Können iPs-Zellen Querschnittsgelähmte in Zukunft heilen?

In einem hell erleuchteten Operationssaal des Keio University Hospital in Tokio wurde im Dezember 2021 Medizingeschichte geschrieben: Zum ersten Mal weltweit transplantierten Ärzte neurale Stammzellen, gewonnen aus induzierten pluripotenten Stammzellen (iPS-Zellen), direkt in das verletzte Rückenmark eines Menschen. Die Hoffnung: verlorene Bewegungsfähigkeit zurückzubringen. Drei Jahre später zeigen die Ergebnisse des klinischen Versuchs unter Leitung von Professor Hideyuki Okano, dass diese Hoffnung nicht unbegründet war (Keio University, 2022).

Vier Patienten mit schweren Rückenmarksverletzungen nahmen an der Studie teil. Zwei von ihnen erlebten signifikante Verbesserungen: Einer, zuvor vom Hals abwärts gelähmt, konnte wieder eigenständig stehen; ein anderer gewann Bewegungen in Armen und Beinen zurück. Die anderen beiden zeigten keine wesentlichen Fortschritte (MedicalXpress, 2025). Dennoch markiert dieser Versuch einen bedeutenden Schritt in der regenerativen Medizin. „Wir konnten Ergebnisse in der weltweit ersten Rückenmarksbehandlung mit iPS-Zellen erzielen“, erklärte Professor Okano (Asahi Shimbun, 2025).

iPS-Zellen sind Stammzellen, die aus erwachsenen Körperzellen wie Haut- oder Blutzellen reprogrammiert werden. Sie besitzen die Fähigkeit, sich in nahezu jeden Zelltyp zu entwickeln. In diesem Fall wurden sie zu neuralen Stammzellen (iPS-Zellen) differenziert und in das beschädigte Rückenmark injiziert. Ziel war, das verletzte Gewebe zu regenerieren und neuronale Verbindungen wiederherzustellen (PubMed Central, 2023).

Die Patienten befanden sich in der subakuten Phase ihrer Verletzung, zwischen 14 und 28 Tagen nach dem Trauma – ein kritisches Zeitfenster, in dem regenerative Therapien am effektivsten sein könnten (Asahi Shimbun, 2025).

Die Studie wurde vom Neurowissenschaftler Hideyuki Okano geleitet, Präsident der Japanese Society for Regenerative Medicine und designierter Präsident der International Society for Stem Cell Research (ISSCR, 2024). Unterstützt wurde er von Professor Masaya Nakamura, einem Spezialisten für Wirbelsäulenverletzungen (Keio University, 2025).

Die Therapie war nicht ohne Risiken: iPS-Zellen können Tumore bilden. Um dieses Risiko zu minimieren, wurden die Zellen mit dem γ-Sekretase-Inhibitor DAPT vorbehandelt, der die Differenzierung fördert (PubMed Central, 2023). Die Studie war als offene, einarmige klinische Studie konzipiert, mit einem einjährigen Beobachtungszeitraum zur Bewertung von Sicherheit und ersten Hinweisen auf Wirksamkeit (PubMed Central, 2021).

Die Ergebnisse geben Anlass zur Hoffnung, dass iPS-Zelltherapien künftig eine effektive Behandlungsoption für Rückenmarksverletzungen sein könnten. Weitere Studien mit größeren Probandenzahlen sind jedoch notwendig, um Wirksamkeit und Sicherheit abschließend zu bewerten. „Wir stehen erst am Anfang“, betont Okano. „Aber die bisherigen Ergebnisse zeigen, dass wir auf dem richtigen Weg sind“ (Japan Times, 2025).


Literaturverzeichnis

 

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