Ein grünes Paradies für München: Wie ein Waldgarten am Michaelianger mehr als nur eine Vision ist

Ein Problem, das uns alle betrifft: Betonwüsten statt Lebensräume

Städte weltweit stehen vor einer zunehmenden Herausforderung: Der Verlust von Grünflächen, die Versiegelung von Böden und die daraus resultierenden ökologischen und sozialen Folgen. München, eine der lebenswertesten Städte Europas, bildet hier keine Ausnahme. Trotz ihrer malerischen Parks und grünen Oasen kämpfen die Bewohner der bayerischen Hauptstadt mit den Auswirkungen urbaner Verdichtung: steigende Temperaturen, schlechtere Luftqualität und eine schwindende Artenvielfalt.

In vielen Vierteln wird jeder Quadratmeter genutzt – oft auf Kosten der Natur. Besonders betroffen sind Stadtrandgebiete wie Berg am Laim, ein Viertel, das in den letzten Jahren durch Bautätigkeiten und Infrastrukturprojekte stark verändert wurde. Was fehlt, sind grüne, öffentlich zugängliche Räume, die nicht nur ästhetisch, sondern auch ökologisch wertvoll sind.

Hier setzt das Konzept der Waldgärten an. Doch was steckt hinter dieser Idee, und wie soll sie am Michaelianger Realität werden?

Die Vision eines urbanen Waldgartens: Inspiration aus der Permakultur

Quentin Orain, Gründer des Vereins „Urbaner Waldgarten München“, ist ein Mann mit einer Mission. Seine Vision: Mitten in der Stadt einen Raum schaffen, in dem Menschen Natur erleben und gleichzeitig etwas über nachhaltige Landwirtschaft lernen können. Die Inspiration stammt aus der Permakultur, einer Methode, die natürliche Ökosysteme nachahmt, um produktive und gleichzeitig nachhaltige Lebensräume zu gestalten.

Ein Waldgarten ist eine mehrschichtige Grünfläche, die wie ein natürlicher Wald funktioniert: In den oberen Schichten wachsen Bäume wie Obst- und Nussbäume, darunter Sträucher, Kräuter und Bodendecker. Solche Anlagen bieten nicht nur Lebensräume für Tiere, sondern auch essbare Pflanzen für Menschen. Anders als klassische städtische Gärten oder Parks benötigen sie vergleichsweise wenig Pflege, da sie sich weitgehend selbst regulieren.

Orain und sein Team haben sich zum Ziel gesetzt, diese Idee am Michaelianger umzusetzen – eine Grünfläche in Berg am Laim, die bislang kaum genutzt wird.

Wer steckt hinter dem Projekt?

Der Verein „Urbaner Waldgarten München“ wurde 2020 gegründet und ist seitdem stetig gewachsen. Neben Orain, einem Umweltaktivisten mit französischen Wurzeln, engagieren sich rund 25 aktive Mitglieder aus den unterschiedlichsten Bereichen: von Biologen und Stadtplanern bis hin zu Anwohnern, die ihre Freizeit für das Projekt opfern. Organisiert als gemeinnütziger Verein, finanziert sich die Initiative hauptsächlich durch Spenden, Fördermittel und ehrenamtliche Arbeit.

Die Idee, einen Waldgarten zu schaffen, kam Orain während seiner Arbeit in einem Permakulturprojekt in Frankreich. „Ich habe gesehen, wie positiv solche Gärten das Leben der Menschen verändern können“, sagt er. Nach seinem Umzug nach München begann er, nach geeigneten Flächen zu suchen. Der Michaelianger, eine rund 10.000 Quadratmeter große Grünfläche, bot das ideale Potenzial: zentral gelegen, aber dennoch ruhig und ungenutzt.

Vier Ziele für den Waldgarten

Der Verein verfolgt mit dem Projekt vier zentrale Ziele:

  1. Biodiversität fördern: Durch die Anpflanzung vielfältiger Pflanzenarten soll der Waldgarten Lebensräume für Insekten, Vögel und andere Tiere schaffen.
  2. Klimaschutz: Die Begrünung hilft, CO₂ zu binden, die Luftqualität zu verbessern und die Hitze in der Stadt zu reduzieren.
  3. Bildung und Gemeinschaft: Der Waldgarten soll ein Ort des Lernens und des Austauschs werden – mit Workshops, Führungen und Gemeinschaftsaktionen.
  4. Lebensmittelproduktion: Obst, Kräuter und Gemüse aus dem Garten sollen der Allgemeinheit zugutekommen.

„Wir wollen zeigen, dass Stadtgrün mehr sein kann als Rasenflächen und Blumenbeete“, erklärt Orain. „Es geht darum, die Menschen wieder näher zur Natur zu bringen.“

Erste Erfolge und konkrete Schritte

Dass die Idee funktioniert, zeigt ein ähnliches Projekt in München-Neuperlach. Dort hat der Verein bereits 2022 auf einer kleineren Fläche einen Testgarten angelegt. Dieser umfasst rund 20 verschiedene Pflanzenarten, darunter Apfelbäume, Johannisbeersträucher und Minze. Innerhalb eines Jahres hat sich die Fläche zu einem kleinen Paradies entwickelt, das mittlerweile nicht nur Anwohner, sondern auch Schulklassen anzieht.

„Das Feedback war überwältigend“, berichtet Vereinsmitglied Maria Klein. „Viele Menschen haben uns gesagt, dass sie sich so einen Ort schon lange gewünscht haben.“

Für den Michaelianger sind die Planungen inzwischen weit fortgeschritten. Gemeinsam mit der Stadt München wurden erste Genehmigungen eingeholt, und die Finanzierung steht auf soliden Beinen. Der Verein hat über Crowdfunding 25.000 Euro gesammelt und zusätzlich eine Förderung durch die Stadt erhalten. Geplant ist, die ersten Pflanzen im Frühjahr 2025 einzusetzen.

Herausforderungen und Ausblick

Natürlich gibt es auch Hürden. Eine der größten Herausforderungen ist es, genügend Freiwillige zu finden, die sich langfristig um die Pflege des Gartens kümmern. Obwohl Waldgärten weniger arbeitsintensiv sind als klassische Gärten, benötigen sie dennoch eine gewisse Grundpflege, insbesondere in den ersten Jahren.

Auch die Bürokratie stellt die Initiative vor Herausforderungen. „Manchmal fühlt es sich an, als müssten wir für jede Pflanze eine Genehmigung einholen“, scherzt Orain. Doch der Enthusiasmus im Team ist ungebrochen.

Langfristig hat der Verein große Pläne. „Wir hoffen, dass unser Projekt Vorbildcharakter hat und weitere Städte ähnliche Initiativen starten“, sagt Orain. „Denn die Zukunft unserer Städte hängt davon ab, wie wir mit unseren Grünflächen umgehen.“

Fazit: Ein Modell für die Zukunft?

Der urbane Waldgarten am Michaelianger ist mehr als nur eine grüne Vision. Es ist ein lebendiges Beispiel dafür, wie städtische Räume umgestaltet werden können, um sowohl den Menschen als auch der Natur zu dienen. Projekte wie dieses könnten in Zukunft eine entscheidende Rolle dabei spielen, Städte lebenswerter, nachhaltiger und widerstandsfähiger zu machen.

„Die Natur gehört uns allen“, sagt Orain. „Und es liegt in unserer Verantwortung, sie zu schützen und wieder in unser Leben zu integrieren.“


Quellen

  1. Stadt München – Grünflächenmanagement: https://www.muenchen.de/rathaus/Stadtverwaltung/baureferat/gruenanlagen.html
  2. Permakultur Deutschland e.V.: https://www.permakultur.de
  3. Crowdfunding für den Waldgarten: https://www.startnext.com/urbaner-waldgarten-muenchen
  4. Artikel zur Biodiversität in Städten: https://www.umweltbundesamt.de/publikationen/biodiversitaet-in-der-stadt

 

 

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