Schulungsprogramm für Friseur*innen in Entwicklungsländern: Ein Weg zur wirtschaftlichen, sozialen und ökologischen Stärkung

Friseur*innen – meist als unverzichtbarer Bestandteil der Dienstleistungsbranche angesehen – spielen in vielen Entwicklungsländern eine bedeutende Rolle. Die meisten arbeiten in kleinen Salons, häufig in einfach ausgestatteten Räumen ohne besondere Sicherheitsvorkehrungen. Für diese Menschen ist der Beruf oft eine der wenigen Möglichkeiten, ein Einkommen zu erwirtschaften und ein gewisses Maß an Unabhängigkeit zu erreichen. Doch gerade in Entwicklungsländern steht diese Berufsgruppe vor besonderen Herausforderungen: Mangelnde Ausbildung, fehlende Gesundheitsstandards und ein geringer Zugang zu nachhaltigen Produkten erschweren den Weg zu einer sicheren und stabilen Existenz.

Das Problem: Gesundheitsrisiken und fehlende Perspektiven

Friseur*innen sind oft täglich potenziell gesundheitsschädlichen Chemikalien ausgesetzt. Die Verwendung von Haarfärbemitteln und anderen Styling-Produkten, die häufig ohne angemessene Schulung oder Sicherheitsvorkehrungen angewendet werden, kann schwere gesundheitliche Folgen haben – von Atemproblemen bis hin zu Hauterkrankungen. Laut einer Studie der International Agency for Research on Cancer (IARC) stehen bestimmte Chemikalien, die in Haarpflegeprodukten vorkommen, im Verdacht, krebserregend zu sein (World Health Organization, 2021). In Entwicklungsländern, wo der Zugang zu sicheren Alternativen begrenzt und das Bewusstsein für Gesundheitsrisiken gering ist, sind diese Gefahren noch gravierender.

Zudem fehlt es vielen Friseur*innen an Grundlagenwissen für ein erfolgreiches Geschäftsmodell. Die Selbstständigkeit, ein eigener kleiner Salon, bleibt daher oft eine Vision, die ohne Unterstützung und gezielte Schulung schwer realisierbar ist. Der Mangel an Wissen über wirtschaftliche Grundlagen und nachhaltige, weniger umweltbelastende Produkte führt nicht nur zu geringen Einnahmen, sondern schadet langfristig der lokalen Wirtschaft.

Die Lösung: Ein umfassendes Schulungsprogramm

Das Schulungsprogramm für Friseurinnen, das von der gemeinnützigen Organisation „Beauty Empowerment Initiative“ ins Leben gerufen wurde, zielt darauf ab, diesen Herausforderungen entgegenzuwirken. Die Organisation wurde von der ehemaligen Friseurmeisterin und Sozialunternehmerin Maria Santos und dem Umweltwissenschaftler Dr. James Liu gegründet. Ihr Ansatz basiert auf der Überzeugung, dass Bildung und Nachhaltigkeit Hand in Hand gehen müssen, um in der modernen Welt erfolgreich zu sein. Die Initiative wurde als eingetragener gemeinnütziger Verein (e.V.) gegründet und beschäftigt mittlerweile rund 30 Mitarbeiterinnen weltweit. Die Organisation wurde 2017 ins Leben gerufen und hat bisher Schulungsprogramme in über 10 Ländern erfolgreich umgesetzt.

Das Schulungsprogramm umfasst drei zentrale Bereiche:

  1. Moderne Friseurtechniken: Durch praxisnahe Trainings erhalten die Teilnehmer*innen Einblicke in zeitgemäße Haarschneide- und Färbetechniken, die nicht nur stilistisch auf dem neuesten Stand sind, sondern auch die Arbeitsqualität und Effizienz verbessern.
  2. Sicherheits- und Gesundheitsstandards: Besonders im Umgang mit Chemikalien werden die Friseur*innen geschult, wie sie Risiken minimieren können. Ergonomische Arbeitsweisen helfen zudem, langfristige Gesundheitsschäden zu vermeiden. In den Kursen wird zudem Wissen über alternative, weniger toxische Produkte vermittelt, die in Zukunft die Gesundheit und Umweltbelastung schonen.
  3. Grundlagen der Unternehmensführung: Vom Management kleiner Finanzen bis zur Kundenbindung und Marketingstrategien – die Kurse bereiten die Teilnehmer*innen auf die Selbstständigkeit vor. In vielen Ländern wird sogar eine Gründungsberatung angeboten, die beim Aufbau eines eigenen Geschäfts unterstützt.

Die Module sind flexibel aufgebaut, um auf die unterschiedlichen kulturellen und wirtschaftlichen Gegebenheiten der jeweiligen Länder einzugehen. Das Programm wird häufig in Zusammenarbeit mit lokalen Behörden und Bildungseinrichtungen angeboten, um die Akzeptanz und Nachhaltigkeit zu fördern.

Erfolgreiche Umsetzung: Beispiele aus der Praxis

Die Wirkung des Programms zeigt sich eindrucksvoll an Geschichten wie jener von Fatima aus Kenia. Die junge Friseurin, die anfangs in einem kleinen Dorf nahe Nairobi arbeitete, verdiente kaum genug, um ihre Familie zu ernähren. Durch das Schulungsprogramm lernte sie nicht nur, wie sie die Effizienz ihres Salons steigern konnte, sondern auch, wie sie sich von Konkurrenz abheben konnte. Fatima berichtet, dass sie besonders die Einführung natürlicher Haarprodukte für ihre Kundschaft geschätzt hat. „Ich war immer besorgt über die Chemikalien in den Farben, aber jetzt kann ich natürliche, weniger toxische Produkte verwenden, und meine Kundinnen lieben es!“ erzählt sie stolz. Seit der Schulung hat sie ihr Einkommen verdoppeln können und denkt über die Eröffnung eines zweiten Standorts nach.

Ein weiteres Beispiel findet sich in der Erfolgsgeschichte von Rodrigo aus Kolumbien, der zunächst als Aushilfsfriseur arbeitete und sich durch das Programm das Wissen aneignete, das ihm letztendlich die Gründung eines eigenen kleinen Salons ermöglichte. Besonders die Schulungen zu ökologischen Alternativen hatten auf Rodrigo einen tiefen Eindruck hinterlassen. „Ich habe gelernt, wie ich durch kleine Veränderungen weniger Müll produziere und gleichzeitig meine Ausgaben senken kann“, sagt er. Heute bietet er Beratungen für nachhaltiges Hairstyling an und hat eine treue Kundschaft aufgebaut, die den verantwortungsvollen Umgang mit Umweltfragen schätzt.

Ein Blick in die Zukunft

Die Beauty Empowerment Initiative plant, ihre Programme in den kommenden Jahren noch weiter auszubauen. Das Ziel ist, bis 2030 über 100.000 Friseurinnen weltweit auszubilden und damit nicht nur die Lebensqualität der Einzelnen zu verbessern, sondern auch langfristig die Branchenstandards in Entwicklungsländern zu erhöhen. Neben Friseurinnen sollen künftig auch Kosmetikerinnen und Nageldesignerinnen von den Programmen profitieren, um den Gedanken von Gesundheit, Sicherheit und Nachhaltigkeit in der gesamten Beauty-Branche zu verbreiten.

Die Wirkung der Schulungsprogramme geht über die individuelle Ebene hinaus: Die verbesserten Standards und die wachsende Zahl an nachhaltigen Kleinunternehmerinnen stärken die lokalen Wirtschaften, schaffen faire Arbeitsplätze und reduzieren die gesundheitlichen Risiken, denen Friseurinnen in Entwicklungsländern oft ausgesetzt sind.

Quellenangaben

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