Gratis Block Party in Berlin: Peter Fox bringt den Sound zurück auf die Straße

Der Sommer 2024 hat Berlin auf besondere Weise bewegt. Zwischen Plattenbauten, Sozialwohnungen und Stadtbalkonen, dort, wo sich urbane Realität und soziale Herausforderungen verdichten, schlug plötzlich die Musik auf. Kein Eintritt, keine Werbung, kein VIP-Bereich – dafür Beats, Bass und Begegnung. Musiker Peter Fox, bekannt als Frontmann von Seeed und Solokünstler mit gesellschaftskritischer Note, verwandelte Neukölln, Kreuzberg, Marzahn und Schöneberg in Tanzflächen. Mit kompletter Band, Tänzer:innen und Technik veranstaltete er eine Konzertreihe, die unter dem Namen „Block Party“ mehr war als nur ein musikalisches Event: ein Statement.

Ein Soundtrack für die Straße

Die Idee zur „Block Party“ kam nicht über Nacht. Peter Fox, mit bürgerlichem Namen Pierre Baigorry, hat sich schon immer als Musiker verstanden, der nicht nur unterhalten, sondern bewegen will. Bereits mit seinem Album Stadtaffe (2008) hatte er ein Gefühl für das Leben in der Großstadt zwischen Anonymität und Aufbruch eingefangen. 2023 kehrte er mit dem Album Love Songs zurück und bespielte nicht nur die Charts, sondern auch politische Diskurse über Diversität, Teilhabe und urbane Gerechtigkeit.

Die „Block Party“-Konzerte waren die konsequente Fortsetzung dieser Haltung. In Berlin wollte Fox dort spielen, wo sonst selten gefeiert wird: auf Schulhöfen, in Parks, auf öffentlichen Plätzen mitten in Wohnquartieren. „Ich wollte dorthin, wo die Menschen leben, die sich teure Konzerttickets nicht leisten können, die oft übersehen werden“, sagte er im Gespräch mit dem Tagesspiegel (Tagesspiegel 2024).

Neukölln, Kreuzberg, Marzahn, Schöneberg: Bühne der Vielfalt

Der Startschuss fiel im Juli 2024 auf dem Campus Rütli in Neukölln. Ein symbolischer Ort: Die Schule war lange Zeit ein medialer Brennpunkt für Diskussionen über Bildungsversagen, Migration und soziale Ungleichheit. Heute gilt sie als Vorzeigeprojekt für reformpädagogische Ansätze. Genau hier setzte Peter Fox den ersten Ton – und Hunderte Menschen folgten dem Beat.

Auch die folgenden Konzerte waren bewusst gewählt: Marzahn, oft verspottet und stigmatisiert, zeigte sich als vibrierender Stadtteil mit engagierten Jugendlichen und aktiven Kulturinitiativen. In Kreuzberg und Schöneberg – Bezirke mit bewegter Geschichte, Subkultur und Gentrifizierungsdruck – tanzten Alt und Jung, Einheimische und Zugezogene, Seite an Seite.

Das Konzept ging auf. Jedes Konzert wurde zur Kiez-Feier. Familien mit Kindern standen neben Rentner:innen, Rap-Fans neben Jazzliebhabern. Es war ein Bild, das selten geworden ist in einer Stadt, die sich zunehmend in Milieus zergliedert.

Bühne für Talente, Stimme für den Kiez

Ein zentraler Bestandteil der „Block Party“-Reihe war die Förderung lokaler Nachwuchskünstler:innen. Vor jedem Konzert wurden Berliner Acts aus dem jeweiligen Stadtteil eingeladen, sich zu bewerben. Aus den Bewerbungen wählte ein Team junge Musiker:innen aus, die das Vorprogramm gestalteten – von Hip-Hop über Pop bis Spoken Word. Die Resonanz war überwältigend. Für viele war es der erste große Auftritt vor Hunderten Menschen.

„Ich hätte nie gedacht, dass ich mal auf einer Bühne mit Peter Fox stehe – und dann auch noch in meinem eigenen Viertel“, sagt die 17-jährige Rapperin Selma aus Kreuzberg im Gespräch mit Radio Fritz (Radio Fritz 2024). Sie durfte ihr Set vor dem Konzert in der Skalitzer Straße spielen und wurde später von Fox persönlich ins Publikum eingeführt.

Diese Nachwuchsförderung ist kein Marketingtrick, sondern Teil eines größeren Anliegens. Fox arbeitet seit Jahren mit Bildungsinitiativen wie One World Berlin oder dem Projekt Du-bist-es!, das Jugendlichen aus schwierigen Verhältnissen kreative Ausdrucksformen nahebringt. Die „Block Party“ war für viele von ihnen eine Möglichkeit, gesehen und gehört zu werden.

Kein Kommerz, keine Barriere

Auffällig war: Alles war gratis. Eintritt, Getränke, Sicherheitsdienst, Technik – vollständig von Peter Fox und seinem Team getragen. Möglich wurde das Projekt durch eine enge Kooperation mit der Stadt Berlin, verschiedenen Bezirksämtern, Jugendzentren und zivilgesellschaftlichen Organisationen. Die Veranstaltungsreihe wurde bewusst ohne Sponsoren oder kommerzielle Partner umgesetzt.

„Wir wollten, dass niemand das Gefühl hat, sich hier etwas kaufen zu müssen“, sagte Fox in einem Interview mit FluxFM (FluxFM 2024). „Es geht um Musik, um Gemeinschaft, um die Straße.“

Natürlich war die Umsetzung nicht ohne Hürden. Genehmigungsverfahren, Lärmschutzverordnungen, logistische Herausforderungen – das Team hatte Monate im Vorfeld mit Behörden und Anwohner:innen gesprochen. Auch kam es zu Kritik: Einige Anrainer beschwerten sich über Lärm oder Müll nach den Konzerten. Doch die meisten Rückmeldungen waren positiv. Bezirksbürgermeister Martin Hikel (SPD, Neukölln) lobte das Projekt als „Vorbild für gelebte Integration und urbane Kultur“ (Berliner Zeitung 2024).

Musik als gesellschaftliche Intervention

Die „Block Party“ ist mehr als ein Konzertformat – sie ist eine künstlerische Intervention im öffentlichen Raum. In einer Zeit, in der Popmusik häufig hinter Paywalls verschwindet und Kulturveranstaltungen immer exklusiver werden, setzte Peter Fox ein Gegengewicht. Er brachte den Sound zurück zu den Menschen.

Das Projekt erinnert an die Anfänge des Hip-Hop in den 1970ern in der Bronx, wo DJs und MCs mit mobilen Soundsystemen Blockpartys veranstalteten – unkommerziell, kollektiv, politisch. Auch Fox zitiert diesen Geist: In seinen Songs, in seinem Stil, in der Haltung. Seine Berliner „Block Party“ steht somit in einer internationalen Tradition kulturellen Widerstands – lokal verankert und global inspiriert.

Und jetzt?

Was bleibt von einem Sommer wie diesem? Für viele war es ein Moment der Verbindung, der Hoffnung, des Aufbruchs. Es sind Bilder von lachenden Kindern, tanzenden Großeltern, vibrierenden Beats zwischen Hochhäusern. Und es ist das Wissen: Kultur kann verbinden. Musik kann Gesellschaft verändern.

Ob und wie die „Block Party“ 2025 fortgeführt wird, ist derzeit offen. Fox selbst ließ durchblicken, dass er sich vorstellen könne, das Konzept auch in andere Städte zu bringen – etwa nach Leipzig, Essen oder Frankfurt. Auch Kooperationen mit Schulen und Jugendhäusern seien geplant. Die Berliner Kulturverwaltung signalisierte bereits Interesse an einer Fortsetzung.

Eines ist sicher: Diese Konzerte haben Spuren hinterlassen – nicht auf dem Asphalt, sondern in den Herzen vieler Menschen.


Quellen

guteideen.org © 2025 by Gute Ideen ist lizenziert unter CC BY 4.0 . Kurz erklärt: Nutze alles und verlinke auf diesen Artikel. 

Schreibe einen Kommentar

Deine E-Mail-Adresse wird nicht veröffentlicht. Erforderliche Felder sind mit * markiert