Das Problem: Umweltbelastung durch traditionelle Bestattungsmethoden
Die Frage, wie wir mit unseren Verstorbenen umgehen, ist so alt wie die Menschheit selbst. Doch in der modernen Welt hat diese Frage eine ökologische Dimension angenommen, die nicht mehr ignoriert werden kann. Traditionelle Bestattungsmethoden wie Erdbegräbnisse und Einäscherungen haben erhebliche Umweltfolgen.
In den Vereinigten Staaten werden allein durch Erdbegräbnisse jedes Jahr Millionen Tonnen von Stahl, Beton und Holz verbraucht. Hinzu kommen chemische Einbalsamierungsflüssigkeiten, die potenziell das Grundwasser belasten. Einäscherungen hingegen, die oft als umweltfreundlicher wahrgenommen werden, sind ebenfalls problematisch: Sie stoßen pro Verfahren etwa 27 Kilogramm CO2 aus – vergleichbar mit einer Autofahrt von 113 Kilometern (Gaston et al., 2013).
Angesichts dieser Tatsachen stellt sich die dringende Frage: Gibt es Alternativen, die den ökologischen Fußabdruck des letzten Abschieds minimieren?
Die Lösung: Recompose und das Konzept des Human Composting
Eine Antwort darauf liefert Katrina Spade mit ihrem Unternehmen Recompose. Die Designerin und Verfechterin nachhaltiger Bestattungsmethoden hat 2017 ein revolutionäres Verfahren etabliert: die „Natural Organic Reduction“, auch bekannt als Human Composting. Der Prozess verwandelt menschliche Überreste in nährstoffreichen Boden – eine Methode, die nicht nur umweltfreundlich ist, sondern auch eine tiefere Verbindung zur Natur ermöglicht.
Wie funktioniert Human Composting?
Beim Human Composting wird der Körper des Verstorbenen in einem speziellen Behälter platziert, der mit natürlichen Materialien wie Holzspänen, Alfalfa und Stroh gefüllt ist. Innerhalb von etwa 30 Tagen zerlegt die natürliche mikrobielle Aktivität den Körper vollständig in Erde. Am Ende des Prozesses entsteht etwa ein Kubikmeter fruchtbarer Boden, der entweder den Angehörigen übergeben oder für Aufforstungsprojekte und Naturschutz in Washington State gespendet werden kann (Recompose, 2023).
Dieses Verfahren bietet mehrere ökologische Vorteile: Es reduziert den Kohlenstoffausstoß, der bei Einäscherungen entsteht, und vermeidet den Einsatz umweltschädlicher Materialien wie Beton und Chemikalien. Gleichzeitig wird durch die Rückführung des Körpers in den natürlichen Kreislauf der Boden langfristig angereichert.
Die Entstehungsgeschichte von Recompose
Katrina Spade begann ihre Reise als Architektin und Designerin, bevor sie sich dem Thema nachhaltige Bestattung widmete. Während ihres Masterstudiums an der University of Massachusetts beschäftigte sie sich intensiv mit ökologischen Alternativen zu konventionellen Bestattungsmethoden. 2017 gründete sie Recompose, das heute als LLC firmiert und seinen Hauptsitz in Seattle, Washington, hat. Das Unternehmen beschäftigt mittlerweile rund 30 Mitarbeiter und hat seit seiner Gründung über 1.000 Human-Composting-Prozesse erfolgreich durchgeführt.
Die rechtlichen Grundlagen für Human Composting wurden erstmals 2019 im Bundesstaat Washington geschaffen, was nicht zuletzt auf Spades Engagement zurückzuführen ist. Mittlerweile ist das Verfahren auch in anderen Bundesstaaten wie Oregon und Colorado legalisiert worden (Recompose, 2023).
Erfolgsgeschichten: Ein Verfahren mit realem Impact
Die Wirkung von Recompose zeigt sich nicht nur in Zahlen, sondern auch in den Geschichten der Menschen, die diesen Weg gewählt haben. Ein Beispiel ist die Familie von Mary Smith, die sich für Human Composting entschied, nachdem ihre Mutter im Alter von 85 Jahren verstorben war. „Meine Mutter liebte ihren Garten, und jetzt ist sie ein Teil davon,“ erzählt Smith. Die Familie nutzte den erzeugten Boden, um einen Baum zu pflanzen, der nun symbolisch das Leben ihrer Mutter weiterträgt.
Ein weiteres bemerkenswertes Projekt ist die Zusammenarbeit von Recompose mit lokalen Aufforstungsinitiativen in Washington. Die gespendete Erde wird verwendet, um degradierte Flächen wieder zu bepflanzen. So konnten allein 2022 über 20 Hektar Land renaturiert werden. Dieser Ansatz verdeutlicht, wie Human Composting nicht nur individuelle Trauerarbeit erleichtern, sondern auch einen positiven Beitrag zur Umwelt leisten kann.
Eine kulturelle und ökologische Wende
Recompose steht für mehr als nur eine technische Innovation. Das Unternehmen ist Teil eines kulturellen Wandels hin zu einer nachhaltigen und persönlichen Sterbekultur. Die Idee, dass der Tod nicht das Ende, sondern ein Übergang in den natürlichen Kreislauf ist, findet weltweit Anklang.
Gleichzeitig setzt das Konzept auf Transparenz und Einfühlungsvermögen: Angehörige können den Prozess jederzeit begleiten und werden umfassend über die ökologischen Vorteile informiert. Diese Offenheit hat dazu beigetragen, dass Recompose in den letzten Jahren stark gewachsen ist und mittlerweile als Vorreiter einer globalen Bewegung gilt.
Fazit: Nachhaltiger Abschied mit Sinn
Human Composting ist nicht nur eine technische Innovation, sondern eine echte Alternative zu konventionellen Bestattungsmethoden, die sowohl ökologisch als auch kulturell zukunftsweisend ist. Recompose zeigt, dass es möglich ist, mit einem minimalen ökologischen Fußabdruck Abschied zu nehmen und gleichzeitig einen positiven Beitrag zur Umwelt zu leisten.
Das Unternehmen steht exemplarisch für eine neue Art des Umgangs mit Tod und Trauer – eine, die Leben und Natur miteinander verbindet. Für alle, die nach einem nachhaltigen und sinnvollen Abschied suchen, bietet Recompose eine Lösung, die nicht nur ökologisch sinnvoll ist, sondern auch eine tiefere Verbindung zur Erde ermöglicht.
Quellen
- Gaston, K.J., Avila-Jimenez, M.L., und Edmondson, J.L. (2013). Managing urban ecosystems for goods and services. „Journal of Applied Ecology“, 50(4).
- Recompose (2023). How it Works. Verfügbar unter: https://recompose.life/how-it-works
- Washington State Legislature (2019). Human Composting Legislation. Verfügbar unter: https://leg.wa.gov
- The Guardian (2020). „Recompose: How a US company is turning human bodies into soil.“ Verfügbar unter: https://www.theguardian.com/environment
guteideen.org © 2024 by Gute Ideen ist lizenziert unter CC BY 4.0 . Kurz erklärt: Nutze alles und verlinke auf diesen Artikel.