Fahren unter den Oberleitungen so effizient Strom, dass die Emissionen auf dieser Strecke nahezu halbiert wurden (Siemens, 2023). Die Fahrer berichten zudem, dass die Pantographen-Systeme gut funktionieren und sich schnell an- und abkoppeln lassen. Diese positiven Ergebnisse geben den Entwicklern Hoffnung, dass das Konzept auch in anderen Regionen und Ländern umgesetzt werden kann.

Ein weiterer, bedeutsamer Erfolg lässt sich in einer Pilotstrecke auf der A5 in Hessen erkennen, wo über zwei Jahre hinweg ein starker Rückgang der Treibhausgasemissionen dokumentiert wurde. Laut dem BMUV hat das Projekt gezeigt, dass mit nur einer Teststrecke von wenigen Kilometern jährlich bis zu 50.000 Tonnen CO₂ eingespart werden könnten (BMUV, 2022). Es ist eine große Zahl, die das Potenzial dieser Technologie verdeutlicht – und das bei einer vergleichsweise kleinen Investition.

Auch der wirtschaftliche Nutzen des Projekts zeigt sich immer deutlicher: Die Kosten für Batterien und deren Gewicht stellen für die Logistikbranche eine große Herausforderung dar. Mit dem E-Highway könnte dies in Zukunft stark minimiert werden, was die Attraktivität von Elektro-Lastwagen erhöht.

Fazit und Ausblick

Obwohl das E-Highway-Projekt in Lübeck noch in der Testphase ist, hat es bereits ein enormes Potenzial gezeigt, die Emissionen im Straßengüterverkehr nachhaltig zu senken. Die Kombination aus öffentlicher Finanzierung und privatem Engagement bietet eine vielversprechende Basis für die großflächige Einführung dieser Technologie in Deutschland und Europa. Die ersten Erfolge geben Hoffnung, dass diese Technologie in Zukunft auch in andere Regionen und auf größere Distanzen ausgedehnt werden kann.

Die E-Highway-Technologie zeigt, wie innovative Ansätze und gezielte Investitionen den Verkehrssektor nachhaltiger gestalten können. Das Projekt in Lübeck und ähnliche Projekte weltweit sind ein Schritt in die richtige Richtung, um unsere Abhängigkeit von fossilen Brennstoffen zu verringern und gleichzeitig eine saubere, effiziente Lösung für den Straßengüterverkehr anzubieten.

Quellen:

  • European Environment Agency. (2022). „Transport greenhouse gas emissions.“ Available at: https://www.eea.europa.eu
  • Siemens. (2023). „Siemens Mobility E-Highway Project Overview.“ Available at: https://www.siemens.com
  • Bundesministerium für Umwelt, Naturschutz, nukleare Sicherheit und Verbraucherschutz (BMUV). (2022). „Bilanz E-Highway Hessen.“ Available at: https://www.bmuv.de
  • Contargo. (2023). „Emissionsfreie Logistik mit Oberleitungslkw.“ Available at: https://www.contargo.net

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