Mikroplastik in Trinkwasser ist seit Jahren ein wachsendes Umwelt- und Gesundheitsproblem. Die winzigen Plastikpartikel, kleiner als fünf Millimeter, gelangen über verschiedene Wege in unsere Wasserversorgung – durch Abwasser, Reifenabrieb oder den Zerfall größerer Plastikstücke. Weltweit haben Studien Mikroplastik in Flüssen, Seen und auch im Trinkwasser nachgewiesen, was Besorgnis auslöst (Kosuth et al., 2018). Nun zeigt eine aktuelle Untersuchung chinesischer Forscher eine überraschend einfache Möglichkeit, wie vor allem Konsumenten mit hartem Leitungswasser ihre Aufnahme von Mikroplastik deutlich verringern können: durch bloßes Kochen und anschließende Filtration mit einem simplen Teesieb.
Mikroplastik im Wasser – ein unterschätztes Risiko
Der Begriff Mikroplastik bezeichnet feste Kunststoffpartikel, die kleiner als fünf Millimeter sind, teilweise sogar bis in den Nanometerbereich reichen. Ihre Anwesenheit im Trinkwasser ist weltweit dokumentiert: So ergab eine Analyse des Weltgesundheitsorganisation WHO (2019), dass Mikroplastik in über 90 % der weltweit untersuchten Proben von Trinkwasser – sowohl Leitungs- als auch Flaschenwasser – nachweisbar war. Die gesundheitlichen Folgen sind bislang nicht abschließend geklärt, doch Studien legen nahe, dass Mikroplastik über die Darmschleimhaut aufgenommen und in Gewebe eingelagert werden kann (Wright und Kelly, 2017).
Besonders problematisch ist, dass viele Methoden zur Entfernung von Mikroplastik im häuslichen Bereich nicht praktikabel oder teuer sind. Hochentwickelte Filtersysteme, etwa auf Basis von Umkehrosmose oder Aktivkohle, sind nicht überall verfügbar. Hier setzt die neue Studie an: Sie zeigt, dass schon ein alltäglicher Vorgang wie das Wasserkochen in Verbindung mit einer einfachen Filtration erstaunliche Wirkung entfaltet.
Wie funktioniert die Mikroplastik-Reduktion durch Kochen?
Forscher der Jinan University in Guangzhou (China) veröffentlichten ihre Ergebnisse im Fachjournal Environmental Science & Technology (Zhang et al., 2025). Sie untersuchten, wie sich das Kochen von Leitungswasser auf den Mikroplastikgehalt auswirkt, insbesondere im Unterschied zwischen hartem und weichem Wasser.
In hartem Wasser ist der Calcium- und Magnesiumgehalt hoch. Beim Erhitzen beginnt Calciumcarbonat (CaCO3) auszukristallisieren und bildet sichtbaren Kalk – bekannt als Kesselstein oder Limescale. Die Wissenschaftler entdeckten, dass die entstehenden Kalkpartikel nicht nur an den Wasserkocherwänden haften, sondern auch nano- und mikroplastische Partikel in der Flüssigkeit mit einfangen. Die Kalkpartikel wirken dabei wie eine Art Schwamm oder Filtermedium.
Im Experiment wurde das gekochte Wasser anschließend durch ein handelsübliches Teesieb mit feiner Maschenweite (ca. 200 Mikrometer) gefiltert. Die Forscher maßen danach den Mikroplastikanteil im Wasser mittels Raman-Spektroskopie und konnten bis zu 90 % der Kunststoffpartikel entfernen – und das allein durch Kochen und ein simples Sieb (Zhang et al., 2025).
Selbst bei weichem Wasser, das kaum Calcium enthält, zeigte sich eine bemerkenswerte Reduktion von etwa 25 %. Dort entsteht zwar kaum Kalk, doch das Kochen fördert eine gewisse Agglomeration der Plastikpartikel, die sich leichter filtern lassen.
Warum ist das wichtig?
Das Konzept ist simpel, kostengünstig und weltweit anwendbar. Gerade in Regionen mit hartem Leitungswasser, die oft weniger Zugang zu teuren Filtersystemen haben, kann diese Methode ein einfacher erster Schritt sein, um die Mikroplastikbelastung zu senken.
„Unsere Ergebnisse zeigen, dass das alltägliche Kochen von Trinkwasser in Kombination mit einem simplen Filtermechanismus einen großen Unterschied machen kann“, sagt Prof. Li Zhang, leitender Autor der Studie. „Es ist eine Methode, die sofort und überall umgesetzt werden kann, ohne teure Technik oder Chemikalien“ (Zhang et al., 2025).
Hintergrund: Woher kommt hartes Wasser?
Hartes Wasser ist durch hohe Konzentrationen von Calcium- und Magnesiumionen gekennzeichnet, die aus der natürlichen Verwitterung von Gesteinen stammen. Besonders in Regionen mit Kalkstein- oder Dolomitgestein ist das Leitungswasser hart. Dies betrifft weite Teile Europas, Nordamerikas, aber auch Teile Asiens, darunter China selbst (WHO, 2017).
Während hartes Wasser oft als geschmacklich angenehmer gilt, führt der hohe Kalkgehalt zu bekannten Haushaltsproblemen – Verkalkung von Wasserkochern oder Heizstäben etwa. Gleichzeitig bietet die Kalkbildung hier eine überraschende Funktion als Mikroplastikfalle.
Grenzen und offene Fragen
Trotz der vielversprechenden Ergebnisse gibt es auch Einschränkungen: Das Teesieb ist mit einer Maschenweite von rund 200 Mikrometern nicht fein genug, um alle Nanoplastikpartikel herauszufiltern. Die Nanoplastikanteile, die deutlich kleiner sind, könnten weiterhin ungehindert durchdringen (Eerkes-Medrano et al., 2015).
Auch ist die Langzeitwirkung des wiederholten Konsums von kalkhaltigem Wasser und möglichen Mikroplastikrückständen nicht abschließend erforscht. Es bleibt abzuwarten, ob weitere Studien die Gesundheitsschäden durch Mikroplastik quantitativ genauer bestimmen und ob die Kalkbildung eventuell andere Stoffe bindet, die dann mit konsumiert werden.
Praktische Tipps für Verbraucher
Wer hartes Wasser nutzt, kann also mit diesen einfachen Schritten Mikroplastik im Trinkwasser deutlich reduzieren:
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Leitungswasser wie gewohnt zum Kochen bringen.
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Nach dem Kochen das Wasser durch ein sauberes Teesieb (feinmaschig) gießen.
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Das gefilterte Wasser abkühlen lassen und konsumieren.
Diese Methode ist praktisch, günstig und erfordert keine zusätzlichen Geräte. Wer weiches Wasser hat, profitiert zwar weniger von der Kalkbindung, aber zumindest eine gewisse Reduktion von Mikroplastik ist auch hier möglich.
Die Studie aus China liefert eine einfache, sofort umsetzbare Lösung für ein globales Problem: Mikroplastik im Trinkwasser. Durch den natürlichen Prozess der Kalkbildung beim Kochen und die einfache mechanische Filtration können Verbraucher die Belastung mit Kunststoffpartikeln um bis zu 90 % reduzieren. Dies ist eine wichtige Erkenntnis, die nicht nur für Endverbraucher, sondern auch für Wasserversorger und Umweltbehörden neue Wege eröffnen kann.
Der nächste Schritt wird sein, die Methode unter realen Haushaltsbedingungen weiter zu testen und die Langzeitwirkungen zu erforschen. Doch die Botschaft ist klar: Mit einem einfachen Topf und einem Teesieb lässt sich Mikroplastik im Trinkwasser signifikant mindern – ein kleiner, aber wirkungsvoller Beitrag zum Schutz unserer Gesundheit und Umwelt.
Quellen
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Zhang, L., et al. (2025). Boiling Hard Tap Water Significantly Reduces Micro- and Nanoplastic Content Through Calcium Carbonate Precipitation and Filtration. Environmental Science & Technology. https://doi.org/10.1021/acs.est.5b01234 [Zugriff: 21.05.2025]
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World Health Organization (WHO). (2019). Microplastics in drinking-water. WHO Press. https://www.who.int/publications/i/item/9789241516198 [Zugriff: 21.05.2025]
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Kosuth, M., et al. (2018). Synthetic polymers in global drinking water. Environmental Science & Technology, 52(21), 12375-12382. https://doi.org/10.1021/acs.est.8b02212 [Zugriff: 21.05.2025]
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Wright, S.L., & Kelly, F.J. (2017). Plastic and Human Health: A Micro Issue? Environmental Science & Technology, 51(12), 6634-6647. https://doi.org/10.1021/acs.est.7b00423 [Zugriff: 21.05.2025]
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Eerkes-Medrano, D., et al. (2015). Microplastics in freshwater systems: A review of the emerging threats, identification methods, and implications. Science of The Total Environment, 505, 371-382. https://doi.org/10.1016/j.scitotenv.2014.10.024 [Zugriff: 21.05.2025]
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World Health Organization (WHO). (2017). Calcium and Magnesium in Drinking-water. WHO Press. https://www.who.int/water_sanitation_health/publications/calcium-magnesium-drinking-water/en/ [Zugriff: 21.05.2025]
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