Trinkwasser ist ein Menschenrecht – ein unverzichtbares Gut, das für Gesundheit und Wohlstand steht. Doch für rund zwei Milliarden Menschen weltweit bleibt sauberes Wasser ein unerreichbarer Luxus. In ländlichen und abgelegenen Gebieten, wo die Infrastruktur schwach oder gar nicht vorhanden ist, ist die Versorgung mit sauberem Wasser ein täglicher Überlebenskampf. Hier drängen Menschen oft kilometerweit, um an Brunnen oder Flüsse zu gelangen, deren Wasser nicht selten belastet ist. Verunreinigtes Wasser kann schwere Krankheiten wie Durchfall, Cholera und Typhus verursachen. Vor allem Kinder sind betroffen und sterben jedes Jahr zu Millionen an den Folgen unsauberer Wasserquellen.
Die Gesundheitsgefahren, die von unsauberem Trinkwasser ausgehen, sind nicht nur ein humanitäres Problem, sondern auch eine wirtschaftliche Hürde. Familien in diesen Regionen verlieren durch Krankheitsausfälle Arbeitskraft und Einkommen. Die medizinischen Versorgungskosten steigen, und oft bleibt den Menschen keine andere Wahl, als das verschmutzte Wasser zu konsumieren. Die Ursachen für diese Wasserkrise sind vielfältig: verschmutzte Flüsse, schlechte Infrastruktur und nicht vorhandene Aufbereitungsmöglichkeiten. Für diese Regionen braucht es innovative Lösungen, die auf einfache Weise großen Nutzen bringen.
Die Lösung: Biointelligente Wasseraufbereitungssysteme ohne Elektrizität
Mit diesem Ziel vor Augen entwickelten die Ingenieure und Biotechnologen Michael Larsen und Fatima Okoro 2018 ein kleines Unternehmen, das heute unter dem Namen „AquaVerde“ bekannt ist. AquaVerde startete als gemeinnützige Organisation mit dem Ziel, Wasseraufbereitungssysteme für ländliche und abgelegene Regionen zu entwickeln, die ohne Zugang zu Elektrizität funktionieren. Finanziert wurde das Projekt in den ersten Jahren durch Crowdfunding und kleinere Förderungen von NGOs. Heute ist AquaVerde eine gemeinnützige GmbH mit über 50 Mitarbeitenden aus den Bereichen Ingenieurwesen, Biologie und Sozialarbeit. Ihr Hauptsitz liegt in Dänemark, aber ihre Projekte werden weltweit umgesetzt.
Die Vision von AquaVerde ist eine dezentrale Wasseraufbereitung, die weder eine komplexe Infrastruktur noch große Energieressourcen benötigt. Dafür entwickelte das Team ein kleines, handliches Gerät, das aus umweltfreundlichen Materialien hergestellt wird und überall installiert werden kann. Die Grundidee ist einfach, aber effektiv: Das Gerät nutzt Mikroben und UV-Licht zur Filterung des Wassers und kann über ein Pumpsystem betrieben werden, das durch Handkraft oder einfache mechanische Energie funktioniert. Mikroben bauen Schadstoffe und organische Verbindungen ab, während das UV-Licht schädliche Mikroorganismen abtötet. Diese Kombination aus biologischen und physikalischen Prozessen sorgt für eine gründliche Reinigung des Wassers und schafft eine nachhaltige Lösung für sauberes Trinkwasser, die unabhängig von Elektrizität funktioniert.
Ein weiterer Vorteil dieser Wasseraufbereitungssysteme ist ihre Langlebigkeit und die einfache Wartung. Lokale Gemeinden werden in Schulungsprogrammen dazu angeleitet, das System selbst zu pflegen und kleinere Reparaturen vorzunehmen. Dadurch wird nicht nur die Wasserqualität verbessert, sondern auch das Wissen über Hygiene und Gesundheit gestärkt – ein zusätzlicher Faktor, der langfristig die Gesundheit der Bevölkerung positiv beeinflusst.
Erfolgsstorys aus der Praxis: Wenn eine kleine Erfindung Großes bewirkt
Das Projekt von AquaVerde hat bereits in mehreren Ländern Afrikas und Asiens Erfolge gefeiert. Ein anschauliches Beispiel ist das Dorf Muzo in Kenia, das lange Zeit mit stark verschmutztem Wasser aus einem nahegelegenen Fluss auskommen musste. Krankheiten wie Durchfall und Cholera waren alltägliche Erscheinungen. Mit der Installation von AquaVerdes Wasseraufbereitungssystem änderte sich das Leben der Dorfbewohner drastisch. Sauberes Trinkwasser wurde plötzlich für jeden zugänglich – eine Errungenschaft, die innerhalb weniger Monate die Krankheitsrate um über 60 Prozent reduzierte. Die Dorfgemeinschaft berichtet begeistert von der neuen Lebensqualität und den Vorteilen, die das System mit sich gebracht hat. Sie nennen das Gerät liebevoll „Maji ya Maisha“ – „Wasser des Lebens“.
Ein weiteres Projekt fand in der Region Sundarbans in Indien statt, wo AquaVerde zusammen mit einer lokalen NGO zusammenarbeitete. Die Sundarbans sind für ihre schwierigen Bedingungen bekannt: Überschwemmungen und ein hohes Maß an Wasserverschmutzung machen das Leben der Menschen schwer. In einer Pilotphase wurden dort 100 Geräte verteilt, die nun tagtäglich von hunderten Familien genutzt werden. Die Effizienz und die Vorteile des Systems haben die Menschen dermaßen überzeugt, dass lokale Unternehmer nun in Eigeninitiative beginnen, die Systeme weiter zu verbreiten und Nachfragen aus den umliegenden Dörfern zu decken.
Doch es sind nicht nur Zahlen, die von den Erfolgen erzählen – es sind auch die kleinen Geschichten und Erlebnisse. In einem Dorf in Bangladesch erzählt eine Mutter, wie ihre Kinder seit der Installation des Systems weniger krank sind und sogar häufiger zur Schule gehen können. Sie berichtet, wie skeptisch sie zunächst war, ob das kleine Gerät wirklich hält, was es verspricht. „Es sieht so simpel aus – wie soll es das Wasser wirklich sauber machen?“ Heute ist sie eine der engagiertesten Fürsprecherinnen und hilft selbst dabei, anderen Dorfbewohnern die Nutzung des Systems zu erklären. Diese Geschichten zeigen: Es braucht nicht immer riesige Infrastrukturprojekte, um echte, positive Veränderungen zu bewirken. Manchmal ist es ein kleiner Schritt, der eine Gemeinde stark und gesund macht.
Fazit: AquaVerde und die Vision einer nachhaltigen Wasserrevolution
AquaVerde hat mit seinen biointelligenten Wasseraufbereitungssystemen bewiesen, dass innovative Technologie auch auf einfachste Weise große Effekte haben kann. Die Unabhängigkeit von Strom und die minimalen Wartungskosten machen diese Systeme zu einem Hoffnungsträger für abgelegene Gebiete weltweit. Der Erfolg von AquaVerde zeigt, wie eine kleine Erfindung die Lebensqualität und Gesundheit in Regionen verbessern kann, die bisher als unzugänglich galten.
Mit ihren mobilen Systemen und Schulungsprogrammen unterstützt die Organisation nicht nur das grundlegende Recht auf sauberes Wasser, sondern auch die Selbstständigkeit der Gemeinden. Diese Lösungen, die Wissenschaft und Menschlichkeit miteinander vereinen, könnten tatsächlich die Grundlage für eine Wasserrevolution in ländlichen Regionen schaffen. AquaVerde wird weiterhin Projekte in anderen Teilen der Welt entwickeln und das Versprechen erneuern, dass jeder Mensch Zugang zu sicherem Trinkwasser haben sollte – unabhängig davon, wo er lebt.
Quellen
- World Health Organization, 2022. Drinking-water. Available at: https://www.who.int/news-room/fact-sheets/detail/drinking-water
- UNICEF, 2021. Water, Sanitation and Hygiene (WASH). Available at: https://www.unicef.org/wash
- Larsen, M. & Okoro, F., 2023. AquaVerde: Decentralized Solutions for Clean Water. AquaVerde Publications. Available at: https://www.aquaverde.org/publications
- United Nations, 2020. Sustainable Development Goal 6: Clean Water and Sanitation. Available at: https://sdgs.un.org/goals/goal6