Die Bedrohung durch die Varroamilbe
Die Honigbiene, ein unverzichtbarer Bestäuber in unseren Ökosystemen, sieht sich seit Jahrzehnten einer ernsthaften Bedrohung gegenüber: der Varroamilbe (Varroa destructor). Ursprünglich in Asien beheimatet, hat sich dieser Parasit weltweit verbreitet und stellt eine der größten Herausforderungen für die moderne Imkerei dar. Die Milbe befällt sowohl erwachsene Bienen als auch deren Brut, schwächt das Immunsystem der Völker und macht sie anfälliger für Viren und andere Krankheiten. Ohne gezielte Gegenmaßnahmen führt ein starker Befall oft zum Kollaps des gesamten Bienenvolkes.
Traditionell greifen Imkerinnen und Imker zur Bekämpfung der Varroamilbe auf chemische Mittel wie Oxal- und Ameisensäure zurück. Diese Substanzen reduzieren zwar die Milbenpopulation, belasten jedoch auch die Bienen und können Rückstände im Honig hinterlassen. Zudem erfordern sie einen sorgfältigen Umgang und eine genaue Dosierung, da zu hohe Konzentrationen nicht nur die Milben, sondern auch die Bienen schädigen können. Angesichts dieser Problematik wächst das Interesse an alternativen, schonenderen Methoden zur Varroakontrolle. Besonders in der ökologischen Imkerei wird verstärkt an Konzepten gearbeitet, die natürliche Verhaltensweisen der Bienen nutzen, um die Milben auf einem erträglichen Niveau zu halten.
Ein bedeutender Faktor für die Verbreitung der Varroamilbe ist die Betriebsweise der modernen Imkerei. Durch den Wunsch nach maximalem Honigertrag werden Bienenhäuser oft in großen, standardisierten Beuten gehalten, die weit von ihren natürlichen Lebensräumen entfernt sind. In der freien Natur bevorzugen Bienen häufig kleinere Behausungen, etwa Baumhöhlen, die natürliche Brutpausen und Schwarmverhalten begünstigen. Diese Faktoren könnten sich als wirksame Mittel gegen die Milben erweisen, da sie die Fortpflanzung des Parasiten stören und somit die Abhängigkeit von chemischen Bekämpfungsmitteln verringern könnten.
Mellifera e. V.: Pionierarbeit in der wesensgemäßen Bienenhaltung
Inmitten der malerischen Landschaft des Zollernalbkreises, genauer gesagt in Rosenfeld, liegt die Fischermühle – der Sitz des Vereins Mellifera e. V. Seit seiner Gründung im Jahr 1985 setzt sich der Verein für eine ökologische und wesensgemäße Bienenhaltung ein. Mit über 35 Jahren Erfahrung hat Mellifera zahlreiche Projekte initiiert, die das Wohl der Bienen in den Mittelpunkt stellen.
Ein aktuelles Forschungsprojekt des Vereins widmet sich der Untersuchung von 45-Liter-Beuten als mögliche Maßnahme gegen die Varroamilbe. Traditionelle Bienenbehausungen haben ein Volumen von 120 bis 160 Litern. Die Idee hinter den kleineren Beuten basiert auf Beobachtungen, dass Bienenvölker in der Natur oft in kleineren Baumhöhlen nisten. Diese beengten Räume fördern eine erhöhte Schwarmaktivität, was zu Brutpausen führt. Während dieser Phasen kann sich die Varroamilbe nicht vermehren, was zu einer natürlichen Reduktion ihrer Population führt.
Das Forschungsprojekt: Kleine Beuten gegen große Probleme
Unterstützt von der Software AG – Stiftung (SAGST) startete Mellifera ein zweijähriges Forschungsprojekt, um den Einfluss der 45-Liter-Beuten auf die Varroapopulation systematisch zu untersuchen. Die zentrale Frage lautet: Kann die Nutzung kleinerer Beuten den Einsatz chemischer Mittel reduzieren oder sogar überflüssig machen?
Die bisherigen Ergebnisse sind vielversprechend. Die erhöhte Schwarmneigung und die damit einhergehenden Brutpausen scheinen tatsächlich die Vermehrung der Varroamilbe zu hemmen. „Leider muss auch in der wesensgemäßen Bienenhaltung seit Jahren vermehrt mit Säuren behandelt werden, um den Varroa-Befall einzudämmen“, erläutert SAGST-Projektleiter Markus Kleikemper. „Sollte sich die positive Wirkung der kleineren Beuten bestätigen, würde dies den Imkerinnen und Imkern vielversprechende neue Lösungsansätze eröffnen.“ (https://www.sagst.de/was-wir-foerdern/projekteinblicke/einblick/mellifera-forschungsprojekt-imkern-in-45-liter-beuten)
Erfolgreiche Praxisbeispiele und weitere Forschungsansätze
Hyperthermie: Wärmebehandlung gegen die Milbe
Ein weiterer vielversprechender Ansatz ist die Hyperthermie, bei der die Brut gezielt auf Temperaturen erhitzt wird, die für die Milben tödlich, für die Bienenlarven jedoch unbedenklich sind. Mellifera testet in diesem Zusammenhang den Einsatz von Infrarot-LED-Technologie, um eine chemiefreie Behandlung zu ermöglichen. (https://www.mellifera.de/bien/blog/bienenarbeit-bei-mellifera.html)
Technologische Innovationen: Hightech im Bienenstock
Auch die Integration moderner Technologie findet Einzug in die Imkerei. Ein bemerkenswertes Beispiel ist das Projekt „BeeVar“ der Universität Bremen. Hier entwickeln Forscher ein System, das Mikrosensoren und künstliche Intelligenz kombiniert, um den Befall durch Varroamilben frühzeitig zu erkennen und gezielt zu bekämpfen. Solche Hightech-Lösungen könnten in Zukunft eine präzisere und schonendere Varroakontrolle ermöglichen. (https://www.wfb-bremen.de/de/page/stories/standortmarketing/wissenschaft/duschen-bienen)
Quellenangaben
- Mellifera-Forschungsprojekt: Imkern in 45-Liter-Beuten. (2024). Abgerufen von https://www.sagst.de/was-wir-foerdern/projekteinblicke/einblick/mellifera-forschungsprojekt-imkern-in-45-liter-beuten
- Im Zentrum: Die Bienenarbeit bei Mellifera. (2023). Abgerufen von https://www.mellifera.de/bien/blog/bienenarbeit-bei-mellifera.html
- Mit Hightech gegen das Bienensterben. (2023). Abgerufen von https://www.wfb-bremen.de/de/page/stories/standortmarketing/wissenschaft/duschen-bienen
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