Ein Problem, das Aufmerksamkeit verlangt
Die zunehmende Zentralisierung von Infrastruktur und Dienstleistungen hat viele ländliche Gemeinschaften im Vereinigten Königreich in eine schwierige Lage gebracht. Vor allem in abgelegenen Regionen ist der Zugang zu essenziellen Einrichtungen, wie Verkehrsanbindungen oder Treffpunkten, immer schwieriger geworden. Schließungen von Bahnstrecken, der Verlust lokaler Pubs oder fehlende nachhaltige Energiequellen sind Symptome eines tieferliegenden Problems: der Entfremdung und Vernachlässigung von Gemeinschaften durch eine übermäßig zentralisierte Wirtschaftsstruktur.
Doch wie kann diesem Trend entgegengewirkt werden? Die Antwort scheint in einem Konzept zu liegen, das zunächst altmodisch anmutet, aber in Wirklichkeit hochmodern ist: Gemeinschaftseigentum. In den letzten Jahren hat dieses Modell an Fahrt aufgenommen und zeigt, dass selbst scheinbar unüberwindbare Probleme gelöst werden können, wenn Menschen zusammenarbeiten.
Die Lösung: Gemeinschaftseigentum als neuer Weg
Im November dieses Jahres wurde ein bahnbrechendes Projekt genehmigt: Go-op, eine genossenschaftlich organisierte Bahngesellschaft, erhielt die Erlaubnis, ihren Betrieb in England aufzunehmen. Dieses Unternehmen hat es sich zur Aufgabe gemacht, ländliche Gemeinschaften, die von den bestehenden Bahnnetzen vernachlässigt wurden, wieder miteinander zu verbinden.
Go-op strebt an, £2,85 Millionen (ca. 3,3 Millionen Euro) aufzubringen, um Rollmaterial zu kaufen, Personal auszubilden und Löhne zu zahlen. Der Vorsitzende von Go-op, Alex Lawrie, beschreibt das Projekt als „einen großen Schritt für die Genossenschaftsbewegung“. „Wir sehen es als eine Vorlage für weitere Projekte, die sowohl von uns als auch von anderen Genossenschaften im ganzen Land entwickelt werden können.“
Go-op wurde vor zehn Jahren von einer kleinen Gruppe von Verkehrsenthusiasten und Sozialunternehmern gegründet. Heute ist es als Genossenschaft registriert, die demokratisch von ihren Mitgliedern geführt wird. Alle Entscheidungen werden kollektiv getroffen, und Gewinne werden entweder reinvestiert oder an die Gemeinschaft zurückgegeben. Die Vision: ein nachhaltiger und zugänglicher Verkehr, der den Bedürfnissen der Menschen dient und nicht ausschließlich auf Gewinnmaximierung abzielt.
Erfolge und Vorbilder
Das Modell des Gemeinschaftseigentums ist kein isoliertes Phänomen. In Schottland hat eine gemeinschaftlich geführte Windfarm in den äußeren Hebriden angekündigt, ihre Gewinne für die Wiederaufforstung der Region zu verwenden. Dieses Projekt zeigt eindrucksvoll, wie ökologische und soziale Ziele miteinander verbunden werden können.
Ein weiteres Beispiel ist die wachsende Zahl gemeinschaftlich geführter Pubs im Vereinigten Königreich. Laut dem Better Business Report 2024 ist die Anzahl solcher Pubs in den letzten fünf Jahren um beeindruckende 62,6 Prozent gestiegen. Diese Lokale sind weit mehr als nur Orte, an denen man ein Bier trinken kann; sie fungieren als soziale Zentren, die das Gemeinschaftsgefühl stärken und Arbeitsplätze schaffen.
Gesetzliche Unterstützung als Katalysator
Die wachsende Popularität des Gemeinschaftseigentums wird durch gesetzliche Entwicklungen weiter begünstigt. Die britische Regierung plant die Einführung eines Gesetzes zum „Community Right to Buy“. Dieses Gesetz soll Gemeinschaften das Vorkaufsrecht für wichtige öffentliche Einrichtungen geben, wenn diese zum Verkauf stehen. In Schottland existiert eine ähnliche Gesetzgebung bereits und hat viele erfolgreiche Projekte ermöglicht.
Ein solches gesetzliches Umfeld schafft nicht nur rechtliche Sicherheit, sondern auch Vertrauen in das Modell des Gemeinschaftseigentums. Es ermutigt Menschen, aktiv zu werden und Verantwortung für ihre Umgebung zu übernehmen.
Die Bedeutung von Erfolgsbeispielen
Erfolgsgeschichten wie die von Go-op oder den schottischen Windfarmen sind von unschätzbarem Wert, um das Konzept des Gemeinschaftseigentums zu verbreiten. Sie zeigen, dass es möglich ist, selbst große Herausforderungen durch kollektives Handeln zu bewältigen.
Ein Beispiel aus der Praxis verdeutlicht dies: Als in einem kleinen Dorf in Derbyshire der einzige Pub geschlossen wurde, entschied sich die Gemeinschaft, ihn zu kaufen und als genossenschaftliches Unternehmen weiterzuführen. Nach einem Jahr intensiver Arbeit wurde der Pub nicht nur wiedereröffnet, sondern entwickelte sich zu einem Treffpunkt, der auch kulturelle Veranstaltungen und Bildungsangebote organisiert.
Ein Blick in die Zukunft
Das Modell des Gemeinschaftseigentums hat das Potenzial, viele der aktuellen Herausforderungen zu lösen, sei es im Bereich Verkehr, Energie oder soziale Infrastruktur. Doch es braucht Unterstützung auf mehreren Ebenen: politisch, finanziell und gesellschaftlich.
Projekte wie Go-op beweisen, dass Gemeinschaften, die Verantwortung übernehmen, nicht nur Probleme lösen können, sondern auch eine positive Dynamik erzeugen, die weit über ihre eigenen Grenzen hinausreicht. Es bleibt zu hoffen, dass immer mehr Menschen die Möglichkeiten erkennen und das Modell des Gemeinschaftseigentums weiter an Fahrt gewinnt.
Quellen
Better Business Report 2024. URL: https://www.uk.coop/betterbusinessreport
Positive News. URL: https://www.positive.news/economics/the-rise-of-community-ownership
UK Government Community Right to Buy Legislation. URL: https://www.gov.uk/government/policies/community-right-to-buy
Scotland Community Land and Assets. URL: https://www.communitylandscotland.org.uk
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