Große Batteriespeicher als Schlüssel zur Energiewende: Wie Unternehmen das Problem der Netzstabilität lösen wollen

Geht die Energiewende ohne große Batteriespeicher gar nicht?

Die Energiewende ist eines der ehrgeizigsten Projekte unserer Zeit. Sie verspricht eine klimaneutrale Zukunft, doch der Weg dorthin ist alles andere als einfach. Besonders die Integration erneuerbarer Energien wie Wind- und Solarenergie bringt erhebliche Herausforderungen mit sich. Eine der drängendsten Fragen: Wie können Stromüberschüsse effizient gespeichert und später wieder genutzt werden? Die Antwort könnte in großangelegten Batteriespeicherprojekten liegen, die von visionären Unternehmen weltweit umgesetzt werden. Ein Blick auf die Problematik, die Lösungen und die Menschen dahinter.

Das Problem: Ein unstetes Energiesystem

Erneuerbare Energien sind eine der zentralen Säulen der Energiewende. Doch sie sind von Natur aus volatil. Die Sonne scheint nicht rund um die Uhr, und Wind weht nicht immer mit gleicher Intensität. An Tagen mit hohem Energiebedarf, aber geringen Produktionskapazitäten, drohen Engpässe. Umgekehrt führen sonnige oder stürmische Tage häufig zu einer Überproduktion, die das Netz belasten kann.

Deutschland hat dieses Problem mit dem rapiden Ausbau von Solar- und Windkraft deutlich zu spüren bekommen. Im Jahr 2023 deckten erneuerbare Energien laut Bundesnetzagentur fast 50 Prozent des Strombedarfs, doch diese positive Entwicklung bringt Nebenwirkungen. Die Stabilität des Stromnetzes ist gefährdet, wenn Angebot und Nachfrage nicht in Echtzeit ausgeglichen werden können. Häufig müssen Netzbetreiber auf teure Eingriffe wie die Abschaltung von Anlagen oder den Import von Strom zurückgreifen.

Die Lösung: große Batteriespeicher als Puffer

Große Batteriespeicher könnten die Lösung dieses Problems sein. Sie fungieren als Puffer, indem sie überschüssigen Strom aufnehmen und ihn bei Bedarf wieder ins Netz einspeisen. Diese Technologie ermöglicht eine flexiblere Nutzung erneuerbarer Energien und reduziert gleichzeitig die Abhängigkeit von fossilen Backup-Kraftwerken.

Ein Vorreiter in diesem Bereich ist der französische Energiekonzern Neoen. In Arneburg, Sachsen-Anhalt, baut das Unternehmen seinen ersten Batteriespeicher in Deutschland. Die Anlage soll eine Kapazität von 45 Megawatt (MW) und 90 Megawattstunden (MWh) bieten und bereits 2026 in Betrieb gehen. Das Unternehmen wird den Speicher langfristig betreiben, um die Netzstabilität zu sichern. Neoen hat weltweit bereits über 20 ähnliche Projekte umgesetzt, darunter der berühmte „Hornsdale Power Reserve“-Speicher in Australien, der seinerzeit als größte Batterie der Welt Schlagzeilen machte.

Ähnliche Ambitionen zeigt der deutsche Energieriese RWE. An den Standorten Neurath und Hamm in Nordrhein-Westfalen baut das Unternehmen zwei riesige Batteriespeicher mit einer Gesamtleistung von 220 MW und einer Kapazität von 235 MWh. Das Projekt, das rund 140 Millionen Euro kostet, ist eines der größten seiner Art in Europa. Es soll nicht nur Stromüberschüsse speichern, sondern auch Regelenergie bereitstellen, die für die kurzfristige Stabilisierung des Netzes entscheidend ist.

Wie funktionieren große Batteriespeicher, und warum sind sie so entscheidend für die Energiewende?

Große Batteriespeicher sind viel mehr als nur gigantische Versionen der Lithium-Ionen-Akkus, die wir aus Smartphones, Laptops oder Elektrofahrzeugen kennen. Durch die Kombination von Millionen solcher Zellen in großen Packs, die wiederum über moderne Software miteinander verbunden werden, entsteht ein revolutionäres System, das nicht nur Energie speichern kann, sondern auch eine Vielzahl von Aufgaben übernimmt, die für die Stabilität unseres Stromnetzes essenziell sind. Ein genauer Blick auf ihre Funktionsweise offenbart ihre immense Bedeutung.

Große Batteriespeicher: Aufbau und Grundfunktion

Die Basis eines Batteriespeichers bildet die Lithium-Ionen-Technologie. Millionen von Batteriezellen werden in Modulen zusammengefasst, die wiederum in größeren Einheiten, sogenannten Batteriepacks, angeordnet sind. Diese Packs werden durch hochentwickelte Steuerungssoftware miteinander verbunden, die es ermöglicht, Energie präzise zu speichern und freizusetzen. Dieser modulare Aufbau macht große Batteriespeicher flexibel und skalierbar, sodass sie sowohl für kleinere Projekte als auch für großflächige Netzlösungen eingesetzt werden können.

Reaktion in Echtzeit: Stabilisierung des Stromnetzes

Einer der größten Vorteile großer Batteriespeicher ist ihre Fähigkeit, blitzschnell auf Veränderungen im Stromnetz zu reagieren. Das deutsche Stromnetz, wie jedes andere nationale Netz, muss mit einer stabilen Frequenz – in der Regel 50 Hertz – betrieben werden. Jede Abweichung kann schwerwiegende Folgen haben, von Leistungseinbußen bis hin zu Stromausfällen. Große Batteriespeicher fungieren hier wie ein präziser Taktgeber, ähnlich einem Metronom, der die Frequenz stabil hält.

Im Gegensatz zu Kohle- oder Gaskraftwerken, deren massive Maschinen träge reagieren, können große Batteriespeicher Energie innerhalb von Millisekunden bereitstellen oder aufnehmen. Das macht sie besonders wertvoll bei plötzlichen Schwankungen oder Notfällen, in denen schnelle Reaktionen entscheidend sind.

Unterstützung von Übertragungsleitungen

Ein weiteres Problem im Stromnetz ist die begrenzte Kapazität von Übertragungsleitungen. Oft können Leitungen nicht ihre maximale Kapazität nutzen, da immer ein Sicherheitsabstand für Notfälle eingehalten werden muss. Das ist vergleichbar mit einer Autobahn, auf der immer eine Spur gesperrt bleibt, um auf Staus oder Unfälle vorbereitet zu sein. Große Batteriespeicher schaffen hier Abhilfe, indem sie diese Sicherheitsreserve überflüssig machen. Sie wirken wie ein Puffer und ermöglichen es den Leitungen, nahe an ihrer Kapazitätsgrenze zu arbeiten. Dies erhöht den Stromfluss, senkt Übertragungsverluste und hilft, Energiepreise zu reduzieren.

Virtuelle Trägheit: Ein Ersatz für fossile Kraftwerke

Traditionelle Kohle- und Gaskraftwerke haben noch eine weitere wichtige Funktion im Stromnetz: Sie bieten sogenannte Trägheit, die durch die rotierenden Maschinen entsteht. Wenn es im Netz plötzliche Frequenzänderungen gibt, wirkt diese physikalische Trägheit wie ein Dämpfer, der das System stabilisiert und Zeit gibt, das Problem zu beheben. Mit dem Rückgang fossiler Kraftwerke geht diese Trägheit verloren – ein Problem, das große Batteriespeicher auf eine neuartige Weise lösen können.

Große Batteriespeicher bieten digitale oder virtuelle Trägheit. Mit Hilfe von hochentwickelter Software können sie extrem schnell auf Frequenzänderungen reagieren und so die Stabilität des Netzes gewährleisten. Sie agieren wie eine Art „Tempomat“ für das Stromnetz und helfen dabei, den Übergang zu einem Energiesystem mit hohem Anteil erneuerbarer Energien zu erleichtern.

Flexibilität und Vorteile für die Zukunft

Ein weiteres Plus  großen Batteriespeichern ist ihre Vielseitigkeit. Neben der Netzstabilisierung können sie als kurzfristige Energiespeicher fungieren, Überschüsse aus Solar- und Windkraftanlagen aufnehmen und zu einem späteren Zeitpunkt ins Netz einspeisen. Dies hilft, das Problem der Volatilität erneuerbarer Energien zu lösen und gleichzeitig die Abhängigkeit von fossilen Backup-Systemen zu reduzieren.

Darüber hinaus tragen große Batteriespeicher dazu bei, die Effizienz des gesamten Energiesystems zu steigern. Indem sie Energie genau dann bereitstellen, wenn sie benötigt wird, und Überschüsse speichern, können sie den Bedarf an Reservekapazitäten minimieren und die Nutzung erneuerbarer Energien optimieren. Das führt nicht nur zu niedrigeren Kosten, sondern auch zu einer Verringerung der CO₂-Emissionen – ein Gewinn für Verbraucher und Umwelt gleichermaßen.

Große Batteriespeicher sind weit mehr als bloße Energiespeicher. Sie sind multifunktionale Werkzeuge, die dazu beitragen, ein stabiles, effizientes und nachhaltiges Energiesystem zu schaffen. Ob als Frequenzregulator, Puffer für Übertragungsleitungen oder Ersatz für fossile Kraftwerke – ihre Fähigkeiten sind vielfältig und werden in Zukunft eine immer wichtigere Rolle spielen. Mit ihrem Potenzial, die Herausforderungen der Energiewende zu meistern, sind große Batteriespeicher ein zentraler Baustein für eine nachhaltige Energieversorgung der Zukunft.

Die Entstehung der Projekte: Visionäre Unternehmer und strategische Entscheidungen

Hinter den Projekten von RWE und Neoen stehen nicht nur Unternehmen, sondern auch Menschen mit einer klaren Vision. Bei Neoen ist es der CEO Xavier Barbaro, der das Unternehmen seit seiner Gründung 2008 auf den Ausbau erneuerbarer Energien fokussiert hat. Das börsennotierte Unternehmen mit Sitz in Paris hat sich seitdem zu einem der führenden Anbieter von Großspeichern entwickelt. Mit einem Umsatz von über einer Milliarde Euro im Jahr 2023 und Projekten in mehr als 15 Ländern setzt Neoen Standards in der Branche.

Auch bei RWE zeigt sich der Wandel. Einst als Kohlekonzern bekannt, hat das Unternehmen seine Strategie in den letzten Jahren radikal geändert. Unter der Leitung von CEO Markus Krebber investiert RWE Milliarden in erneuerbare Energien und innovative Speicherlösungen. Die Entscheidung, in Batteriespeicher zu investieren, ist ein logischer Schritt, um die eigene Position als führender Anbieter klimafreundlicher Energie zu stärken.

Erfolgreiche Umsetzungen:

Die Praxis zeigt, dass solche Projekte nicht nur technisch machbar, sondern auch wirtschaftlich sinnvoll sind. Ein Beispiel ist die Lausitz Energie Bergbau AG (LEAG), die gemeinsam mit internationalen Partnern einen Energiepark in der Oberlausitz plant. Auf dem Gelände eines ehemaligen Braunkohletagebaus soll eine der größten Anlagen für erneuerbare Energien in Europa entstehen. Bis zu 14 Gigawatt Strom sollen hier erzeugt werden, ergänzt durch Batteriespeicher, die eine flexible Nutzung ermöglichen.

Ein weiteres Erfolgserlebnis zeigt die EnBW. In ihrem Solarpark in Bruchsal wurde kürzlich ein Batteriespeicher integriert, der es ermöglicht, die Leistung der Anlage effizienter zu nutzen. Dies ist ein Beispiel dafür, wie bestehende Infrastruktur durch neue Technologien optimiert werden kann.

Große Batteriespeicher sind keine Science-Fiction, sondern Realität. Sie sind ein unverzichtbarer Bestandteil einer nachhaltigen Energieversorgung und ein Schlüssel, um die Energiewende erfolgreich zu gestalten. Die vorgestellten Projekte zeigen, wie Innovation, Unternehmergeist und internationale Zusammenarbeit dazu beitragen können, die Herausforderungen unserer Zeit zu meistern. Die Frage ist nicht mehr, ob Batteriespeicher Teil der Lösung sind, sondern wie schnell sie ausgebaut werden können, um die dringend benötigte Transformation unseres Energiesystems voranzutreiben.


Quellen

  1. Neoen baut ersten Batterie-Großspeicher in Deutschland. Solarserver. https://www.solarserver.de/2025/01/10/neoen-baut-ersten-batterie-grossspeicher-in-deutschland/
  2. RWE startet den Bau von Batteriespeicher-Großprojekt. RWE Presse. https://www.rwe.com/presse/rwe-generation/2023-05-31-rwe-startet-bau-von-batteriespeicher-grossprojekt/
  3. Batteriespeicher bei LEAG – Zukunft der Energiespeicherung. LEAG. https://www.leag.de/de/gigawattfactory/batteriespeicher/
  4. Solarparks erhalten Batteriespeicher. EnBW Pressemitteilung. https://www.enbw.com/presse/solarpark_bruchsal_batteriespeicher.html
  5. Energiepark in der Oberlausitz geplant. BR24. https://www.br.de/nachrichten/wissen/energiepark-mit-groesstem-batteriespeicher-deutschlands-geplant

 

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