In einer zunehmend digitalisierten Welt sind Transparenz und der freie Zugang zu Informationen essenziell für eine funktionierende Demokratie. Doch oft bleiben wichtige Daten hinter verschlossenen Türen der Verwaltung verborgen, was die Teilhabe der Bürgerinnen und Bürger erschwert. Hier setzt die Open Knowledge Foundation Deutschland (OKF DE) an, eine gemeinnützige Organisation, die sich seit 2011 für offenes Wissen und demokratische Teilhabe einsetzt (Open Knowledge Foundation Deutschland, 2023).
Ein zentrales Projekt der OKF DE ist „Code for Germany“, ein Netzwerk von ehrenamtlichen Entwicklerinnen und Entwicklern, die technologische Lösungen für gesellschaftliche Herausforderungen entwickeln. Doch wie entstand dieses Projekt, und welche Erfolge kann es vorweisen?
Das Problem: Fehlende Transparenz und Zugang zu Daten
In vielen deutschen Städten und Gemeinden sind Daten, die für die Öffentlichkeit von Interesse sein könnten – wie Umweltinformationen, Verkehrsdaten oder Haushaltspläne – nicht frei zugänglich. Selbst wenn solche Daten vorhanden sind, werden sie oft in Formaten bereitgestellt, die eine Weiterverwendung erschweren (Open Knowledge Foundation Deutschland, 2023). Dies behindert nicht nur die Transparenz, sondern auch die Möglichkeit, innovative Anwendungen zu entwickeln, die das Leben der Bürgerinnen und Bürger verbessern könnten.
Die Lösung: Code for Germany
Die Open Knowledge Foundation Deutschland (OKF DE) erkannte früh, dass der Schlüssel zur Lösung vieler gesellschaftlicher Herausforderungen in einer stärkeren Verfügbarkeit und Nutzung offener Daten liegt. Um diesem Ziel näher zu kommen, rief die Organisation im Jahr 2014 das Projekt „Code for Germany“ ins Leben. Dieses Programm zielt darauf ab, Bürgerinnen und Bürger sowie technikaffine Freiwillige zusammenzubringen, um mithilfe von Technologie Lösungen für gesellschaftliche Probleme zu entwickeln. Es ist Teil des internationalen Netzwerks „Code for All“, das weltweit ähnliche Initiativen unterstützt und verbindet (Code for Germany, 2023a).
Struktur und Organisation
Das Projekt basiert auf einem dezentralen Ansatz, bei dem lokale Gruppen, sogenannte „Labs“, als Herzstück fungieren. Derzeit gibt es rund 20 solcher Labs in deutschen Städten, darunter Berlin, Hamburg, München, Leipzig und Düsseldorf. Jedes Lab besteht aus ehrenamtlichen Mitgliedern mit unterschiedlichem Hintergrund – von Softwareentwicklern und Designerinnen bis hin zu Journalisten und Stadtplanerinnen. Gemeinsam arbeiten sie an Projekten, die auf die spezifischen Bedürfnisse ihrer Stadt oder Region zugeschnitten sind (Code for Germany, 2023a).
Die Leitung jedes Labs obliegt sogenannten „Lab Leads“, die die Aktivitäten koordinieren und den Kontakt zur zentralen Projektleitung bei der OKF DE halten. Diese dezentralisierte Struktur erlaubt es, lokale Herausforderungen gezielt anzugehen, während gleichzeitig ein nationaler und internationaler Wissensaustausch gefördert wird. Regelmäßige Treffen wie „Hackathons“ oder „Open Data Days“ stärken die Zusammenarbeit und bieten Raum für Kreativität (Open Knowledge Foundation Deutschland, 2023).
Ziele von Code for Germany
„Code for Germany“ verfolgt drei Hauptziele:
- Förderung von Transparenz: Öffentliche Daten sollen leicht zugänglich und verständlich gemacht werden, um den Bürgerinnen und Bürgern Einblicke in Verwaltungsprozesse zu ermöglichen.
- Nutzung von offenen Daten für gemeinwohlorientierte Projekte: Die Labs entwickeln Anwendungen und Tools, die auf offenen Daten basieren und konkrete Probleme lösen.
- Stärkung der Bürgerbeteiligung: Durch die Einbindung der Öffentlichkeit in die Entwicklung und Nutzung dieser Tools sollen demokratische Prozesse gestärkt werden (Code for Germany, 2023a).
Projekte: Von Klimadaten bis Baumfällinformationen
Seit der Gründung hat „Code for Germany“ zahlreiche Projekte umgesetzt, die das Potenzial von offenen Daten demonstrieren. Diese Projekte sind so vielfältig wie die Labs selbst:
- Klimawatch: Eine der bekanntesten Anwendungen des Netzwerks ist „Klimawatch“. Dieses Tool visualisiert die CO₂-Emissionen deutscher Kommunen, sowohl aktuelle als auch geplante Werte. Ziel ist es, die Fortschritte einzelner Städte bei der Umsetzung von Klimazielen transparent darzustellen. Nutzerinnen und Nutzer können Daten zu ihrer Kommune einsehen und diese mit anderen Städten vergleichen. Damit schafft „Klimawatch“ nicht nur Transparenz, sondern fördert auch den Wettbewerb unter Kommunen, ambitionierte Klimaziele zu erreichen (Code for Germany, 2023b).
- Baumfreunde-MD: In Magdeburg entwickelte das lokale Lab ein Tool, das Bürgerinnen und Bürger über geplante Baumfällungen in ihrer Umgebung informiert. Die Stadt veröffentlicht diese Informationen zwar, jedoch oft in unzugänglichen Formaten. Durch die Anwendung „Baumfreunde-MD“ werden diese Daten visuell aufbereitet und leicht zugänglich gemacht. Das Projekt hat die öffentliche Diskussion über den Erhalt von Stadtgrün in Magdeburg maßgeblich belebt (Code for Germany, 2023c).
- MüllTracker: Ein weiteres innovatives Projekt ist der „MüllTracker“, der in Zusammenarbeit mit lokalen Abfallbetrieben entwickelt wurde. Bürgerinnen und Bürger können hier Informationen über Abfallmengen und Recyclingquoten abrufen. Ziel ist es, das Bewusstsein für Abfallreduktion und Recycling zu stärken und gleichzeitig Verwaltung und Bürger enger zu vernetzen.
- OffeneGesetze.de: Die Plattform „OffeneGesetze.de“ wurde entwickelt, um Bundesgesetzblätter kostenfrei und barrierefrei zugänglich zu machen. Sie bietet Funktionen wie Volltextsuche, Downloadoptionen und eine offene Programmierschnittstelle. Dieses Projekt wurde ins Leben gerufen, um einen wichtigen Beitrag zur Transparenz in der Gesetzgebung zu leisten (Wikipedia, 2023).
Herausforderungen und Innovationen
Die Arbeit von „Code for Germany“ ist nicht frei von Herausforderungen. Viele Kommunen stehen der Idee von offenen Daten skeptisch gegenüber, da sie rechtliche oder technische Hürden befürchten. Einige Behörden sind auch besorgt, dass die Veröffentlichung ihrer Daten Missbrauch oder Kritik begünstigen könnte (Open Knowledge Foundation Deutschland, 2023).
Das Netzwerk hat jedoch gezeigt, dass diese Bedenken durch Dialog und Zusammenarbeit überwunden werden können. Labs arbeiten oft eng mit den Stadtverwaltungen zusammen, um datenschutzkonforme Lösungen zu entwickeln. So entstehen innovative Partnerschaften, die beiden Seiten zugutekommen.
Ein Beispiel für eine solche Zusammenarbeit ist das Projekt in der Stadt Moers, bei dem ein Tool für die Echtzeit-Visualisierung freier Kitaplätze entwickelt wurde. Dieses Projekt zeigt, wie durch offene Daten effizientere Verwaltungsprozesse und eine verbesserte Bürgerkommunikation erreicht werden können (Code for Germany, 2023c).
Die Menschen hinter Code for Germany
Die Stärke von „Code for Germany“ liegt in der Vielfalt und dem Engagement seiner Mitglieder. Das Netzwerk setzt sich aus technikaffinen Freiwilligen, Fachleuten aus verschiedenen Branchen und einer kleinen Gruppe hauptamtlicher Koordinatoren zusammen, die die Arbeit auf nationaler Ebene lenken.
Lokale Verantwortung: Die „Lab Leads“
Die lokalen Gruppen, die sogenannten „Labs“, werden von Lab Leads koordiniert. Diese freiwilligen Organisatoren übernehmen eine Schlüsselrolle: Sie sorgen dafür, dass die Gruppen regelmäßig zusammenkommen, koordinieren Projekte und dienen als erste Anlaufstelle für neue Mitglieder. Lab Leads bringen oft eine breite Palette an Fähigkeiten und Hintergründen mit – von Softwareentwicklung und Design bis hin zu öffentlicher Verwaltung oder Journalismus.
Nationale Koordination: Das Team der Open Knowledge Foundation Deutschland
Die Gesamtkoordination des Netzwerks liegt bei der Open Knowledge Foundation Deutschland. Hier sorgt ein kleines, hochmotiviertes Team von hauptamtlichen Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern dafür, dass „Code for Germany“ auf nationaler Ebene strategisch vorangetrieben wird. Diese Koordinationsstelle stellt sicher, dass die lokalen Labs Zugang zu Ressourcen, Schulungen und fachlicher Unterstützung haben.
Ein wichtiges Element der Zusammenarbeit ist der Community-Rat, der aus Vertretern der einzelnen Labs besteht. Dieses Gremium wird demokratisch gewählt und fungiert als Bindeglied zwischen der nationalen Projektleitung und der Basis. Es stellt sicher, dass die Anliegen und Ideen der lokalen Gruppen in die strategische Ausrichtung des Projekts einfließen.
Eine diverse und inklusive Community
Besonders hervorzuheben ist die Vielfalt der Menschen, die sich bei „Code for Germany“ engagieren. Während ein Großteil der Mitglieder technikaffin ist – viele sind Softwareentwicklerinnen, Datenwissenschaftler oder IT-Spezialisten –, sind auch Designer, Stadtplaner, Umweltschützer, Aktivisten und Journalistinnen Teil des Netzwerks. Diese interdisziplinäre Zusammenarbeit ermöglicht es, komplexe Herausforderungen aus unterschiedlichen Blickwinkeln anzugehen.
Die Community lebt von einem offenen und inklusiven Ansatz: Jede und jeder ist willkommen, unabhängig von Vorkenntnissen oder beruflichem Hintergrund. Neue Mitglieder finden oft schnell ihren Platz, sei es als Ideengeber, technische Unterstützer oder in der Öffentlichkeitsarbeit.
Fazit
Die Open Knowledge Foundation Deutschland und ihr Projekt „Code for Germany“ leisten einen bedeutenden Beitrag zur Förderung von Transparenz, offenen Daten und digitaler Bildung in Deutschland. Durch das Engagement zahlreicher Freiwilliger entstehen innovative Lösungen, die den Zugang zu Informationen erleichtern und die Beteiligung der Bürgerinnen und Bürger an gesellschaftlichen Prozessen stärken. Die erfolgreichen Projekte zeigen, dass offene Daten ein enormes Potenzial für die Entwicklung gemeinwohlorientierter Technologien bieten.
Quellen
- Code for Germany (2023a) Über uns. Verfügbar unter: https://codefor.de/grundsaetze/ (Zugriff: 27. Dezember 2024).
- Code for Germany (2023b) Projekte – Klimawatch. Verfügbar unter: https://codefor.de/projekte/ (Zugriff: 27. Dezember 2024).
- Code for Germany (2023c) Alle Projekte. Verfügbar unter: https://codefor.de/projekte/alle/ (Zugriff: 27. Dezember 2024).
- Open Knowledge Foundation Deutschland (2023) Unsere Projekte. Verfügbar unter: https://okfn.de/projekte/ (Zugriff: 27. Dezember 2024).
- Wikipedia (2023) Open Knowledge Foundation Deutschland. Verfügbar unter: https://de.wikipedia.org/wiki/Open_Knowledge_Foundation_Deutschland (Zugriff: 27. Dezember 2024).
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