Luchse im Thüringer Wald: Hoffnungsschimmer für den Artenschutz

Eine Erfolgsgeschichte aus dem Thüringer Wald

Erstmals seit 150 Jahren haben sich Luchse im Thüringer Wald nachweislich fortgepflanzt. Diese erfreuliche Nachricht belegen aktuelle Aufnahmen einer Wildkamera, die eine Luchsin mit zwei Jungtieren zeigen. Ein Meilenstein für den Artenschutz, der zeigt, dass engagierte Bemühungen erste Früchte tragen. Doch wie kam es dazu, dass die Rückkehr dieser majestätischen Raubkatzen möglich wurde, und welche Herausforderungen stehen weiterhin im Raum?

Die Rückkehr des Luchses: Eine lange Reise

Der Eurasische Luchs (Lynx lynx) galt in Deutschland seit 1846 als ausgestorben. Ursachen waren vor allem massive Bejagung und die fortschreitende Zerstörung seines Lebensraums. Erst in den 1970er Jahren begannen erste Wiederansiedlungsprojekte, vor allem im Bayerischen Wald und im Harz. Heute schätzt man die Population in Deutschland auf etwa 200 Tiere, eine Zahl, die weit von einer stabilen und genetisch vielfältigen Population entfernt ist (Kaczensky et al., 2020). Ein so geringer Bestand macht die Tiere besonders anfällig für Gefahren wie Inzucht oder den Verlust einzelner Individuen durch Wildunfälle oder illegale Tötungen.

Luchse sind streng geschützt durch EU-weite Richtlinien wie die Fauna-Flora-Habitat-Richtlinie. Dennoch bleibt ihre Erholung fragil. Besonders das „Netzwerk“ an Wäldern, das die Tiere benötigen, ist vielerorts zerstückelt. Die Ansiedlung der Luchse im Thüringer Wald zeigt, dass gezielte Schutzmaßnahmen und ein langer Atem erste Erfolge bringen können.

Ein Projekt mit Wirkung: Luchs Thüringen e.V.

Die Wiederbesiedlung durch Luchse im Thüringer Wald ist kein Zufall. Hinter diesem Erfolg steht das Projekt „Luchs Thüringen“, das 2005 von einer Gruppe engagierter Naturschützer gegründet wurde. Als gemeinnütziger Verein setzen sie sich dafür ein, geeignete Lebensräume zu schaffen und eine friedliche Koexistenz zwischen Mensch und Luchs zu ermöglichen. Der Verein zählt heute etwa 50 aktive Mitglieder und wird von Wissenschaftlern, Jägern und Forstwirten unterstützt. Die Finanzierung erfolgt durch Spenden, Fördermittel der EU und Unterstützung des Landes Thüringen.

Die Hauptaufgaben des Vereins umfassen:

  • Monitoring: Wildkameras und genetische Analysen helfen, die Bewegung und den Bestand der Luchse zu verfolgen.
  • Aufklärungsarbeit: Durch Informationsveranstaltungen und Schulprojekte wird die Akzeptanz in der Bevölkerung gefördert.
  • Habitatmanagement: Die Vernetzung geeigneter Waldgebiete wird durch den Ankauf und die Renaturierung von Flächen unterstützt.

Die Wiederansiedlung im Thüringer Wald wurde zusätzlich durch Tiere aus anderen Regionen unterstützt. Ein entscheidender Schritt war 2017 die Zusammenarbeit mit dem tschechischen Projekt „Lynx“, das genetisch wertvolle Luchse in Deutschland auswilderte. Ziel ist es, die Populationen in Deutschland, Tschechien und Polen miteinander zu verknüpfen.

Luchse im Thüringer Wald: Erfolgsgeschichten und Herausforderungen

Ein besonders inspirierendes Beispiel ist die Luchsin „Tessa“, die 2018 im Thüringer Wald ausgewildert wurde. Mit einem GPS-Halsband ausgestattet, konnte ihr Verhalten über mehrere Jahre dokumentiert werden. Tessa durchstreifte Gebiete von bis zu 400 Quadratkilometern und war entscheidend daran beteiligt, das Habitat für andere Luchse zu erschließen. Die Tatsache, dass sie nun Mutter von zwei Jungtieren ist, unterstreicht den Erfolg der Bemühungen.

Doch der Weg zu stabilen Populationen bleibt steinig. Immer wieder werden Luchse Opfer von Wildunfällen. 2022 verunglückte ein männlicher Luchs bei Eisenach, was einen empfindlichen Verlust für die kleine Population darstellte. Hinzu kommt das Problem der illegalen Tötung: Trotz Schutzstatus werden immer wieder Luchse abgeschossen, oft aus Angst vor Schäden am Wildbestand. Studien zeigen jedoch, dass Luchse primär kranke oder schwache Tiere reißen und so den Bestand gesunder Wildtiere fördern (Breitenmoser et al., 2010).

Der lange Atem des Artenschutzes

Die vielen Luchse im Thüringer Wald zeigen, dass der Schutz von Luchsen eine Kombination aus wissenschaftlicher Expertise, politischem Willen und gesellschaftlicher Akzeptanz erfordert. Projekte wie „Luchs Thüringen“ sind wichtige Leuchttürme, die den Weg für eine nachhaltige Wiederansiedlung weisen.

Dennoch sind langfristige Schutzmaßnahmen unabdingbar. Der Ausbau von Wildtierkorridoren, eine strengere Kontrolle von Straftaten gegen geschützte Arten und die Zusammenarbeit auf europäischer Ebene müssen intensiviert werden. Nur so kann es gelingen, den Luchs dauerhaft in Deutschland zu etablieren.

Quellen

guteideen.org © 2024 by Gute Ideen ist lizenziert unter CC BY 4.0 . Kurz erklärt: Nutze alles und verlinke auf diesen Artikel.

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