Beton ist aus unserer modernen Welt kaum wegzudenken. Ob Wohnhäuser, Brücken oder Wolkenkratzer – der vielseitige Baustoff bildet das Rückgrat der globalen Infrastruktur. Doch die Herstellung von Beton hat gravierende ökologische Folgen. Die Zementproduktion, ein Hauptbestandteil von Beton, ist für etwa 8 % der weltweiten CO₂-Emissionen verantwortlich (WWF, 2021). Angesichts des Klimawandels wird die Suche nach nachhaltigen Alternativen immer dringlicher. Eine vielversprechende Lösung wächst buchstäblich aus dem Boden: Myzelium, das Wurzelgeflecht von Pilzen.
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ToggleDas Problem: Beton und seine Umweltbelastung
Die Herstellung von Beton erfordert immense Energiemengen. Bei der Produktion von Zement wird Kalkstein bei Temperaturen von etwa 1.450 °C gebrannt, was nicht nur einen hohen Energieverbrauch bedeutet, sondern auch direkte CO₂-Emissionen durch chemische Reaktionen freisetzt (WWF, 2021). Zudem trägt die großflächige Nutzung von Beton in Städten zur sogenannten „Versiegelung“ bei, wodurch natürliche Böden ihre Fähigkeit verlieren, Wasser aufzunehmen und Hitze zu regulieren. Dies führt zu städtischen Wärmeinseln und erhöht das Risiko von Überschwemmungen bei Starkregen (ARD-alpha, 2022).
Die Lösung: Myzelium als nachhaltiger Baustoff
Myzelium ist das unterirdische Netzwerk von Pilzen, bestehend aus feinen, fadenförmigen Zellen, den Hyphen. Dieses Geflecht kann organische Abfälle wie Sägespäne oder landwirtschaftliche Reststoffe durchwachsen und zu einem festen, leichten und biologisch abbaubaren Material verbinden (DBZ, 2022). Die Herstellung von Myzelium-basierten Baustoffen erfordert deutlich weniger Energie als die von Beton und setzt kein CO₂ frei. Zudem sind diese Materialien kompostierbar und können am Ende ihres Lebenszyklus umweltfreundlich entsorgt werden.
Entstehung und Entwicklung von Myzelium-Baustoffen
Die Erforschung von Myzelium als Baustoff begann vor einigen Jahren in interdisziplinären Teams aus Biologen, Architekten und Materialwissenschaftlern. Ein herausragendes Beispiel ist das Institut für Baukonstruktion der Universität Stuttgart, das intensiv an der Entwicklung von Myzelium-basierten Materialien forscht (Institut für Baukonstruktion, 2023). Durch die Kombination von Pilzmyzel mit verschiedenen Substraten wie Holzspänen oder landwirtschaftlichen Abfällen entstehen Materialien mit unterschiedlichen Eigenschaften, die für diverse Bauanwendungen geeignet sind.
Erfolgreiche Projekte und Anwendungen
Weltweit gibt es bereits mehrere erfolgreiche Projekte, die das Potenzial von Myzelium im Bauwesen demonstrieren. In den Niederlanden wurde beispielsweise der „MycoTree“ entwickelt, eine tragende Struktur aus Myzelium, die das Potenzial dieses Materials für den Einsatz in architektonischen Anwendungen zeigt (Deutsche Bauzeitung, 2022). Auch in Deutschland gibt es Bestrebungen, Myzelium als Baustoff zu etablieren. So arbeitet die Technische Universität Dresden im Projekt „MycoMatrix“ an der Entwicklung von Myzel-basierten Bausystemen (Technische Universität Dresden, 2023).
Herausforderungen und Zukunftsperspektiven
Trotz der vielversprechenden Eigenschaften von Myzelium stehen Forscher und Entwickler vor Herausforderungen. Die Standardisierung der Materialeigenschaften, Skalierbarkeit der Produktion und die Integration in bestehende Bauprozesse sind komplexe Aufgaben, die es zu bewältigen gilt. Dennoch bietet Myzelium als nachwachsender, biologisch abbaubarer und energieeffizient herstellbarer Baustoff eine nachhaltige Alternative zu traditionellen Materialien wie Beton. Mit zunehmendem Bewusstsein für die ökologischen Folgen des Bauens und verstärkter Forschung könnte Myzelium in Zukunft eine bedeutende Rolle in der Bauindustrie spielen.
Fazit
Die Abhängigkeit von Beton trägt erheblich zum Klimawandel bei. Innovative Materialien wie Myzelium bieten eine nachhaltige Alternative, die nicht nur umweltfreundlicher ist, sondern auch neue gestalterische Möglichkeiten eröffnet. Durch interdisziplinäre Forschung und erfolgreiche Pilotprojekte wird der Weg für eine Bauindustrie geebnet, die im Einklang mit der Natur steht und einen positiven Beitrag zum Klimaschutz leistet.
Quellenangaben
ARD-alpha (2022) Klimakiller Beton – Wege zu einer besseren Klimabilanz. Verfügbar unter: https://www.ardalpha.de/wissen/umwelt/klima/klimawandel/beton-emissionen-klimafreundlich-bauen-umwelt-loesungen-klimakrise-100.html (Zugriff am: 27. Dezember 2024).
Deutsche Bauzeitung (2022) Pilz-Myzeliumgebundene Baumaterialien. Verfügbar unter: https://www.dbz.de/artikel/dbz_Pilz-Myzeliumgebundene_Baumaterialien-3601301.html (Zugriff am: 27. Dezember 2024).
Institut für Baukonstruktion (2023) Myzelium. Universität Stuttgart. Verfügbar unter: https://www.ibk.uni-stuttgart.de/ibk2/forschung/Mycelium/ (Zugriff am: 27. Dezember 2024).
Technische Universität Dresden (2023) MycoMatrix – Nachhaltiges Bausystem aus Pilzmyzel. Verfügbar unter: https://tu-dresden.de/ing/maschinenwesen/int/forschung/bioverfahrenstechnik/bt_projekte/mycomatrix-nachhaltiges-bausystem-aus-pilzmyzel (Zugriff am: 27. Dezember 2024).
WWF (2021) Klimaschutz in der Beton- und Zementindustrie. Verfügbar unter: https://www.wwf.de/fileadmin/fm-wwf/Publikationen-PDF/WWF_Klimaschutz_in_der_Beton-_und_Zementindustrie_WEB.pdf (Zugriff am: 27. Dezember 2024).
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