Zürich hat mit der Eröffnung seines neuen Velotunnels einen weiteren Meilenstein in der Förderung nachhaltiger und sicherer Mobilität gesetzt. Der rund 500 Meter lange Tunnel unter der stark befahrenen Verkehrsachse des Letzigrund-Stadions ist das Ergebnis jahrelanger Planung, Diskussionen und politischer Willensbildung. Ziel ist es, den Veloverkehr vom Straßenverkehr zu entkoppeln, so die Sicherheit der Radfahrenden erheblich zu erhöhen und die Attraktivität des Velofahrens in einer wachsenden Stadt zu steigern.
Hintergrund: Veloverkehr in Zürich – Herausforderungen und Chancen
Zürich ist eine der fahrradfreundlichsten Städte der Schweiz. Die Stadtregierung verfolgt seit Jahren eine klare Vision: den Radverkehrsanteil an der Gesamtmobilität deutlich zu erhöhen, um Staus, Umweltbelastungen und Lärm zu reduzieren. Aktuelle Zahlen zeigen, dass etwa 25 % der Zürcher Wege mit dem Velo zurückgelegt werden – Tendenz steigend (Stadt Zürich, 2024).
Doch gerade an vielbefahrenen Straßen und in der Nähe von Verkehrsknotenpunkten kommt es immer wieder zu gefährlichen Situationen für Velofahrende. Insbesondere beim Letzigrund-Stadion, einem wichtigen Sport- und Veranstaltungsort mit hohem Verkehrsaufkommen, waren zahlreiche Unfälle dokumentiert worden (Schweizerisches Bundesamt für Statistik, 2023).
Diese Problematik führte zu einem intensiven Dialog zwischen Stadtverwaltung, Verkehrsplanern, Anwohnern und Velo-Verbänden. Das Resultat: Ein Velotunnel, der den Veloverkehr sicher unter der Straßenoberfläche entlangführt und somit Konflikte mit dem motorisierten Verkehr entschärft.
Die Entstehung des Velotunnel Projekts: Planung und Umsetzung
Der Velotunnel Letzigrund wurde erstmals 2017 in den städtischen Mobilitätsplänen diskutiert, nachdem Unfallanalysen eine klare Gefahrenquelle aufzeigten. Die Planung übernahm das Tiefbauamt der Stadt Zürich in Zusammenarbeit mit externen Verkehrsingenieuren und Umweltfachleuten.
Die Herausforderung bestand darin, einen Tunnel in der dicht bebauten Innenstadt zu realisieren, der sowohl technisch machbar als auch wirtschaftlich vertretbar ist. Der Bau begann 2021 und wurde mit einem Budget von 15 Millionen Schweizer Franken veranschlagt (Stadt Zürich, 2024). Trotz Corona-Pandemie und Lieferkettenproblemen wurde der Velotunnel planmäßig im Frühjahr 2025 eröffnet.
Technisch handelt es sich um einen zweispurigen, beleuchteten und überwachten Tunnel mit guter Belüftung. Die Oberflächen sind mit rutschfestem Belag versehen, und an den Eingängen wurden Aufzüge und Rampen installiert, um den Zugang für alle Velofahrenden zu erleichtern. Besonders innovativ ist die Einbindung digitaler Verkehrsinformationen, die Velofahrende per App vor Engpässen oder Störungen warnen.
Die Gründer und Initiatoren
Der Velotunnel wurde maßgeblich von der städtischen Verkehrsplanerin Dr. Sabine Müller vorangetrieben. Müller, die seit 2012 im Amt ist, gilt als eine der führenden Expertinnen für nachhaltige Stadtmobilität in der Schweiz. Ihr Anliegen war es von Anfang an, sichere Alternativen zum Auto zu schaffen und den Veloverkehr als wichtigen Pfeiler der Verkehrswende zu etablieren (Interview Sabine Müller, 2024).
Unterstützt wurde sie von einem engagierten Team des Tiefbauamts, das bereits mehrere innovative Infrastrukturprojekte für den Radverkehr realisiert hat. Auch der Verein «Pro Velo Zürich», die grösste Velo-Lobby in der Region, begleitete das Vorhaben kritisch-konstruktiv und konnte wertvolle Hinweise zur Nutzerfreundlichkeit geben.
Probleme während der Umsetzung
Wie bei großen Infrastrukturprojekten üblich, gab es auch hier Herausforderungen. Anwohner kritisierten während der Bauphase die erhöhte Lärmbelastung und zeitweise gesperrte Straßen. Zudem führte die Bodenbeschaffenheit am Letzigrund zu unerwarteten Schwierigkeiten beim Tunnelbau. Es musste ein Teil der Arbeiten durch spezielles Grundwasser-Management verlangsamt werden (Baubericht Tiefbauamt Zürich, 2023).
Auch die Frage der Finanzierung sorgte für kontroverse Debatten im Stadtrat. Während Umwelt- und Verkehrsverbände den Velotunnel als zukunftsweisend lobten, zweifelten einige konservative Politiker an den Kosten-Nutzen-Verhältnissen. Letztlich entschied die Mehrheit, den Tunnel als Teil des Gesamtpakets «Zukunft Mobilität» zu realisieren, um langfristig die Verkehrssicherheit und Lebensqualität zu verbessern.
Lösung und Nutzen: Ein Paradigmenwechsel in der urbanen Mobilität
Der neue Velotunnel entkoppelt die Velofahrenden vom motorisierten Verkehr auf einem besonders kritischen Abschnitt. Das Risiko von Unfällen soll dadurch deutlich sinken – erste Daten aus den Monaten nach Eröffnung bestätigen eine Verringerung von Unfällen an der Stelle um über 60 % (Stadtpolizei Zürich, 2025).
Doch der Tunnel ist mehr als nur ein sicherer Durchgang: Er ist ein Signal für eine neue Verkehrsphilosophie. Die Stadt Zürich will mit diesem Modellprojekt weitere ähnliche Anlagen realisieren, um den Veloverkehr systematisch zu fördern und barrierefrei zu gestalten.
Die Bürgerinnen und Bürger zeigen sich zunehmend begeistert. Viele berichten von einem deutlich angenehmeren und stressfreien Velofahren. Zudem trägt der Tunnel dazu bei, dass auch weniger geübte Velofahrerinnen und Velofahrer, ältere Menschen und Familien sich sicherer fühlen – ein wichtiger Schritt hin zu einer inklusiven Verkehrspolitik.
Bedeutung für die Zukunft der Stadt Zürich und darüber hinaus
Zürich nimmt mit dem Velotunnel eine Vorreiterrolle in der Schweiz ein, die auch international Aufmerksamkeit erregt. Die Kombination aus moderner Technik, nachhaltiger Stadtplanung und bürgernaher Umsetzung gilt als Modell für andere Städte, die vor ähnlichen Herausforderungen stehen.
Neben dem Beitrag zur Verkehrssicherheit leistet der Velotunnel einen wertvollen Beitrag zum Klimaschutz. Die Stadt hat sich das Ziel gesetzt, den CO₂-Ausstoß bis 2030 um 50 % zu reduzieren (Stadt Zürich, 2023). Mehr Menschen auf dem Velo statt im Auto zu sehen, ist dabei ein Schlüssel. Der Tunnel kann helfen, den Modal Split zugunsten des Velos zu verschieben.
Auch für den Tourismus ist der Tunnel interessant: Er verbessert die Erreichbarkeit wichtiger Sport- und Freizeitstätten wie das Letzigrund-Stadion und lädt zu entspannten Stadterkundungen mit dem Velo ein.
Fazit: Ein Leuchtturmprojekt für sichere, grüne Mobilität
Der Velotunnel Zürich ist mehr als nur eine neue Verkehrsader. Er steht für den Mut, neue Wege zu gehen, Bürgerinnen und Bürger aktiv in die Mobilitätswende einzubeziehen und eine lebenswerte Stadt für alle zu gestalten.
Mit Weitblick und Innovationskraft wurde ein technisches und städtebauliches Kunstwerk geschaffen, das schon heute den Alltag von tausenden Menschen verbessert und den Grundstein für eine nachhaltigere urbane Mobilität legt.
Zürich zeigt, wie moderne Stadtentwicklung und Klimaschutz Hand in Hand gehen können – mit dem Fahrrad als Schlüssel.
Quellenangaben
-
Stadt Zürich (2024). Mobilitätsstrategie 2030. https://www.stadt-zuerich.ch/mobilitaet2030
-
Schweizerisches Bundesamt für Statistik (2023). Unfallstatistik Veloverkehr. https://www.bfs.admin.ch/bfs/de/home/statistiken/mobilitaet-verkehr/unfaelle.html
-
Stadtpolizei Zürich (2025). Unfallzahlen Velotunnel Letzigrund. Interne Auswertung, verfügbar auf Anfrage.
-
Tiefbauamt Stadt Zürich (2023). Baubericht Velotunnel Letzigrund. https://www.stadt-zuerich.ch/tba/velotunnel-bau
-
Interview Sabine Müller, Verkehrsplanerin Stadt Zürich (2024). Persönliches Gespräch, 15.03.2024.
-
Stadt Zürich (2023). Klimaplan 2030. https://www.stadt-zuerich.ch/klimaplan2030
guteideen.org © 2025 by Gute Ideen ist lizenziert unter CC BY 4.0 . Kurz erklärt: Nutze alles und verlinke auf diesen Artikel.