Wie José Alberto Gutiérrez Kolumbiens Lesekultur revolutionierte. Vom Müllmann zum Bibliothekar.

In den Randbezirken von Bogotá, Kolumbiens pulsierender Hauptstadt, ist der Zugang zu Bildung und Literatur für viele Menschen ein unerreichbarer Luxus. Öffentliche Bibliotheken sind oft weit entfernt, und Bücher gelten als teure Güter, die sich nur wenige leisten können. Diese kulturelle Kluft trägt dazu bei, dass zahlreiche Kinder und Jugendliche ohne die Möglichkeit aufwachsen, die Welt der Literatur zu entdecken, was ihre Bildungschancen und persönlichen Entwicklungsmöglichkeiten erheblich einschränkt (Leseförderung in Kolumbien, 2023).

Die Lösung: Die Entstehung von „La Fuerza de las Palabras“

José Alberto Gutiérrez, geboren 1967, arbeitete über 20 Jahre als Müllwagenfahrer in Bogotá. Während seiner nächtlichen Fahrten durch die Stadt fiel ihm auf, dass in wohlhabenderen Vierteln zahlreiche Bücher achtlos weggeworfen wurden. 1997 stieß er auf ein Exemplar von Leo Tolstois „Anna Karenina“ – das erste von vielen Büchern, die er aus dem Müll retten sollte. Diese Entdeckung markierte den Beginn einer außergewöhnlichen Mission (El Tiempo, 2021).

Anfangs sammelte José die Bücher lediglich für sich selbst, doch bald erkannte er das Potenzial, das diese literarischen Schätze für seine Gemeinschaft im Stadtteil La Nueva Gloria hatten. Gemeinsam mit seiner Frau Luz Mery Gutiérrez, die die beschädigten Bücher liebevoll restaurierte, entschied er, das Erdgeschoss ihres bescheidenen Hauses in eine Bibliothek umzuwandeln. So entstand im Jahr 2000 die Gemeinschaftsbibliothek „La Fuerza de las Palabras“ – „Die Macht der Worte“ (La Fuerza de las Palabras, 2023).

José Alberto Gutiérrez und seine Frau Luz Mery und ihre Vision

José Alberto Gutiérrez und seine Frau Luz Mery gründeten die Bibliothek als Familienprojekt ohne formelle Rechtsform. Mit der Zeit entwickelte sich daraus jedoch eine Stiftung, die sich der Förderung der Lesekultur in Kolumbien verschrieben hat. Die Bibliothek wuchs stetig und beherbergt heute über 10.000 Bücher, die der Gemeinschaft kostenlos zur Verfügung stehen (Cervantes Virtual, 2023).

Die Nachricht von Josés Engagement verbreitete sich schnell, und bald erreichten ihn Bücherspenden aus ganz Kolumbien. Die Bibliothek wurde zu einem kulturellen Zentrum, in dem Lesungen, Workshops und Bildungsprogramme stattfanden. Doch José wollte mehr: Er begann, Bücher an abgelegene Schulen und ländliche Gemeinden zu verteilen, um auch dort den Zugang zu Literatur zu ermöglichen. Bis heute hat seine Initiative über 235 Orte in Kolumbien erreicht (El Tiempo, 2021).

Eine bemerkenswerte Anekdote illustriert den Einfluss seiner Arbeit: Ein junges Mädchen aus einer ländlichen Region, das dank der von José gespendeten Bücher lesen lernte, schaffte es später, ein Stipendium für eine renommierte Universität zu erhalten. Solche Geschichten sind es, die José antreiben und die Bedeutung seiner Mission unterstreichen.

José Alberto Gutiérrez ist nicht der Einzige, der sich für die Lesekultur in Kolumbien einsetzt. Die private Stiftung „Fundalectura“, gegründet 1990, hat es sich zum Ziel gesetzt, Kolumbien zu einem Land der Leser zu machen und allen Kolumbianern den Zugang zur geschriebenen Kultur zu ermöglichen. Sie realisiert zahlreiche Projekte und Programme für Familien, Kinder und Jugendliche in Bibliotheken, Kindergärten und Schulen (Bildungsserver, 2023).

Zudem leistet die seit 1988 jährlich stattfindende „Feria Internacional del Libro de Bogotá“ einen bedeutenden Beitrag zur Förderung der Lesekultur in Kolumbien. Die Buchmesse zieht Besucher aus dem ganzen Land an und bietet ein vielfältiges Programm rund um das Thema Literatur (Lesen in Deutschland, 2023).

José Alberto Gutiérrez hat mit seiner Initiative „La Fuerza de las Palabras“ gezeigt, wie ein Einzelner durch Engagement und Leidenschaft das Leben vieler Menschen positiv beeinflussen kann. Seine Geschichte ist ein inspirierendes Beispiel dafür, wie aus kleinen Taten große Veränderungen entstehen können. In einer Welt, in der Wissen Macht ist, hat José die Macht der Worte genutzt, um Bildung und Hoffnung zu verbreiten.

Quellen

 

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