Natur erleben von klein auf: Wie das Geraer Projekt „Wir gehen raus“ Kinder für die Umwelt begeistert

Die Herausforderung: Entfremdung von der Natur in der modernen Kindheit

In einer zunehmend digitalisierten Welt verbringen Kinder immer weniger Zeit im Freien. Studien zeigen, dass der durchschnittliche Nachwuchs mehr Stunden vor Bildschirmen verbringt als draußen in der Natur. Diese Entwicklung führt zu einer wachsenden Entfremdung von natürlichen Umgebungen, was sowohl die körperliche als auch die geistige Entwicklung beeinträchtigen kann. Bewegungsmangel, Konzentrationsschwierigkeiten und ein geringeres Umweltbewusstsein sind nur einige der negativen Folgen.

In städtischen Gebieten wie Gera, einer Stadt in Thüringen, ist dieser Trend besonders ausgeprägt. Viele Kinder wachsen ohne regelmäßigen Kontakt zur Natur auf, da Grünflächen oft rar sind und der Alltag von digitalen Medien dominiert wird. Die Bedeutung von Naturerfahrungen für die kindliche Entwicklung wird dabei häufig unterschätzt.

Die Lösung: Das Projekt „Wir gehen raus“ – Naturpädagogik im Kindergarten Krümel

Um dieser Entwicklung entgegenzuwirken, initiierte der Kindergarten Krümel im Jahr 2018 das Projekt „Wir gehen raus“. Unter der Leitung von Tobias Theil entstand ein Konzept, das Kindern im Alter von fünf bis sieben Jahren ermöglicht, einen eigenen Garten zu bewirtschaften und dabei spielerisch die Natur zu entdecken. Der Kindergarten Krümel befindet sich im Steigerweg 6 in 07546 Gera und ist bekannt für seine innovativen pädagogischen Ansätze.

Das Projekt basiert auf der Idee, dass Kinder durch praktisches Tun und direkte Naturerfahrungen ein tiefes Verständnis für ökologische Zusammenhänge entwickeln. In einem 800 Quadratmeter großen Schrebergarten lernen die Kinder, Pflanzen zu säen, zu pflegen und zu ernten. Sie bauen gemeinsam Spielgeräte wie ein Piratenschiff, wobei sie handwerkliche Fähigkeiten erlernen und ihre Kreativität ausleben können. Diese Aktivitäten fördern nicht nur motorische Fähigkeiten, sondern auch Teamarbeit und Verantwortungsbewusstsein.

Erfolgreiche Umsetzung: Praktische Erfahrungen und gemeinschaftliches Lernen

Jeden ausgewählten Tag beginnen die Kinder mit einem „Baumstammkreis“, in dem sie ihre Aufgaben und Wünsche für den Tag besprechen. Die pädagogischen Fachkräfte begleiten die Kinder dabei und teilen sich im Garten auf, um verschiedene Projekte zu betreuen. Eine kleine Baustelle dient als Vorschulbereich, in dem gemeinsam geplant, gemessen und gebaut wird. So entstand beispielsweise ein großes Piratenschiff, dessen Rahmen mit Stöcken abgesteckt, vermessen und anschließend benannt wurde.

Diese praxisnahen Erfahrungen ermöglichen es den Kindern, verschiedene Bildungsbereiche ganzheitlich und freiwillig zu erkunden. Sie lernen den Umgang mit Pflanzen und Tieren, entwickeln ein Bewusstsein für ökologische Kreisläufe und erfahren die Bedeutung von Nachhaltigkeit. Zudem werden soziale Kompetenzen wie Kommunikation, Kooperation und Problemlösungsfähigkeiten gestärkt.

Ein besonderes Highlight des Projekts ist die jährliche Apfelsaftaktion. Dabei sammeln die Kinder Äpfel von regionalen Streuobstwiesen und verarbeiten sie zu Apfelsaft. Diese Aktion fördert nicht nur den Erhalt traditioneller Obstwiesen, sondern sensibilisiert auch die Bevölkerung für die Bedeutung regionaler Produkte.

Herausforderungen und Ausblick: Nachhaltigkeit und gesellschaftliche Akzeptanz

Trotz der Erfolge steht das Projekt vor Herausforderungen. Die kontinuierliche Pflege des Gartens erfordert Engagement und Zeit sowohl von den Erziehern als auch von den Eltern. Zudem ist es wichtig, die Finanzierung für Materialien und Werkzeuge sicherzustellen. Die Sensibilisierung der Gesellschaft für die Bedeutung solcher Projekte ist ebenfalls eine fortlaufende Aufgabe.

Dennoch zeigt das Engagement der Beteiligten, dass es möglich ist, durch gemeinsames Handeln positive Veränderungen zu bewirken und die Zukunft der Region nachhaltig zu gestalten. Das Projekt „Wir gehen raus“ dient als Vorbild für andere Einrichtungen und zeigt, wie Naturpädagogik erfolgreich in den Kindergartenalltag integriert werden kann.

Quellenangaben

 

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