Die Sandbatterie aus Eindhoven. Die Niederlande, traditionell stark von Erdgas abhängig, stehen im Zuge der Energiewende vor großen Herausforderungen. Die Technische Universität Eindhoven (TU/e) hat eine bahnbrechende Technologie entwickelt: eine Sandbatterie zur Speicherung von Wärmeenergie. Diese könnte Millionen von Haushalten helfen, auf Gas zu verzichten.
Die Herausforderung: Abhängigkeit von fossilen Brennstoffen
Die Niederlande gehören zu den größten Erdgasproduzenten Europas. Fossile Brennstoffe decken noch immer einen großen Teil des nationalen Energiebedarfs (Eindhoven University of Technology, 2022a). Doch die ökologischen Folgen und geopolitischen Risiken fossiler Energien machen eine Abkehr von Gas dringend erforderlich. Erneuerbare Energiequellen wie Wind- und Solarenergie bieten Potenzial, jedoch ist ihre Integration in bestehende Energiesysteme aufgrund schwankender Verfügbarkeit schwierig. Eine zentrale Herausforderung bleibt die Speicherung überschüssiger Energie für Zeiten mit erhöhtem Bedarf.
Die Lösung: Sandbatterie zur Wärmespeicherung
Die Forscher der TU Eindhoven entwickelten eine sogenannte Sandbatterie, die als innovative Lösung für die Speicherung von Wärmeenergie dient. Ziel dieser Technologie ist es, überschüssige erneuerbare Energie effizient zu speichern und bei Bedarf in Form von Wärme wieder verfügbar zu machen. Im Kern basiert die Sandbatterie aus Eindhoven auf einem thermochemischen Prinzip, das nicht nur kostengünstig, sondern auch umweltfreundlich ist. Überschüssige Energie, die beispielsweise von Solar- oder Windkraftanlagen erzeugt wird, wird genutzt, um Sand zu erhitzen und so die Energie langfristig zu speichern (Eindhoven University of Technology, 2022b).
Das Prinzip der Wärmespeicherung
Das System funktioniert, indem Sand als Wärmespeichermedium dient. Sand wurde gewählt, weil es leicht verfügbar, günstig und thermisch stabil ist. Er hat eine hohe Wärmekapazität, was bedeutet, dass er große Mengen Wärmeenergie speichern kann, ohne dabei signifikante Energieverluste zu erleiden. Überschüssige erneuerbare Energie wird dazu verwendet, den Sand in einer isolierten Kammer auf Temperaturen von bis zu 500 Grad Celsius zu erhitzen. Diese Wärme kann über Monate hinweg nahezu verlustfrei gespeichert werden. Das ist ein entscheidender Vorteil gegenüber anderen Energiespeichertechnologien, die oft mit erheblichen Verlusten behaftet sind (Eindhoven University of Technology, 2022b).
Nutzung und Freigabe der gespeicherten Wärme
Die gespeicherte Wärme wird durch ein kontrolliertes System wieder freigesetzt. Dies geschieht, indem Luft durch den erhitzten Sand geblasen wird, wodurch die Wärme freigesetzt und auf Wasser oder andere Medien übertragen wird. Das erhitzte Wasser kann dann für die Beheizung von Gebäuden, die Warmwasserbereitung oder industrielle Prozesse genutzt werden. Dieses Verfahren ist nicht nur effizient, sondern auch flexibel einsetzbar, da es sich an die spezifischen Bedürfnisse von Haushalten und Unternehmen anpassen lässt.
Technische Vorteile und Skalierbarkeit
Die Sandbatterie aus Eindhoven zeichnet sich durch mehrere technische Vorteile aus. Erstens ermöglicht sie eine saisonale Speicherung von Wärme, was bedeutet, dass Energie, die im Sommer gespeichert wird, im Winter genutzt werden kann. Zweitens ist das System modular aufgebaut, sodass es sowohl für einzelne Haushalte als auch für größere Anwendungen, wie in Fernwärmenetzen oder der Industrie, skaliert werden kann. Drittens ist Sand als Material nicht nur günstig, sondern auch nachhaltig, da es keine begrenzten Ressourcen wie seltene Erden erfordert.
Nachhaltigkeit und Zukunftspotenzial
Die Nutzung von Sand als Energiespeicher ist nicht nur eine technische, sondern auch eine ökologische Innovation. Da Sand in nahezu unbegrenzten Mengen verfügbar ist, wird die Umweltbelastung minimiert. Zudem erfordert die Herstellung der Speicher keine energieintensiven Prozesse oder chemischen Zusatzstoffe, die oft mit hohen CO₂-Emissionen verbunden sind.
Mit der Sandbatterie aus Eindhoven wurde eine Lösung entwickelt, die sowohl technisch ausgereift als auch wirtschaftlich tragfähig ist. Sie könnte in der Zukunft eine entscheidende Rolle bei der Speicherung erneuerbarer Energien spielen und dazu beitragen, Millionen von Haushalten unabhängig von fossilen Brennstoffen zu machen (Eindhoven University of Technology, 2022b).
Entstehung der Sandbatterie aus Eindhoven und die Akteure
Das Projekt begann 2015 in der Forschungsgruppe für nachhaltige Energiesysteme der TU Eindhoven. Unterstützt durch EU-Fördermittel und nationale Programme konnte das Konzept in die Praxis umgesetzt werden. Die Gründung des Start-ups „Cellcius“ im Jahr 2020 diente dazu, die Technologie in marktreife Produkte zu überführen. Cellcius ist ein Joint Venture mit Industriepartnern und hat das Ziel, die Technologie in Haushalten und industriellen Anwendungen einzusetzen (Eindhoven University of Technology, 2022b).
Erfolgreiche Umsetzungen und Pilotprojekte
Erfolgreiche Umsetzungen und Pilotprojekte
Die Sandbatterie aus Eindhoven wurde in mehreren realen Pilotprojekten getestet, um ihre Funktionalität unter unterschiedlichen Bedingungen und auf verschiedenen Skalierungsstufen zu erproben. Diese Tests bieten nicht nur wertvolle technische Einblicke, sondern auch praktische Belege für die Leistungsfähigkeit und Vielseitigkeit der Technologie.
Testläufe in Südfrankreich und den Niederlanden
Ein wichtiger Schwerpunkt der Tests lag auf der Erprobung in einzelnen Haushalten. In Südfrankreich, wo milde Winter und heiße Sommer vorherrschen, wurde die Sandbatterie aus Eindhoven unter mediterranen Klimabedingungen eingesetzt. Ziel war es, die Effizienz der Wärmespeicherung und -freigabe in einem saisonalen Rahmen zu bewerten. Die Ergebnisse zeigten, dass ein System in der Größe eines Kühlschranks ausreichend ist, um einen durchschnittlichen Haushalt etwa zwei Wochen lang mit Warmwasser zu versorgen. Dies stellt einen bedeutenden Fortschritt dar, insbesondere für Regionen mit einer hohen Abhängigkeit von fossilen Brennstoffen zur Warmwasserbereitung.
In den Niederlanden wurde die Technologie unter den oft feuchten und kälteren Bedingungen des nordeuropäischen Klimas getestet. Die Ergebnisse bestätigten auch hier die Effektivität des Systems, wobei ein gleichbleibend hoher Wirkungsgrad nachgewiesen werden konnte. Diese Tests in verschiedenen geografischen und klimatischen Regionen verdeutlichen die Flexibilität der Sandbatterie und ihre potenzielle Eignung für eine Vielzahl von Einsatzszenarien.
Großprojekt mit der Sandbatterie aus Eindhoven: Chemiepark Chemelot in Sittard-Geleen
Neben Haushalten wurde die Sandbatterie aus Eindhoven auch in groß angelegten Projekten getestet, wie etwa am Chemiepark Chemelot in Sittard-Geleen. Hier stand die Nutzung industrieller Abwärme im Fokus. Die chemische Industrie erzeugt während ihrer Produktionsprozesse enorme Mengen an überschüssiger Wärme, die bisher ungenutzt blieb oder nur begrenzt weiterverwendet wurde. Mit der Integration der Sandbatterie aus Eindhoven in die bestehende Infrastruktur konnte diese Wärme gespeichert und für die Beheizung umliegender Wohngebiete nutzbar gemacht werden.
Das Pilotprojekt demonstrierte die Fähigkeit der Technologie, nicht nur kleine Haushalte, sondern auch großflächige Anwendungen zu bedienen. Es wird geschätzt, dass bis zu 150 Petajoule an industrieller Abwärme pro Jahr gespeichert werden könnten – eine Energiemenge, die ausreicht, um etwa 3,5 Millionen Haushalte zu versorgen. Dieses Konzept ist besonders für Ballungsräume von Interesse, in denen industrielle Standorte und Wohngebiete oft nah beieinander liegen.
Technologische Erkenntnisse und Herausforderungen
Während der Tests wurden auch wichtige technologische Erkenntnisse gewonnen. Zum Beispiel erwies sich die Isolierung der Sandbatterie aus Eindhoven als entscheidend für die Minimierung von Wärmeverlusten über lange Zeiträume. Auch die Steuerung der Wärmefreisetzung, um sie mit dem Bedarf der Verbraucher zu synchronisieren, wurde optimiert. Herausforderungen, wie die Integration in bestehende Heiz- und Energiesysteme, wurden ebenfalls adressiert, um die Einsatzmöglichkeiten der Batterie zu erweitern.
Ein Blick in die Zukunft
Die bisherigen Pilotprojekte haben gezeigt, dass die Sandbatterie aus Eindhoven nicht nur theoretisch, sondern auch praktisch eine leistungsstarke und nachhaltige Lösung für die Speicherung erneuerbarer Energien ist. Die positiven Ergebnisse dienen als Grundlage für die Skalierung der Technologie. Geplante Projekte umfassen die Erweiterung auf städtische Fernwärmenetze sowie die Nutzung in Kombination mit anderen erneuerbaren Energiequellen wie Geothermie und Biomasse.
Insgesamt bietet die Sandbatterie aus Eindhoven nicht nur eine Lösung für die Herausforderungen der Energiewende, sondern auch eine praktische Möglichkeit, industrielle Abwärme sinnvoll zu nutzen und Haushalte von fossilen Brennstoffen unabhängig zu machen (Eindhoven University of Technology, 2022c).
Die Sandbatterie aus Eindhoven ist eine wegweisende Innovation für die Energiewende. Mit kostengünstigen und nachhaltigen Materialien wie Sand und ihrer flexiblen Anwendbarkeit könnte sie eine Schlüsselrolle bei der Umstellung auf erneuerbare Energien spielen.
Literaturverzeichnis
- Eindhoven University of Technology (2022a) Heat Battery: Efficient and Sustainable Storage for Renewable Energy. Verfügbar unter: https://www.tue.nl/en/research/institutes/eindhoven-institute-for-renewable-energy-systems/systems-for-sustainable-heat/heat-battery/ (Zugriff am 27. Dezember 2024).
- Eindhoven University of Technology (2022b) How the Eindhoven heat battery can make millions of homes gas-free. Verfügbar unter: https://www.tue.nl/en/news-and-events/news-overview/25-04-2022-how-the-eindhoven-heat-battery-can-quickly-make-millions-of-homes-gas-free/ (Zugriff am 27. Dezember 2024).
- Eindhoven University of Technology (2022c) Industrial Heat Storage: A Pilot Project in Chemelot. Verfügbar unter: https://www.tue.nl/en/projects/industrial-heat-storage-pilot-project (Zugriff am 27. Dezember 2024).
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