Wakehurst und die Millennium Seed Bank: Wie ein botanischer Garten die Pflanzenvielfalt der Welt bewahrt

Die Bedrohung der globalen Pflanzenvielfalt

In den unterirdischen Gewölben der Millennium Seed Bank in Wakehurst, Sussex, lagern bei minus 20 Grad Celsius etwa 2,4 Milliarden Samen von rund 40.000 Pflanzenarten aus aller Welt. Diese Einrichtung dient als „Versicherung gegen das Aussterben“ und soll die Artenvielfalt der Pflanzenwelt für kommende Generationen bewahren. Aktuellen Schätzungen zufolge sind zwei von fünf Pflanzenarten vom Aussterben bedroht, und einige der in Wakehurst aufbewahrten Samen repräsentieren bereits in der Wildnis ausgestorbene Arten (Welt, 2024).

Die Ursachen für den Verlust der Pflanzenvielfalt sind vielfältig: Klimawandel, Habitatzerstörung, Umweltverschmutzung und invasive Arten setzen der Flora weltweit zu. Dieser Rückgang gefährdet nicht nur die natürlichen Ökosysteme, sondern auch die menschliche Ernährungssicherheit, da viele unserer Kulturpflanzen auf die genetische Vielfalt ihrer wilden Verwandten angewiesen sind, um Resistenzen gegen Krankheiten und Klimaveränderungen zu entwickeln (Kew, 2018).

Die Entstehung der Millennium Seed Bank

Die Millennium Seed Bank (MSB) wurde 2000 eröffnet und ist das Herzstück des botanischen Gartens von Wakehurst, der sich über 535 Hektar in West Sussex erstreckt. Die MSB ist das weltweit größte Ex-situ-Pflanzenschutzprogramm und zielt darauf ab, Samen von wildlebenden Pflanzenarten zu sammeln und für die Zukunft zu konservieren. Dieses ehrgeizige Projekt wurde von den Royal Botanic Gardens, Kew, initiiert und wird in Zusammenarbeit mit über 100 Partnern in mehr als 50 Ländern durchgeführt (Wikipedia, 2024a).

Die Gründung der MSB geht auf die Vision von Dr. Peter Thompson zurück, der bereits 1980 die Kew Seed Bank ins Leben rief. Mit der Unterstützung der Millennium Commission und einer großzügigen Förderung konnte das Projekt in den 1990er Jahren erheblich erweitert werden. Die MSB hat sich zum Ziel gesetzt, bis 2020 Samen von 25 % der bekannten Pflanzenarten zu sammeln und zu konservieren, um so einen bedeutenden Beitrag zum globalen Pflanzenschutz zu leisten (Wikipedia, 2024a).

Die Millennium Seed Bank als Arche der Pflanzenwelt

Inmitten der sanften Hügel von Sussex liegt Wakehurst, der Wild Botanic Garden von Kew, der eines der bedeutendsten internationalen Naturschutzprojekte der Welt beherbergt: die Millennium Seed Bank. Diese Einrichtung ist nicht weniger als eine „Arche Noah“ für die Pflanzenwelt und steht als Symbol für Hoffnung inmitten einer globalen Biodiversitätskrise. Sie arbeitet daran, die Vielfalt der Pflanzenarten weltweit zu bewahren, während die Bedrohungen durch Klimawandel, Bevölkerungswachstum und intensive Landwirtschaft zunehmen.

Die Vision der Millennium Seed Bank basiert auf einer simplen, aber effektiven Idee: Die sicherste Möglichkeit, Pflanzen langfristig zu schützen, besteht darin, ihre Samen in einem speziell dafür geschaffenen Tresor zu lagern. Wenn die Samen unter optimalen Bedingungen aufbewahrt werden, überleben sie potenziell Hunderte von Jahren ohne an Lebensfähigkeit zu verlieren. Sollte die Natur durch Katastrophen oder Umweltveränderungen stark beeinträchtigt werden, können die Samen genutzt werden, um Ökosysteme wiederherzustellen.

Die Geschichte der Seed Bank reicht zurück bis 1976, als Kew begann, Samen in einem einfachen Trockner und einer Gefriertruhe zu konservieren. Die bescheidene Anfänge entwickelten sich mit der Eröffnung der Millennium Seed Bank im Jahr 2000 zu einem der bedeutendsten Biodiversitätsprojekte der Welt. Bereits vor der offiziellen Einweihung sammelte Kew 97 % der heimischen Pflanzenarten Großbritanniens – eine Leistung, die den Weg für globale Partnerschaften ebnete. Heute sind in den bombensicheren und hochmodernen Lagerräumen Samen von über 40.000 Pflanzenarten aus 190 Ländern sicher verwahrt.

Die Arbeit der Millennium Seed Bank endet jedoch nicht bei der Lagerung. Von der sorgfältigen Trocknung und Reinigung der Samen über modernste X-Ray-Analysen zur Qualitätsbewertung bis hin zu Keimungstests – jeder Schritt wird von Wissenschaftlern präzise durchgeführt. Diese Forschungsergebnisse fließen in eine internationale Datenbank ein, die mit Partnern weltweit geteilt wird. So entsteht ein wachsender Schatz an Wissen, der nicht nur für die Wissenschaft, sondern auch für den Naturschutz von unschätzbarem Wert ist.

Die Bank ist mehr als ein technisches Meisterwerk – sie ist ein globales Netzwerk, das Wissenschaftler, Naturschützer und Bildungseinrichtungen vereint. Mit ihrem Ansatz hat sie zahlreiche Nachahmer inspiriert und setzt weiterhin den Standard im Pflanzenschutz. Sir David Attenborough beschreibt ihre Arbeit treffend: „Vielleicht die wichtigste Naturschutzinitiative überhaupt.“ Die Millennium Seed Bank symbolisiert Hoffnung – für die heutige Generation und für alle, die noch kommen werden.

Erfolgreiche Projekte und reale Umsetzungen

Ein weiteres Beispiel ist die Zusammenarbeit mit australischen Partnern zur Rettung des Wollemi-Kiefern (Wollemia nobilis), einer der ältesten und seltensten Baumarten der Welt. Durch die Sammlung und Lagerung von Samen sowie die Kultivierung von Setzlingen konnte die Art vor dem Aussterben bewahrt und in botanischen Gärten weltweit verbreitet werden.

Die MSB spielt auch eine entscheidende Rolle bei der Sicherung der genetischen Vielfalt von Kulturpflanzen. Durch die Lagerung von Samen wildlebender Verwandter von Nutzpflanzen wie Weizen, Reis und Mais wird die Möglichkeit geschaffen, widerstandsfähigere Sorten zu entwickeln, die den Herausforderungen des Klimawandels und neuer Pflanzenkrankheiten gewachsen sind (Welt, 2024).

Wakehurst: Ein Zentrum für Wissenschaft und Bildung

Neben der Millennium Seed Bank beherbergt Wakehurst eine beeindruckende Sammlung von Pflanzen aus aller Welt und dient als Zentrum für botanische Forschung und Bildung. Die Gärten wurden größtenteils von Gerald Loder (später Lord Wakehurst) angelegt, der das Anwesen 1903 kaufte und 33 Jahre damit verbrachte, die Gärten zu entwickeln. Heute umfasst das Gelände verschiedene Gärten, Naturschutzgebiete und das Wellcome Trust Millennium Building, in dem die Samenbank untergebracht ist (Wikipedia, 2024b).

Wakehurst ist nicht nur ein Ort der Wissenschaft, sondern auch ein beliebtes Ausflugsziel. Mit über 500 Hektar vielfältiger Landschaften, darunter Wiesen, Wälder und Feuchtgebiete, bietet es Besuchern die Möglichkeit, die Schönheit und Vielfalt der Pflanzenwelt hautnah zu erleben. Jährlich zieht Wakehurst etwa 350.000 Besucher an, die die Gärten, das Herrenhaus und die Millennium Seed Bank besichtigen können (American Aristocracy, 2024).

Quellen

guteideen.org © 2024 by Gute Ideen ist lizenziert unter CC BY 4.0 . Kurz erklärt: Nutze alles und verlinke auf diesen Artikel.

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