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ToggleEin Abfallprodukt mit Potenzial
Die Lebensmittelindustrie steht vor einer der größten Herausforderungen des 21. Jahrhunderts: die Balance zwischen wachsendem Bedarf an gesunden, nährstoffreichen Nahrungsmitteln und der Reduktion von Abfall und Umweltbelastung. Während die Nachfrage nach pflanzlichen Proteinen weltweit steigt, bleibt eine alarmierende Menge an potenziell nutzbaren Ressourcen ungenutzt.
Ein Paradebeispiel dafür ist die Bierproduktion: Bei jedem Brauvorgang entsteht sogenanntes Treber – die Überreste von gemälzter Gerste, die nach dem Brauen übrigbleiben. Diese riesigen Mengen von Reststoffen wurden lange Zeit entweder als Tierfutter genutzt oder entsorgt, obwohl sie reich an Nährstoffen sind. Laut Schätzungen fallen weltweit jährlich mehr als 39 Millionen Tonnen Treber an, doch sein Potenzial als Quelle für hochwertige pflanzliche Proteine blieb weitgehend ungenutzt. Genau hier setzt EverGrain an – ein Unternehmen, das Nachhaltigkeit und Innovation neu definiert.
Die Entstehungsgeschichte von EverGrain
EverGrain wurde 2020 von Anheuser-Busch InBev (AB InBev), dem größten Brauereikonzern der Welt, ins Leben gerufen. Der Gründer und CEO des Unternehmens, Greg Belt, erkannte früh die Möglichkeit, die Kreislaufwirtschaft in der Nahrungsmittelproduktion zu revolutionieren. Mit einem Fokus auf Forschung und Entwicklung investierte EverGrain fünf Jahre, um proprietäre Technologien zu entwickeln, die es ermöglichen, Treber in hochwertige pflanzliche Proteine und Ballaststoffe zu verwandeln.
Mit Hauptsitz in St. Louis, Missouri, agiert EverGrain als Tochtergesellschaft von AB InBev. Das Unternehmen kombiniert das Know-how eines weltweit führenden Brauereikonzerns mit der Innovationskraft eines Start-ups. Die Rechtsform als privat geführtes Unternehmen bietet dabei die nötige Flexibilität, um bahnbrechende Ideen schnell auf den Markt zu bringen. Heute zählt EverGrain zu den Vorreitern im Bereich nachhaltiger Zutaten und betreibt mit seiner neuen Produktionsanlage in St. Louis eine der weltweit modernsten Einrichtungen zur Verarbeitung von Treber.
Die Lösung: Aus Abfall wird Nährstoff
Die Schlüsselinnovation von EverGrain liegt in der Umwandlung von Brauerresten in hochwertige Zutaten, die sowohl die Ernährung verbessern als auch die Umwelt entlasten. Durch eine Kombination aus mechanischen und enzymatischen Prozessen werden die Ballaststoffe und Proteine aus dem Treber isoliert, ohne deren Nährwert zu beeinträchtigen. Das Ergebnis sind zwei Hauptprodukte: EverPro™, ein pflanzliches Protein, das sich hervorragend für Getränke eignet, und EverVita™, eine Ballaststoffmischung, die Backwaren, Müslis und andere Lebensmittel bereichert.
Die Vorteile dieser Zutaten sind vielfältig: Sie verbessern nicht nur die Textur und den Geschmack von Lebensmitteln, sondern sind auch eine nachhaltige Alternative zu anderen pflanzlichen Proteinen wie Soja, die oft mit hohen Umweltkosten verbunden sind. Durch die Nutzung eines ohnehin vorhandenen Nebenprodukts minimiert EverGrain die Umweltbelastung und trägt gleichzeitig dazu bei, die Ernährungsbedürfnisse einer wachsenden Weltbevölkerung zu decken.
Erfolgsgeschichten aus der Praxis
Die ersten Erfolge von EverGrain lassen sich bereits messen: In Partnerschaft mit führenden Lebensmittelherstellern gelang es, innovative Produkte auf den Markt zu bringen. So kooperierte das Unternehmen mit der Smoothie-Marke Naked, um eine neue Linie von proteinreichen Getränken zu entwickeln, die auf EverPro™ basieren. Diese Getränke zeichnen sich durch einen hohen Proteingehalt und eine außergewöhnlich cremige Textur aus – und das ohne den oft kritisierten „pflanzlichen“ Nachgeschmack.
Ein weiteres Beispiel ist die Zusammenarbeit mit führenden Bäckereien, die EverVita™ in ihren Produkten einsetzen. Diese ballaststoffreichen Backwaren bieten nicht nur gesundheitliche Vorteile, sondern tragen auch zur Reduzierung von Lebensmittelverschwendung bei. Ein Highlight: Ein Großbäcker aus Kalifornien konnte durch den Einsatz von EverVita™ seine Kohlenstoffbilanz signifikant verbessern, da weniger Ressourcen für die Herstellung neuer Rohstoffe benötigt wurden.
Ein Blick in die Zukunft
Mit der Eröffnung der ersten großen Produktionsanlage im Juni 2022 auf dem Gelände der Anheuser-Busch-Brauerei in St. Louis hat EverGrain einen bedeutenden Meilenstein erreicht. Diese hochmoderne Anlage ermöglicht die Verarbeitung von Treber in industriellem Maßstab und macht es möglich, die wachsende Nachfrage nach pflanzlichen Proteinen zu bedienen.
Die Vision von EverGrain reicht jedoch weit über den aktuellen Erfolg hinaus. Das Unternehmen plant, seine Technologien auch in anderen Brauereien weltweit zu implementieren, um so die Lebensmittelproduktion global nachhaltiger zu gestalten. Langfristig soll EverGrain nicht nur ein Lieferant für Zutaten sein, sondern ein Katalysator für Veränderungen in der gesamten Lebensmittelindustrie.
Fazit: Nachhaltigkeit trifft Innovation
EverGrain zeigt eindrucksvoll, wie aus einer scheinbar ungenutzten Ressource ein Schlüssel zur Lösung globaler Probleme werden kann. Durch die Kombination von wissenschaftlicher Präzision, unternehmerischem Denken und einem tiefen Engagement für Nachhaltigkeit ist das Unternehmen ein Vorbild für die Kreislaufwirtschaft der Zukunft. Die Transformation von Brauerresten in hochwertige Lebensmittelzutaten ist nicht nur ein technisches Meisterwerk, sondern auch ein Statement dafür, dass Nachhaltigkeit und wirtschaftlicher Erfolg Hand in Hand gehen können.
Quellenangaben
- Anheuser-Busch InBev. (2022). „EverGrain: Sustainable Food Ingredients.“ Verfügbar unter: https://www.ab-inbev.com/sustainability/evergrain.html
- Food Business News. (2022). „EverGrain Opens Barley Protein Facility.“ Verfügbar unter: https://www.foodbusinessnews.net/articles/21310-evergrain-opens-barley-protein-facility
- The Barley Balance. (2022). „EverGrain and the Future of Plant-Based Protein.“ Verfügbar unter: https://www.thebarleybalance.com/evergrain-plant-based-protein
- European Food Journal. (2021). „Brewer’s Spent Grain: A Circular Economy Opportunity.“ Verfügbar unter: https://www.europeanfoodjournal.com/brewers-spent-grain
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