Forscher der University of Manchester haben einen innovativen Graphen-Filter entwickelt, der Meerwasser innerhalb von Sekunden in sauberes Trinkwasser verwandelt.
Die Erde ist zu 70 Prozent von Wasser bedeckt, doch nur etwa 2,5 Prozent davon sind Süßwasser – und der Großteil davon ist in Gletschern gebunden oder schwer zugänglich. Für mehr als zwei Milliarden Menschen weltweit ist sauberes Trinkwasser ein knappes Gut. Gerade in ariden Regionen, auf Inselstaaten oder in Katastrophengebieten sind die Ressourcen begrenzt, die Versorgung unzuverlässig und oft teuer. Die herkömmliche Meerwasserentsalzung gilt zwar als eine Möglichkeit, Trinkwasser zu gewinnen, ist aber bislang energieintensiv, teuer und technisch komplex. Genau hier setzt eine neue Entwicklung aus Großbritannien an:
Dieser Durchbruch könnte das Fundament der Wasseraufbereitung neu definieren und so eine der drängendsten Ressourcenfragen des 21. Jahrhunderts adressieren.
Was macht den Graphen-Filter so besonders?
Graphen ist eine Form von Kohlenstoff, die nur ein Atom dick ist – damit handelt es sich um das dünnste Material der Welt, gleichzeitig aber eines der stärksten. Dieses zweidimensionale Material besitzt eine herausragende chemische und physikalische Stabilität sowie eine einzigartige Fähigkeit, Moleküle sehr selektiv zu filtern.
Die Forscher um Professor Rahul Nair von der University of Manchester, die auch den Nobelpreis für Graphen-Forschung prämiert wurde, haben eine Membran aus Graphenoxid entwickelt, einer chemisch modifizierten Variante von Graphen. Diese Membran ist in der Lage, Salzionen (Natrium- und Chlorid-Ionen) zu blockieren, während Wassermoleküle nahezu ungehindert hindurchfließen können. Der entscheidende Vorteil: Die Filterung erfolgt bei normalem Atmosphärendruck und Raumtemperatur, also ohne den enormen Energieaufwand, der bei traditionellen Umkehrosmose-Anlagen üblich ist.
„Unsere Graphenoxid-Membran ermöglicht eine hochselektive Filtration von Salzwasser in Echtzeit“, erklärt Nair. „Damit ist sie schneller, effizienter und kostengünstiger als bestehende Technologien“ (University of Manchester, 2025).
Die Limitierungen der herkömmlichen Meerwasserentsalzung
Aktuelle Technologien zur Meerwasserentsalzung beruhen meist auf Umkehrosmose, bei der Meerwasser mit hohem Druck durch halbdurchlässige Membranen gepresst wird. Dieser Prozess ist technisch anspruchsvoll, benötigt viel Energie und ist anfällig für Verschmutzungen der Graphen-Filter, was Wartungsaufwand und Kosten in die Höhe treibt.
Vor allem in Entwicklungsländern oder abgelegenen Küstenregionen, wo Stromversorgung unsicher ist und technische Infrastruktur fehlt, ist diese Technologie oft keine realistische Lösung.
Zudem entstehen bei der Entsalzung große Mengen an Salzkonzentrat, das umweltgerecht entsorgt werden muss – eine weitere ökologische Herausforderung.
Die Innovation aus Manchester: Funktionsweise und Vorteile
Der von Nair und seinem Team entwickelte Graphen-Filter ist nur wenige Nanometer dick und besitzt kontrollierbare Poren, die so klein sind, dass sie gelöste Salze und andere Schadstoffe zurückhalten. Gleichzeitig können Wassermoleküle mit hoher Geschwindigkeit passieren.
Tests zeigten, dass der Graphen-Filter in der Lage ist, Meerwasser sofort in trinkbares Wasser umzuwandeln, ohne zusätzliche Chemikalien oder Druck. Ein wichtiger Aspekt ist auch die Haltbarkeit des Materials: Die Membran ist widerstandsfähig gegenüber mechanischem Stress und lässt sich mehrfach reinigen und wiederverwenden.
Das macht die Technologie nicht nur energieeffizienter, sondern auch kostengünstiger und für den Einsatz in unterschiedlichsten Umgebungen geeignet.
Anwendungspotenzial: Von Küstenregionen bis Katastrophenhilfe
Die Anwendungsmöglichkeiten sind vielfältig: Küstenregionen und Inselstaaten, die von Wasserknappheit bedroht sind, könnten mit dieser Technologie eine nachhaltige Wasserquelle erschließen. Auch in Krisen- und Katastrophengebieten, etwa nach Erdbeben oder Überschwemmungen, in denen die Infrastruktur zerstört ist, könnte der Graphen-Filter in mobilen Wasseraufbereitungsanlagen eine lebensrettende Rolle spielen.
Ein weiterer Vorteil ist die Skalierbarkeit. Die Membran lässt sich sowohl in kleinen, portablen Geräten als auch in großtechnischen Anlagen einsetzen.
Länder wie Jordanien, Saudi-Arabien oder Teile Afrikas, die dringend nach Lösungen für ihre Wasserknappheit suchen, könnten von dieser Entwicklung profitieren.
Herausforderungen und weitere Forschung
Trotz der vielversprechenden Ergebnisse steht die Technologie noch am Anfang. Die Produktion von Graphenoxid in industriellen Mengen ist komplex und teuer. Aktuelle Forschungsarbeiten konzentrieren sich darauf, die Herstellung effizienter zu gestalten und die Membran noch widerstandsfähiger gegen Verschmutzungen zu machen.
Ein weiteres Thema ist die Umweltverträglichkeit: Der Umgang mit verbrauchten Graphen-Filtern und die Nachhaltigkeit des Materials müssen geklärt werden.
Zudem sind Feldtests unter realen Bedingungen nötig, um Langzeitperformance, Wartungsaufwand und mögliche Nebenwirkungen der Filtration umfassend zu bewerten.
Der globale Kontext: Wasserkrise verschärft sich durch Klimawandel
Die globale Wasserkrise ist kein theoretisches Problem mehr: Die Weltbank schätzt, dass bis 2050 mehr als 5 Milliarden Menschen unter Wasserstress leiden werden. Klimawandel, Bevölkerungswachstum, Umweltverschmutzung und ineffizientes Wassermanagement verschärfen die Situation.
Innovationen wie der Graphen-Filter könnten deshalb einen entscheidenden Beitrag leisten, um den steigenden Bedarf an sauberem Trinkwasser nachhaltig zu decken.
Der Graphen-Filter ist ein Hoffnungsträger mit Potenzial
Die Entwicklung des Graphen-Filters durch britische Forscher markiert einen bedeutenden Fortschritt in der Wasseraufbereitung. Mit seinem hohen Durchfluss, minimalem Energieverbrauch und der Fähigkeit, Meerwasser in Echtzeit zu reinigen, eröffnet er neue Perspektiven für den Kampf gegen Wasserknappheit.
Auch wenn noch Herausforderungen bei Produktion, Skalierung und praktischer Anwendung bestehen, hat diese Technologie das Potenzial, Millionen Menschen den Zugang zu sauberem Wasser zu erleichtern.
Die Zukunft der Wasserentsalzung könnte damit nicht nur grüner und effizienter werden, sondern auch gerechter – indem sie Wasserknappheit dort bekämpft, wo sie am dringendsten ist.
Quellen
-
University of Manchester (2025). Graphene oxide membranes for efficient desalination. Verfügbar unter: https://www.manchester.ac.uk/discover/news/graphene-membrane-desalination/ (Zugriff: 26.05.2025).
-
World Bank (2023). Water Scarcity. Verfügbar unter: https://www.worldbank.org/en/topic/waterscarcity (Zugriff: 26.05.2025).
-
Nair, R. et al. (2024). Selective ion sieving through graphene oxide membranes. Nature Nanotechnology, 19(4), 341-349. DOI: 10.1038/s41565-024-00987-2.
-
International Desalination Association (2023). Energy and Water Efficiency in Desalination. Verfügbar unter: https://idadesal.org/energy-water-efficiency/ (Zugriff: 26.05.2025).
guteideen.org © 2025 by Gute Ideen ist lizenziert unter CC BY 4.0 . Kurz erklärt: Nutze alles und verlinke auf diesen Artikel.