Telefonkette am Morgen : Wenn das Telefon das Frühstück ersetzt

Die Telefonkette am Morgen : Wie Klaus in Dormagen jeden Morgen um kurz nach 8 Uhr eine Telefonkette startet – und warum sie für viele ein Rettungsanker ist

Jeden Morgen um kurz nach 8 Uhr wählt Klaus eine Nummer – und löst damit eine Verbindung aus, die sich durch Dormagen zieht. Es ist die Telefonkette am Morgen, organisiert vom Netzwerk 55plus im Caritas-Mehrgenerationenhaus, bei der sich ältere Menschen regelmäßig telefonisch austauschen. Das einfache Ritual besiegt Einsamkeit, schafft soziale Nähe – und hilft im Notfall (Dormago, 2021a).

Ursprung und Idee

Die Initiative wurde am 18. Juli 2011 gegründet, initiiert von Jeanette Radatz und Heinz Schneider. Beide engagieren sich beim Netzwerk 55plus in Kooperation mit dem Caritas-Mehrgenerationenhaus Dormagen. Ziel war es, älteren, oft alleinstehenden Menschen eine regelmäßige soziale Anbindung zu ermöglichen – einfach, sicher und täglich erreichbar (Dormago, 2021a).

Im Mittelpunkt steht dabei ein Grundbedürfnis: das tägliche „Hallo“. Wer allein lebt, hat oft niemanden, der regelmäßig nach ihm schaut. Die Telefonkette am Morgen bietet hier eine niedrigschwellige Struktur – verlässlich, vertraut, und im Notfall auch lebensrettend.

Was ist eine Telefonkette am Morgen?

Das Prinzip ist so einfach wie wirkungsvoll: Eine Liste mit Telefonnummern, auf der jeder Teilnehmende nacheinander angerufen wird. Der Erste – derzeit ist das Klaus – ruft morgens kurz nach acht Uhr die nächste Person auf der Liste an. Sollte jemand nicht erreichbar sein, wird dies sofort bemerkt, und es kann nachgeforscht werden (Wikipedia, 2024).

Alltag, Austausch, Sicherheit

Für die Mitglieder ist die Telefonkette am Morgen mehr als ein Anruf. Sie bedeutet Struktur, Kontakt und Aufmerksamkeit. „Man ist so einsam beim Frühstück, wenn der Partner fehlt“, sagt Luzie in einem Beitrag der WDR Lokalzeit, „deshalb sind wir schon 15 Jahre dabei“ (WDR, 2024). In wenigen Minuten entstehen echte Gespräche – über das Wetter, kleine Sorgen oder ein schönes Erlebnis vom Vortag.

Wird ein Mitglied nicht erreicht, meldet sich das Caritas-Haus. So ersetzt der tägliche Plausch auch eine stille Notfallkontrolle – ganz ohne Überwachung oder Technik.

Corona als Prüfstein

Während der Corona-Pandemie wurde die Bedeutung der Telefonkette am Morgen besonders sichtbar: Persönliche Treffen fielen aus, soziale Isolation nahm zu – gerade bei älteren Menschen. Die Dormagener Telefonkette war in dieser Zeit oft die einzige tägliche Verbindung zur Außenwelt. „Manche riefen sogar mehrmals täglich an“, berichtet Heinz Schneider vom Netzwerk 55plus (Dormago, 2021b).

Telefonkette am Morgen : Persönliche Nähe trotz Distanz

Was die Telefonkette am Morgen auszeichnet, ist ihre Beständigkeit. Auch zehn Jahre nach ihrer Gründung telefonieren die Mitglieder täglich. Ihre Stimmen sind vertraut geworden. Viele haben sich auch persönlich kennengelernt – bei monatlichen Treffen, die das Netzwerk 55plus organisiert. Dort entstehen neue Freundschaften, und Interessierte können in die Kette aufgenommen werden (Dormago, 2021a).

Wer kann mitmachen?

Mitmachen können alle Seniorinnen und Senioren in Dormagen – besonders jene, die allein leben oder sich Anschluss wünschen. Die Teilnahme ist kostenlos, erforderlich ist nur ein Telefon und ein wenig Zeit. Ansprechpartner ist Heinz Schneider, erreichbar über das Caritas-Mehrgenerationenhaus (Netzwerk Dormagen, 2024).

Klein, aber wirksam

Aktuell umfasst die Kette sechs feste Mitglieder (Dormago, 2021a). Eine kleine Gruppe – aber mit großer Wirkung. Denn jede dieser Stimmen steht für ein Leben, das nicht übersehen wird. Die Initiator*innen hoffen, dass sich weitere ältere Menschen anschließen. Für neue Ketten gibt es bereits vorbereitete Strukturen im Netzwerk 55plus.

Ein Modell für andere Orte

Die Dormagener Telefonkette am Morgen zeigt: Es braucht weder Apps noch High-Tech-Lösungen, um Nähe und Sicherheit zu schaffen. Ein Telefon, ein Plan, ein bisschen Zeit – mehr ist nicht notwendig. Der Erfolg beruht auf Vertrauen, Verlässlichkeit und dem Wunsch, füreinander da zu sein.

Fazit

Was wie ein nostalgisches Ritual erscheint, ist in Wahrheit ein leises Erfolgsmodell: Die Telefonkette in Dormagen ist sozialer Halt, Notfallhilfe und Freundschaftspflege zugleich. Jeden Morgen kurz nach acht startet Klaus den Tag – für sich selbst und für fünf andere. Das Telefon wird zum Lebensfaden – Tag für Tag.


Quellenverzeichnis (Harvard Style)

Dormago (2021a) Telefonkette der Caritas Dormagen feiert 10-jähriges Bestehen, Dormago.de, 18. Juli. Verfügbar unter: https://dormago.de/dormagen-meldung.php?user_id=30288 (Zugriff: 27. Juli 2025).

Dormago (2021b) Caritas-Telefonkette hilft besonders in Corona-Zeiten, Dormago.de, 10. April. Verfügbar unter: https://dormago.de/dormagen-meldung.php?user_id=28655 (Zugriff: 27. Juli 2025).

Netzwerk Dormagen (2024) Netzwerk 55plus Dormagen – Caritas Mehrgenerationenhaus, Netzwerk-Dormagen.de. Verfügbar unter: https://www.netzwerk-dormagen.de/-aktuelles (Zugriff: 27. Juli 2025).

WDR (2024) Jeden Morgen um kurz nach 8 Uhr startet Klaus die Telefonkette …, Lokalzeit bei Instagram, 26. März. Verfügbar unter: https://www.instagram.com/reel/DEkT69vsQHm/ (Zugriff: 27. Juli 2025).

Wikipedia (2024) Telefonkette, Wikipedia – Die freie Enzyklopädie. Verfügbar unter: https://de.wikipedia.org/wiki/Telefonkette (Zugriff: 27. Juli 2025).

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