Bee Home: IKEA und SPACE10 gegen das weltweite Bienensterben

Bienen sind kleine, unscheinbare Wesen, deren Bedeutung für unsere Welt kaum überschätzt werden kann. Doch während sie unermüdlich ihre Arbeit tun, stehen sie vor existenziellen Herausforderungen, die kaum wahrgenommen werden. Ein innovatives Projekt von IKEA und dem Designlabor SPACE10 zeigt, wie modernes Design und Engagement zusammenkommen können, um einen Unterschied zu machen – das Bee Home. Doch wie entstand diese Idee, und warum ist sie so wichtig? Eine detaillierte Betrachtung der Probleme, der Lösungen und der Erfolge dieses Projekts.

Das Problem: Das weltweite Bienensterben

Weltweit sind Bienenpopulationen massiv bedroht. Studien zeigen, dass fast 75 Prozent der wichtigsten landwirtschaftlichen Nutzpflanzen auf die Bestäubung durch Bienen angewiesen sind (Goulson et al., 2015). Ohne sie würden Erträge zurückgehen, Nahrungsmittelpreise steigen und die Biodiversität weiter abnehmen. Doch die Zahlen sind alarmierend: In den letzten Jahrzehnten hat die Zahl der Bienenarten dramatisch abgenommen. Der Verlust von Lebensräumen, der Einsatz von Pestiziden und der Klimawandel gehören zu den Hauptursachen.

Besonders betroffen sind Solitärbienen. Diese friedlichen Bestäuber leben im Gegensatz zu Honigbienen nicht in großen Kolonien, sondern allein. Sie machen etwa 90 Prozent der weltweiten Bienenarten aus und sind für ihre Effektivität bei der Bestäubung bekannt. Doch ihnen fehlen sichere Nistplätze, die in natürlichen Lebensräumen immer seltener werden. Selbst in Städten, wo es oft weniger Pestizide gibt, finden sie kaum geeignete Strukturen zum Nisten. Hier setzt das Bee Home an.

 

Die Lösung: Das Bee Home-Projekt

Das Bee Home wurde 2020 von IKEA und SPACE10 entwickelt, um Solitärbienen eine sichere und einfache Möglichkeit zum Nisten zu bieten. Ziel des Projekts war es, eine Lösung zu schaffen, die sowohl funktional als auch einfach umsetzbar ist und gleichzeitig das Bewusstsein für die Bedeutung von Bienen schärft. Das Konzept ist simpel: Mithilfe einer benutzerfreundlichen Online-Plattform können Nutzer ein individuelles Bee Home entwerfen. Dabei lassen sich Größe, Design und Standort flexibel anpassen – sei es für den Garten, den Balkon oder das Dach eines Gebäudes.

Nach der Fertigstellung des Designs stehen die Baupläne kostenlos zum Download bereit. Sie können lokal mit einer CNC-Fräse aus Hartholz gefertigt werden. Die Montage ist dabei so gestaltet, dass weder Nägel noch Klebstoff benötigt werden. Stattdessen wird das Bee Home durch ein intelligentes Stecksystem zusammengehalten. Dieses Design ermöglicht es nicht nur, Ressourcen zu sparen, sondern macht das Projekt auch für Laien zugänglich (SPACE10, 2020).

Die Menschen hinter dem Projekt

SPACE10 wurde 2015 in Kopenhagen gegründet und ist ein unabhängiges Forschungs- und Designlabor, das von IKEA unterstützt wird. Das Ziel von SPACE10 ist es, innovative und nachhaltige Lösungen für globale Probleme zu entwickeln. Das Bee Home-Projekt entstand in Zusammenarbeit mit der Industriedesignerin Tanita Klein und der Design- und Technologieagentur Bakken & Bæck.

Tanita Klein brachte ihre Expertise im Produktdesign ein und sorgte dafür, dass das Bee Home nicht nur funktional, sondern auch ästhetisch ansprechend ist. Bakken & Bæck wiederum entwickelte die digitale Plattform, die es den Nutzern ermöglicht, ihr Bee Home intuitiv zu gestalten. Diese Zusammenarbeit verschiedener Disziplinen zeigt, wie kreative Lösungen entstehen können, wenn unterschiedliche Perspektiven zusammenkommen.

Erfolgreiche Umsetzung: Geschichten aus der Praxis

Seit dem Start des Projekts haben Tausende von Menschen weltweit eigene Bee Homes entworfen und installiert. Die Resonanz zeigt, dass ein einfaches und zugängliches Konzept eine große Wirkung entfalten kann. Besonders in urbanen Gebieten, wo Solitärbienen oft kaum Lebensraum finden, hat das Projekt bereits einen Unterschied gemacht.

Ein bemerkenswertes Beispiel kommt aus den Niederlanden. In Utrecht, einer Stadt, die für ihre bienenfreundlichen Initiativen bekannt ist, wurden Bee Homes in städtischen Grünflächen und auf Gebäuden installiert. Diese Ergänzung zu anderen Projekten, wie etwa Bushaltestellen, die in blühende Wiesen umgewandelt wurden, hat die Zahl der bestäubenden Insekten in der Stadt nachweislich erhöht (de Groot et al., 2021).

Auch in Kanada wurde das Bee Home erfolgreich eingesetzt. Mehrere Schulen integrierten das Projekt in ihren Unterricht, um Kindern die Bedeutung von Biodiversität und Artenschutz näherzubringen. Die Schüler gestalteten ihre eigenen Bee Homes und beobachteten mit großer Begeisterung, wie die Bienen die neuen Nistplätze annahmen.

Eine Familie in Schweden erzählte in einem Interview, wie sie durch das Projekt inspiriert wurde, ihren Garten umzugestalten. „Wir hatten vorher nie darüber nachgedacht, wie wichtig Bienen für unser tägliches Leben sind“, sagte die Mutter der Familie. „Aber als wir unser Bee Home aufstellten und die Bienen zu beobachten begannen, hat sich unsere Einstellung komplett verändert“ (Svenska Dagbladet, 2021).

Herausforderungen und Zukunftsperspektiven

Obwohl das Bee Home bereits viele Erfolge verzeichnet hat, stehen die Initiatoren vor Herausforderungen. Nicht jeder hat Zugang zu einer CNC-Fräse oder den nötigen Materialien, um das Bee Home herzustellen. SPACE10 arbeitet deshalb an alternativen Versionen, die einfacher und kostengünstiger herzustellen sind – beispielsweise Bausätze aus recyceltem Kunststoff.

Ein weiteres Ziel des Projekts ist es, mehr Menschen in ländlichen Gebieten zu erreichen, wo Solitärbienen oft besonders bedroht sind. Gleichzeitig betonen die Initiatoren, dass das Bee Home allein nicht ausreicht, um das Problem des Bienensterbens zu lösen. Es bedarf einer Kombination aus politischem Handeln, nachhaltiger Landwirtschaft und lokalem Engagement, um langfristige Veränderungen zu bewirken.

Fazit: Ein kleines Zuhause mit großer Wirkung

Das Bee Home ist ein Beispiel dafür, wie Design, Technologie und Engagement zusammenkommen können, um globale Herausforderungen anzugehen. Es bietet eine praktische Lösung für ein dringendes Problem und inspiriert Menschen weltweit, selbst aktiv zu werden. Die Botschaft ist klar: Jeder kann einen Beitrag leisten, und manchmal reicht schon ein kleines Zuhause, um einen großen Unterschied zu machen.

Quellenangaben

  • Goulson, D., Nicholls, E., Botías, C. und Rotheray, E.L. (2015). „Bee declines driven by combined stress from parasites, pesticides, and lack of flowers“. Science, 347(6229), doi:10.1126/science.1255957.
  • IPBES (2016). „The assessment report on pollinators, pollination and food production“. Intergovernmental Science-Policy Platform on Biodiversity and Ecosystem Services. Abgerufen von: https://ipbes.net/assessment-reports/pollinators
  • SPACE10 (2020). „Bee Home Project“. SPACE10 Design Lab. Abgerufen von: https://space10.com/project/bee-home
  • de Groot, M., Kleijn, D. und Hoekstra, J. (2021). „Bee-friendly initiatives in urban settings: The case of Utrecht“. Journal of Urban Ecology, 7(3), doi:10.1093/jue/juab012.

 

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