Ein globales Problem: Plastikverschmutzung
Die weltweite Plastikproduktion hat erschreckende Ausmaße angenommen. Rund 400 Millionen Tonnen Plastik werden jedes Jahr hergestellt, von denen ein erheblicher Teil in den Weltmeeren, Flüssen oder auf Deponien landet. Besonders problematisch ist Polypropylen, ein Kunststoff, der in Alltagsprodukten wie Lebensmittelbehältern, Flaschendeckeln und Verpackungen Verwendung findet. Weniger als ein Prozent dieses Materials wird recycelt, da es oft mit anderen Stoffen kontaminiert ist oder nur kurze Zeit genutzt wird. In der Umwelt kann Polypropylen Jahrhunderte überdauern und trägt somit massiv zur globalen Plastikverschmutzung bei (University of Sydney, 2023).
Diese Herausforderungen machen deutlich, dass neue und innovative Lösungen dringend erforderlich sind, um die Belastung der Umwelt durch Plastikabfälle zu reduzieren.
Eine überraschende Entdeckung: Pilze als Plastikfresser
Ein Forschungsteam der Universität Sydney unter der Leitung von Professor Ali Abbas und der Doktorandin Amira Farzana Samat hat einen vielversprechenden Ansatz gefunden. Sie untersuchten die Fähigkeit zweier Pilzarten, Aspergillus terreus und Engyodontium album, Polypropylen biologisch abzubauen. Diese Pilze kommen in Böden und Pflanzen vor und zeigten in Laborversuchen beeindruckende Ergebnisse. Nach einer Vorbehandlung des Kunststoffs mit UV-Licht oder Hitze – Maßnahmen, die die Struktur des Plastiks schwächen – bauten die Pilze innerhalb von 90 Tagen 25 bis 27 Prozent des Polypropylens ab. Nach 140 Tagen war der Kunststoff vollständig zersetzt (University of Sydney, 2023).
Professor Abbas bezeichnete die erzielten Abbauraten als die höchsten, die jemals in der wissenschaftlichen Literatur dokumentiert wurden. Dies gibt Hoffnung auf die Entwicklung biologischer Methoden, um schwer recycelbare Kunststoffe effektiv abzubauen.
Wie entstand das Projekt?
Das interdisziplinäre Forschungsteam der Universität Sydney vereint Experten aus Chemieingenieurwesen und Mykologie (Pilzkunde). Die Ergebnisse wurden in der Fachzeitschrift npj: Materials Degradation veröffentlicht und stießen international auf großes Interesse. Die Forscher sehen die Entdeckung als wichtigen Schritt zur nachhaltigen Bewältigung der Plastikverschmutzung.
Die Arbeit begann mit der Idee, biologische Prozesse zu untersuchen, die natürlich vorkommende Abbauwege für synthetische Materialien nutzen. Während Professor Abbas die chemischen Prozesse überwachte, brachte Doktorandin Samat ihre Expertise in der Kultivierung und Untersuchung von Pilzen ein. Die Studie ist ein Beispiel dafür, wie Zusammenarbeit zwischen verschiedenen Disziplinen bahnbrechende Ergebnisse liefern kann.
Der nächste Schritt: Skalierung und Optimierung
Die Ergebnisse der Forschung sind vielversprechend, doch die Herausforderung liegt nun darin, die Technologie zu skalieren. Der industrielle Einsatz dieser Pilze erfordert eine Optimierung der Prozesse, um große Mengen Plastik effizient abzubauen. Parallel dazu erforschen die Wissenschaftler, wie die Abbauprodukte der Pilze weiter genutzt werden können. Möglicherweise könnten diese als Ausgangsmaterial für neue, biologisch abbaubare Produkte dienen.
Andere Beispiele für plastikfressende Mikroorganismen
Die Entdeckung der Universität Sydney reiht sich ein in eine Reihe von Forschungen, die das Potenzial von Mikroorganismen im Abbau von Plastik untersuchen. Bereits 2011 identifizierten Wissenschaftler der Yale University den Pilz Pestalotiopsis microspora, der Polyurethan abbauen kann (Watson, 2023). In Süßwasserökosystemen wurden zudem Pilzstämme entdeckt, die Kunststoffe wie Polyethylen und Polyurethan ohne Vorbehandlung abbauen können (Prima Champ, 2023).
Eine ganzheitliche Lösung ist notwendig
Obwohl die Entdeckung plastikfressender Pilze vielversprechend ist, wird betont, dass diese Technologie allein nicht ausreicht, um die globale Plastikkrise zu lösen. Es bedarf eines ganzheitlichen Ansatzes, der Recycling, Verhaltensänderungen und politische Maßnahmen umfasst. Professor Abbas unterstreicht, dass die Sensibilisierung der Gesellschaft für das Problem ein wesentlicher Bestandteil der Lösung ist.
Fazit
Die Arbeit der Universität Sydney könnte einen entscheidenden Beitrag zur Bewältigung der globalen Plastikmüllkrise leisten. Die Entdeckung der plastikabbauenden Eigenschaften von Aspergillus terreus und Engyodontium album zeigt das Potenzial biologischer Lösungen. Doch es bleibt essenziell, diese Ansätze mit umfassenden Maßnahmen zur Reduzierung des Plastikverbrauchs zu kombinieren, um eine nachhaltige Zukunft zu sichern.
Quellenangaben
- University of Sydney. (2023). Fungi makes meal of hard-to-recycle plastic. Abgerufen von https://www.sydney.edu.au/news-opinion/news/2023/04/14/fungi-makes-meal-of-hard-to-recycle-plastic.html
- Watson. (2023). Plastik-fressende Pilze: Sie können helfen, die Recycling-Krise zu lösen. Abgerufen von https://www.watson.ch/wissen/science-news/692103814-plastik-fressende-pilze-sie-koennen-helfen-die-recycling-krise-zu-loesen
- Prima Champ. (2023). Pilze im Kampf gegen Plastikverschmutzung: Ein Überblick. Abgerufen von https://www.prima-champ.de/news/plastikabbau-durch-pilze
- Ingenieur.de. (2023). Pilze mit großem Plastikhunger in Süßgewässern entdeckt. Abgerufen von https://www.ingenieur.de/fachmedien/vdi-energie-umwelt/umwelt/abfall-und-kreislauf/4-pilze-mit-grossem-plastikhunger-in-suessgewaessern-entdeckt
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