Wie Drohnen am Mount Everest helfen Transporte zu verbessern.

Wenn der Wind über das Hochplateau des Himalaya peitscht und der Sauerstoff knapp wird, beginnt der gefährlichste Teil des Aufstiegs auf den höchsten Berg der Erde: den Mount Everest. Bislang waren es vor allem Sherpas, die als Lastenträger unter lebensgefährlichen Bedingungen Ausrüstung wie Sauerstoffflaschen, Zelte oder auch Aluminiumleitern bis ins Hochlager schleppten – oft mehrmals pro Saison. Doch nun beginnt eine stille Revolution am Dach der Welt: Drohnen übernehmen zunehmend den Transport. Ein Start-up bringt Technik und Verantwortung auf neue Höhen.

Ein neuer Weg zur Spitze

Seit dem Frühjahr 2024 setzt die nepalesische Firma Nepalese drone operator ‚AirLift‘, ein lokales Start-up mit internationaler Unterstützung, Drohnen ein, um lebenswichtige Ausrüstung an schwer zugängliche Orte auf dem Mount Everest zu bringen – darunter das Südcamp auf 6.000 Metern Höhe, nahe des Khumbu-Gletschers. Gleichzeitig holen sie Müll und leere Sauerstoffflaschen wieder ins Basislager zurück – ein Meilenstein im Kampf gegen die wachsende Umweltbelastung am Berg.

„Das ist ein Wendepunkt“, sagte Pasang Sherpa, CEO von AirLift, im Interview mit CNN. „Wir können die Leben der Sherpas schützen, die bislang mit riesigen Lasten durch Lawinenzonen und Eisspalten steigen mussten“ (Subramaniam, 2024).

Eine Technologie für Leben – nicht für Selfies

Drohnen sind in der Bergwelt kein neues Phänomen. In der Vergangenheit wurden sie vor allem von Abenteurern für atemberaubende Luftaufnahmen genutzt oder von Rettungskräften in Notfällen eingesetzt. Doch AirLift verfolgt eine andere Mission. Die speziell entwickelten Drohnen können bis zu 15 Kilogramm Last tragen, bei Temperaturen weit unter dem Gefrierpunkt fliegen und in Höhen operieren, in denen herkömmliche Drohnen längst kapitulieren.

Die Zusammenarbeit mit der nepalesischen Regierung und Bergführungsorganisationen war entscheidend. Gemeinsam entwickelte man Routen, klärte rechtliche Fragen und schulte Techniker im Umgang mit den empfindlichen Geräten. Heute können mit nur einem Drohnenflug bis zu zehn Kilogramm an Sauerstoffflaschen oder Lebensmitteln transportiert werden – das spart Zeit, Energie und Leben.

Die Last der Sherpas

Traditionell schultern Sherpas Lasten von 20 bis 30 Kilogramm. Dabei sind sie Temperaturen von bis zu minus 30 Grad und dem Risiko von Lawinen, Spaltenstürzen und Höhenkrankheit ausgesetzt. Allein in der Frühjahrssaison 2023 starben mindestens 17 Menschen am Everest – viele davon Sherpas, die mehrfach zwischen Basislager und Hochlager pendeln mussten (The Himalayan Database, 2023).

„Wir sprechen hier nicht nur von einer sportlichen Herausforderung“, sagt der Bergführer Mingma Dorchi Sherpa, der bereits 29-mal auf dem Everest stand. „Es geht um unsere Familien, unsere Leben. Diese Technik kann uns schützen.“

Müllproblem auf dem Dach der Welt

Mit der wachsenden Zahl an Expeditionen – rund 600 bis 700 Gipfelversuche pro Saison – häuft sich auch das Müllproblem. Zelte, leere Gaskartuschen, Lebensmittelverpackungen und menschlicher Abfall belasten das sensible Ökosystem. Nach Schätzungen des nepalesischen Tourismusministeriums liegen auf dem Everest über 30 Tonnen Müll – ein großer Teil davon oberhalb von 5.000 Metern (Ministry of Tourism Nepal, 2023).

Drohnen bieten hier eine praktische Lösung: Sie bringen nicht nur Material hoch, sondern nehmen auch Abfall mit nach unten. Das macht das neue System doppelt effektiv – ökologisch wie logistisch.

Herausforderungen und Grenzen

Trotz der Euphorie steht die Technik noch am Anfang. Die extremen Bedingungen fordern Mensch und Maschine: Kälte entlädt Akkus schnell, starke Winde gefährden die Stabilität. Außerdem sind die Drohnenflüge auf bestimmte Routen und Wetterfenster beschränkt. Noch ersetzen sie die Sherpas nicht – aber sie entlasten sie.

Auch die Kosten sind nicht unerheblich. Ein Drohnenflug kostet umgerechnet etwa 400 bis 800 US-Dollar – bislang ein Service, der nur von gut ausgestatteten Expeditionen genutzt wird. Ziel von AirLift ist es jedoch, durch Kooperationen mit NGOs und der Regierung langfristig subventionierte Flüge für Mülltransporte und lebenswichtige Lieferungen zu ermöglichen.

Internationale Unterstützung

Das Projekt wurde unter anderem von DJI, einem führenden Hersteller für Drohnentechnologie, mit technischer Beratung und Prototypen unterstützt. Die Initiative reiht sich in eine wachsende Bewegung ein, die den Hochgebirgstourismus nachhaltiger gestalten will. Auch Organisationen wie Sagarmatha Pollution Control Committee (SPCC) begrüßen die Innovation: „Wir sehen hier echte Fortschritte. Wenn das langfristig finanziert wird, kann sich die Situation am Berg drastisch verbessern“, so SPCC-Sprecherin Lhakpa Diki.

Zukunftsvisionen über den Wolken

Was klein begann, könnte Schule machen. Schon denken Experten über den Einsatz solcher Drohnen an anderen Achttausendern wie K2 oder Annapurna nach – oder in Katastrophengebieten, wo Straßen zerstört sind. Für AirLift ist das nur der Anfang. CEO Pasang Sherpa träumt davon, die Logistik im Himalaya grundsätzlich neu zu denken: „Drohnen könnten bald Medikamente, Solarzellen und sogar Blutkonserven in abgelegene Bergdörfer liefern.“

Fazit: Ein kleiner Flug für die Technik, ein großer für den Himalaya

Der Mount Everest bleibt ein Symbol der menschlichen Grenzerfahrung – aber auch ein Ort, an dem die Schattenseiten des Extremtourismus deutlich sichtbar sind. Die Drohnenflüge von AirLift zeigen, wie Technologie Leben retten, Umwelt schützen und alte Lasten neu verteilen kann. Noch sind es einzelne Flüge. Doch sie könnten den Himmel über dem Everest dauerhaft verändern.


Quellen

Subramaniam, T. (2024). A drone service is delivering oxygen and supplies to Mount Everest and bringing back trash. CNN. Verfügbar unter: https://cnn.it/4jMj4hD [Zugriff am 21. Mai 2025].

Ministry of Tourism Nepal (2023). Mountaineering Statistics 2023. Government of Nepal. Verfügbar unter: https://www.tourismdepartment.gov.np/statistics [Zugriff am 21. Mai 2025].

The Himalayan Database (2023). Climbing records and fatalities, Spring 2023. Himalayan Database. Verfügbar unter: https://www.himalayandatabase.com [Zugriff am 21. Mai 2025].

DJI (2024). Supporting High-Altitude Logistics: DJI’s Technical Input for Everest Drone Flights. DJI Newsroom. Verfügbar unter: https://www.dji.com/newsroom/news/everest-drones-2024 [Zugriff am 21. Mai 2025].

SPCC – Sagarmatha Pollution Control Committee (2024). Annual Report 2023. Verfügbar unter: https://www.spcc.org.np/reports [Zugriff am 21. Mai 2025].

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