Vom DDR-Plattenbau zum energieautarken Vorzeigeprojekt: Wie Aschersleben Plattenbauten nachhaltig saniert.

Die Herausforderung: Energiefresser Plattenbau

Die in der DDR weit verbreiteten Plattenbauten galten einst als Symbol für schnellen und kostengünstigen Wohnraum. Doch heute stehen sie oft in der Kritik: Veraltete Fenster, mangelhafte Dämmung und ineffiziente Heizsysteme machen sie zu wahren Energiefressern. Die Folge sind hohe Heizkosten für die Bewohner und ein erheblicher CO₂-Ausstoß, der den aktuellen Klimazielen entgegensteht. Zudem mindern diese Defizite den Wohnkomfort und führen nicht selten zu Feuchtigkeitsproblemen und Schimmelbildung (Focus Online, 2023).

Die Lösung: Ein nahezu energieautarkes Wohnhaus

In Aschersleben, der ältesten Stadt Sachsen-Anhalts, hat die Ascherslebener Gebäude- und Wohnungsbaugesellschaft mbH (AGW) ein ambitioniertes Projekt ins Leben gerufen, um einen dieser Plattenbauten in ein nahezu energieautarkes Mehrfamilienhaus zu verwandeln. Das Ziel: Von März bis Oktober den gesamten Bedarf an Strom, Wärme und Warmwasser durch eigene Solarpanels auf dem Dach zu decken. In den Wintermonaten soll lediglich ein geringer Anteil an Ökostrom zugekauft werden müssen. Dieses Konzept verspricht nicht nur eine erhebliche Reduzierung der Nebenkosten für die Mieter, sondern leistet auch einen wertvollen Beitrag zum Klimaschutz (BundesBauBlatt, 2023).

https://www.youtube.com/watch?v=0pGgUBhKwCc

Die Entstehung des Projekts: Visionäre hinter der Idee

Die AGW, gegründet 1991 als kommunales Wohnungsunternehmen, verwaltet heute rund 5.000 Wohnungen in Aschersleben und Umgebung. Unter der Leitung von Geschäftsführer Mike Eley hat sich das Unternehmen zum Ziel gesetzt, nachhaltige und zukunftsorientierte Wohnkonzepte zu entwickeln. In Zusammenarbeit mit dem Energiewissenschaftler Prof. Timo Leukefeld und seinem Autarkieteam entstand die Idee, einen bestehenden Plattenbau energetisch so zu sanieren, dass er weitgehend unabhängig von externen Energiequellen wird. Dieses Vorhaben ist europaweit einzigartig und dient als Pilotprojekt für zukünftige Sanierungen dieser Art (Haustec, 2023).

Die Umsetzung: Innovative Technologien und Maßnahmen

Die Sanierung des Plattenbaus in der Kopernikusstraße 10-16 begann mit einer vollständigen Entkernung des Gebäudes. Lediglich die tragenden Strukturen blieben erhalten. Anschließend wurden folgende Maßnahmen umgesetzt:

  • Dämmung: Die Fassade und das Dach wurden mit hochwertigen Dämmmaterialien versehen, um Wärmeverluste zu minimieren.
  • Solarenergie: Auf dem Dach und an den Fassadenflächen wurden Photovoltaikmodule installiert, die den benötigten Strom für Haushalte und Heizung erzeugen.
  • Heizung: Anstelle einer herkömmlichen Heizungsanlage kommen Infrarotheizungen zum Einsatz, die die massive Bausubstanz des Gebäudes als Wärmespeicher nutzen.
  • Speichersysteme: Überschüssiger Solarstrom wird in Hochleistungsakkus gespeichert, um auch bei geringer Sonneneinstrahlung ausreichend Energie zur Verfügung zu haben.
  • Warmwasser: Speziell entwickelte Autarkieboiler nutzen den erzeugten Solarstrom zur Erwärmung des Wassers.

Durch dieses Zusammenspiel innovativer Technologien kann das Gebäude von März bis Oktober vollständig energieautark betrieben werden. In den Wintermonaten wird lediglich ein geringer Anteil an Ökostrom zugekauft (Haustec, 2023).

Erfolgreiche Beispiele: Energetische Sanierung in Eberswalde

Ein weiteres Beispiel für die erfolgreiche energetische Sanierung von Plattenbauten findet sich in Eberswalde. Dort hat die Wohnungsgenossenschaft 1893 eG Eberswalde im Rahmen des Projekts „BRAND.VIER“ seit 2020 mit der umfassenden Sanierung von insgesamt 1.119 Wohnungen begonnen. Ziel ist es, die CO₂-Emissionen deutlich zu reduzieren und den Wohnkomfort zu erhöhen. Die Maßnahmen umfassen unter anderem die Dämmung der Fassaden, den Einbau neuer Fenster und Türen sowie die Installation moderner Heizungsanlagen. Zudem werden Aufzüge nachgerüstet und Gemeinschaftsräume geschaffen, um die Lebensqualität der Bewohner zu steigern (Bauportal BG Bau, 2021).

Fazit: Ein Modell für die Zukunft

Die Sanierung des Plattenbaus in Aschersleben zeigt eindrucksvoll, wie durch innovative Ansätze und interdisziplinäre Zusammenarbeit aus energetisch ineffizienten Gebäuden zukunftsfähiger Wohnraum geschaffen werden kann. Dieses Projekt dient als Vorbild für weitere Sanierungen und unterstreicht die Bedeutung nachhaltiger Konzepte im Wohnungsbau. Die Kombination aus moderner Technologie und dem Erhalt bestehender Bausubstanz bietet dabei nicht nur ökologische, sondern auch ökonomische Vorteile für Mieter und Vermieter gleichermaßen.


Literaturverzeichnis

 

guteideen.org © 2025 by Gute Ideen ist lizenziert unter CC BY 4.0 . Kurz erklärt: Nutze alles und verlinke auf diesen Artikel.

Schreibe einen Kommentar

Deine E-Mail-Adresse wird nicht veröffentlicht. Erforderliche Felder sind mit * markiert