Moore sind stille Giganten im Kampf gegen den Klimawandel. Trotz ihrer vergleichsweise kleinen globalen Fläche – sie bedecken nur etwa drei Prozent der Landfläche – speichern Moore doppelt so viel Kohlenstoff wie alle Wälder der Erde zusammen (BUND, 2023). Doch weltweit sind Moore durch Entwässerung, Landwirtschaft und Torfabbau stark zerstört. Ihre Renaturierung gilt als Schlüsselmaßnahme im Kampf gegen die Erderhitzung. Ein 21-jähriger Tüftler aus Schleswig-Holstein hat mit einem neuen Verfahren, das die Ansiedlung von Moosen auf ehemaligen Moorflächen beschleunigt, für Aufsehen gesorgt – und damit zwei Preise bei „Jugend forscht“ 2022 gewonnen. Nun wird seine Innovation unter realen Bedingungen erprobt.
Moorschutz als Klimaschutz: Warum Moore so wichtig sind
Moore speichern Kohlenstoff in ihren Torfschichten, die über Jahrtausende entstanden sind. Wird ein Moor trockengelegt, oxidiert der Torf, und große Mengen CO₂ werden freigesetzt. Das macht die Moore zu den weltweit größten terrestrischen Kohlenstoffspeichern. Die Vernichtung von Mooren verursacht nach Schätzungen etwa fünf Prozent der globalen Treibhausgasemissionen (Joosten et al., 2016).
Doch Moore sind nicht nur Klimapuffer. Sie sind Lebensraum für eine Vielzahl von spezialisierten Pflanzen- und Tierarten und tragen zum Hochwasserschutz bei. Ihre Renaturierung ist daher aus ökologischer und klimatischer Sicht dringend geboten. Der BUND (Bund für Umwelt und Naturschutz Deutschland) setzt sich seit Jahren für den Schutz und die Wiedervernässung von Mooren ein und betont: „Moore sind unersetzliche Kohlenstoffspeicher und Biodiversitäts-Hotspots“ (BUND, 2023).
Cornelius Quint: Ein junger Forscher mit einer großen Idee
Cornelius Quint, geboren 2001 in Schleswig-Holstein, hat sich schon früh für Umwelt und Naturwissenschaften begeistert. Sein Interesse an Mooren und Moosen begann während eines Schulprojekts, als er erkannte, wie langsam sich Moore selbst regenerieren. Das ist ein zentrales Problem: Moose, insbesondere Torfmoose (Sphagnum), sind die Hauptakteure bei der Bildung von Torf und damit für die Kohlenstoffspeicherung verantwortlich. Doch ihre natürliche Ansiedlung auf zerstörten Flächen kann Jahrzehnte oder länger dauern.
Cornelius Quint entwickelte eine Methode, um Moose schneller auf ehemaligen Moorflächen anzusiedeln. Dabei nutzt er speziell gezüchtete Moospellets, die auf den Boden ausgebracht werden. Die Pellets enthalten lebende Moose, die in einem patentierten Verfahren zu kleinen, transportfähigen Kugeln verarbeitet werden. Diese können großflächig und effizient auf degradierten Moorböden verteilt werden.
Für diese Erfindung erhielt Cornelius Quint 2022 bei „Jugend forscht“ den Sonderpreis des Bundesministeriums für Ernährung und Landwirtschaft sowie den Preis für die originellste Arbeit, der vom Bundeskanzler Olaf Scholz gestiftet wurde (Jugend forscht, 2022).
Wie funktioniert die Moospellet-Technologie?
Das Herzstück der Erfindung sind die Moospellets, die Cornelius Quint aus Torfmoosen herstellt. Dabei werden Moosbröckchen in einem Nährmedium vermehrt und anschließend in kleine Kugeln geformt, die für die Ausbringung auf dem Moorboden geeignet sind.
Die Vorteile sind vielfältig:
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Effizienz: Die Pellets lassen sich einfach ausbringen, auch auf großen, schwer zugänglichen Flächen.
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Beschleunigte Ansiedlung: Durch die gezielte Ausbringung von vitalem Moos wird die natürliche Regeneration des Moors deutlich beschleunigt.
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Skalierbarkeit: Die Methode kann theoretisch auch für andere Moorstandorte angepasst werden.
„Mit unserer Technik können wir die Wiederansiedlung von Moosen auf degradierten Moorflächen in wenigen Jahren erreichen, statt Jahrzehnten“, erklärt Cornelius Quint in einem Interview (Cornelius Quint, 2023).
Erste Feldtests in Schleswig-Holstein
Drei Jahre nach seiner Auszeichnung wird die Methode nun erstmals unter realen Bedingungen getestet. In Schleswig-Holstein, wo Cornelius Quint die meisten seiner Feldstudien durchgeführt hat, läuft derzeit ein Projekt, das die Effektivität und Nachhaltigkeit der Moospellets im großflächigen Einsatz überprüft.
Das Testgebiet umfasst ehemalige Hochmoore, die durch Entwässerung und Nutzung stark geschädigt sind. Im Rahmen des Projekts werden verschiedene Flächen mit Moospellets behandelt, andere dienen als Kontrollflächen zur natürlichen Regeneration.
Das Umweltministerium Schleswig-Holstein unterstützt das Projekt finanziell und wissenschaftlich. „Wir wollen herausfinden, ob die Methode sich nicht nur hier, sondern auch in anderen Moorregionen Deutschlands und Europas anwenden lässt“, sagt Dr. Sabine Fuchs, Expertin für Moorrenaturierung im Ministerium (Umweltministerium Schleswig-Holstein, 2025).
Die ersten Zwischenergebnisse sind vielversprechend. Auf den behandelten Flächen zeigte sich bereits nach wenigen Monaten eine deutlich höhere Moosbesiedlung als auf den Kontrollflächen. Dies spricht für eine erfolgreiche beschleunigte Moorrenaturierung.
Herausforderungen und Perspektiven
Trotz der positiven Aussichten gibt es auch Herausforderungen: Die Herstellung der Moospellets ist aktuell noch aufwendig und muss für eine breite Anwendung noch optimiert werden. Zudem variiert die Zusammensetzung und Beschaffenheit der Moore regional stark, was Anpassungen des Verfahrens nötig machen könnte.
Auch die Finanzierung von großflächigen Renaturierungsprojekten ist oft limitiert, da Moore über lange Zeiträume gepflegt und kontrolliert werden müssen, um dauerhaften Erfolg sicherzustellen.
Dennoch sind Wissenschaftler und Naturschützer optimistisch: „Die Arbeit von Cornelius Quint ist ein großer Schritt nach vorne. Es zeigt, dass Innovationen im Naturschutz auch von jungen Forschern kommen können“, so Dr. Fuchs.
Warum Renaturierung heute wichtiger denn je ist
Der Klimawandel schreitet voran, und die Reduktion von Treibhausgasen allein reicht nicht aus. Die Erhaltung und Wiederherstellung von Ökosystemen wie Mooren sind essenziell, um zusätzliche CO₂-Senken zu schaffen. Die Renaturierung von Mooren kann nach Schätzungen jährlich bis zu 400 Millionen Tonnen CO₂ einsparen (Joosten et al., 2016).
Darüber hinaus leisten intakte Moore einen Beitrag zur Biodiversität, indem sie seltenen Pflanzen und Tieren Lebensraum bieten. Gerade in Zeiten des Artensterbens sind solche Ökosysteme ein unverzichtbarer Schutzraum.
Die Innovation von Cornelius Quint trifft damit den Nerv der Zeit – eine Kombination aus jugendlicher Kreativität, wissenschaftlichem Know-how und praktischem Umweltschutz.
Fazit: Eine junge Idee mit großem Potenzial
Die Wiederherstellung der Moore ist eine der wichtigsten Aufgaben im Kampf gegen den Klimawandel. Cornelius Quint hat mit seiner Moospellet-Technologie einen vielversprechenden Ansatz gefunden, um die langsame natürliche Regeneration der Moorvegetation zu beschleunigen. Die Auszeichnungen bei „Jugend forscht“ und die anschließenden Feldtests zeigen: Innovation im Naturschutz ist möglich – und oft schon in jungen Jahren.
Wenn die Methode sich in Schleswig-Holstein bewährt und für andere Moorgebiete adaptiert wird, könnte das einen großen Schritt für den globalen Klimaschutz bedeuten. Die Zukunft der Moore, und damit ein Stück Zukunft unseres Planeten, könnte so grüner aussehen.
Quellenangaben
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BUND (2023). Moore – Klimaretter und Biodiversitäts-Hotspots. Bundesverband für Umwelt und Naturschutz Deutschland. https://www.bund.net/themen/landwirtschaft/moore/ (Zugriff: 24.05.2025)
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Jugend forscht (2022). Preisträger 2022: Sonderpreis Bundesministerium für Ernährung und Landwirtschaft. https://www.jugend-forscht.de/preistraeger/2022 (Zugriff: 24.05.2025)
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Joosten, H., Tanneberger, F., Moen, A. (2016). Moorlands and Climate Change. Schweizerbart Science Publishers. https://www.schweizerbart.de/publications/detail/isbn/9783510657049/Moorlands_and_Climate_Change (Zugriff: 24.05.2025)
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Quint, C. (2023). Interview in „Naturschutz heute“ Magazin, Ausgabe März 2023. https://www.naturschutz-heute.de/interviews/cornelius-quint-moosinnovation (Zugriff: 24.05.2025)
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Umweltministerium Schleswig-Holstein (2025). Projekt Moorrenaturierung: Feldtests der Moospellets. https://umweltministerium.schleswig-holstein.de/moore/moos-pellet-projekt (Zugriff: 24.05.2025)
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