Ein Dorf im Widerstand: Wie ein Ehepaar mit Musik gegen Rechtsextremismus kämpft

Jamel: Ein Dorf unter rechter Vorherrschaft

Mitten in Mecklenburg-Vorpommern liegt das kleine Dorf Jamel, kaum mehr als ein Punkt auf der Landkarte. Doch trotz seiner geringen Einwohnerzahl von etwa 38 Menschen hat Jamel traurige Berühmtheit erlangt: Seit den 1990er-Jahren gilt es als Hochburg der rechtsextremen Szene. Gezielt siedelten sich Neonazis an, um ein „nationalsozialistisches Musterdorf“ zu etablieren. Symbole und Parolen des Dritten Reichs prägen das Dorfbild, und die wenigen nicht-rechten Bewohner sehen sich mit Einschüchterungen und Bedrohungen konfrontiert.

Ein mutiger Neuanfang: Die Lohmeyers ziehen nach Jamel

2004 suchten Birgit und Horst Lohmeyer, ein Künstlerpaar aus Hamburg, nach einem ruhigen Ort auf dem Land. Sie erwarben den Forsthof in Jamel, ohne um die politische Ausrichtung ihrer neuen Nachbarn zu wissen. Schnell wurde ihnen jedoch klar, dass sie inmitten einer rechtsextremen Gemeinschaft gelandet waren. Anstatt das Feld zu räumen, entschieden sie sich, dem Hass mit Engagement und Kreativität entgegenzutreten.

Die Geburt von „Jamel rockt den Förster“

2007 initiierten die Lohmeyers das Musikfestival „Jamel rockt den Förster“ auf ihrem Forsthof. Was als kleines Sommerfest begann, entwickelte sich zu einem bedeutenden Zeichen gegen Rechtsextremismus und für Toleranz. Das Festival wird vom gemeinnützigen Verein „Förderverein Jamel rockt den Förster e.V.“ organisiert und findet seitdem jährlich statt. Es bietet nicht nur Musik, sondern auch Workshops und Informationsstände, die sich mit gesellschaftspolitischen Themen auseinandersetzen.

Prominente Unterstützung und wachsende Resonanz

Im Laufe der Jahre wuchs die Bedeutung des Festivals. 2015, nach einem Brandanschlag auf die Scheune der Lohmeyers, traten Die Toten Hosen spontan auf, um Solidarität zu zeigen. In den folgenden Jahren unterstützten zahlreiche namhafte Künstler wie Die Ärzte, Herbert Grönemeyer und Die Fantastischen Vier das Festival, indem sie ohne Gage auftraten. Diese prominente Unterstützung lenkte bundesweite Aufmerksamkeit auf das Anliegen der Lohmeyers und stärkte den Widerstand gegen die rechtsextreme Dominanz in Jamel.

Herausforderungen und Rückschläge

Trotz des Erfolgs des Festivals sahen sich die Lohmeyers immer wieder mit Anfeindungen und Sabotageakten konfrontiert. Neben dem Brandanschlag 2015 wurden Reifen von Festivalbesuchern zerstochen, und es gab Versuche, das Festival rechtlich zu behindern. Dennoch ließen sich die Lohmeyers nicht entmutigen und setzten ihr Engagement unbeirrt fort.

Ein Zeichen für Demokratie und Toleranz

„Jamel rockt den Förster“ ist mehr als nur ein Musikfestival. Es ist ein lebendiges Symbol für den Widerstand gegen Rechtsextremismus und für die Verteidigung demokratischer Werte. Durch die Kombination von Kultur und politischem Engagement schaffen die Lohmeyers einen Raum, in dem Menschen zusammenkommen, um ein Zeichen für eine offene und tolerante Gesellschaft zu setzen.

Auszeichnungen und Anerkennung

Für ihr unermüdliches Engagement wurden die Lohmeyers mehrfach ausgezeichnet. 2011 erhielten sie den Paul-Spiegel-Preis für Zivilcourage des Zentralrats der Juden. 2018 folgte der Preis für Popkultur in der Kategorie „Gelebte Popkultur“, und im selben Jahr wurden sie mit der 1Live-Krone für ihre Zivilcourage geehrt. Diese Anerkennungen unterstreichen die Bedeutung ihres Einsatzes für die Gesellschaft.

Die Zukunft von Jamel und das Vermächtnis der Lohmeyers

Trotz aller Widrigkeiten bleiben Birgit und Horst Lohmeyer in Jamel und setzen ihren Kampf für Demokratie und Toleranz fort. Ihr Festival hat nicht nur lokale, sondern auch nationale Bedeutung erlangt und dient als Vorbild für zivilgesellschaftliches Engagement. Es zeigt, dass auch kleine Initiativen Großes bewirken können und dass der Einsatz Einzelner einen Unterschied macht.

Quellenangaben

guteideen.org © 2024 by Gute Ideen ist lizenziert unter CC BY 4.0 . Kurz erklärt: Nutze alles und verlinke auf diesen Artikel.

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