Der Wegwerfwahn und seine fatalen Folgen: Die Lösungen: ifixit
Unsere moderne Konsumgesellschaft produziert Müll wie nie zuvor. Smartphones, Tablets, Laptops und Haushaltsgeräte landen schon nach wenigen Jahren auf dem Müllberg – oft nicht, weil sie kaputt sind, sondern weil sie sich nicht reparieren lassen. Die Hersteller tragen ihren Teil dazu bei: Verklebte Akkus, fehlende Ersatzteile oder hochkomplizierte Designs machen es Verbrauchern schwer, defekte Geräte selbst zu reparieren. Die Folgen sind fatal: Laut dem Umweltbundesamt entstanden allein in Deutschland 2022 etwa 2,6 Millionen Tonnen Elektroschrott. Weltweit beläuft sich die Zahl auf erschreckende 50 Millionen Tonnen – pro Jahr. Ein Großteil davon wird weder recycelt noch ordnungsgemäß entsorgt.
Doch es gibt Menschen, die diesen Trend nicht einfach hinnehmen wollen. Eine dieser Bewegungen ist iFixit, ein Unternehmen, das Verbrauchern die Macht zurückgeben möchte: die Macht zu reparieren.
Wie alles begann
Das Unternehmen wurde 2003 von den beiden Studenten Kyle Wiens und Luke Soules gegründet. Der Start war ebenso simpel wie revolutionär: Kyle wollte seinen defekten iBook-Laptop reparieren, fand jedoch keinerlei Anleitungen oder Hilfe von Apple. Kurzerhand beschloss er, die Lösung selbst zu finden, und dokumentierte den gesamten Reparaturprozess. Diese erste Anleitung wurde ins Internet gestellt und erlebte eine regelrechte Explosion an Aufrufen. Es war klar: Viele Menschen hatten ähnliche Probleme, und die Nachfrage nach Reparaturwissen war riesig. So wurde iFixit geboren.
Das Unternehmen hat seinen Sitz im kalifornischen San Luis Obispo. Es handelt sich um ein privat geführtetes Unternehmen, das keine klassischen Investorengelder akzeptiert. Denn die Gründer glauben, dass Reparaturwissen frei zugänglich sein muss, ohne kommerzielle Abhängigkeiten. Mittlerweile arbeiten über 150 Mitarbeiter bei iFixit, das in der gesamten Reparaturszene als Pionier gilt.
Die Mission des Unternehmens ist klar: „Reparieren statt Wegwerfen!“ iFixit bietet kostenfreie Anleitungen für die Reparatur von Geräten aller Art, verkauft Werkzeuge sowie Ersatzteile und setzt sich für das Recht auf Reparatur ein.
Warum Reparieren so wichtig ist
Das Recht auf Reparatur ist längst keine Nischenbewegung mehr. Es ist eine Notwendigkeit in Zeiten der Ressourcenknappheit und des Klimawandels. Elektroschrott enthält wertvolle Rohstoffe wie Gold, Silber, Kupfer oder seltene Erden, deren Abbau ökologisch und sozial problematisch ist. Jede Reparatur spart also nicht nur Geld, sondern schont auch die Umwelt. Laut einer Studie der Vereinten Nationen ließe sich die Menge an Elektroschrott um bis zu 30 Prozent reduzieren, wenn mehr Geräte repariert und länger genutzt würden.
Ein Beispiel verdeutlicht den positiven Einfluss: Ein durchschnittliches Smartphone verursacht über seinen Lebenszyklus etwa 85 Kilogramm CO2 – allein durch Produktion, Transport und Entsorgung. Wenn ein Smartphone jedoch doppelt so lange genutzt wird, sinkt dieser Wert auf fast die Hälfte.
Hier kommt iFixit ins Spiel. Das Unternehmen bietet mittlerweile tausende Reparaturanleitungen für Smartphones, Tablets, Laptops und andere Alltagsgeräte an. Diese Anleitungen sind detailliert, leicht verständlich und werden oft von einer Community aus Freiwilligen erstellt und überarbeitet.
Ein Blick in die Praxis: Wie iFixit die Welt verbessert
Ein Paradebeispiel ist die Reparatur des iPhones. Während Apple lange Zeit jegliche Versuche erschwerte, die Geräte zu reparieren, hat iFixit Schritt für Schritt nachgelegt. Die Anleitung zum Akkutausch beim iPhone 6 wurde beispielsweise über zwei Millionen Mal aufgerufen. Damit hat iFixit bewiesen: Reparieren ist nicht nur möglich, sondern auch für Laien machbar.
Doch es bleibt nicht bei Anleitungen. iFixit verkauft auch die passenden Werkzeuge und Ersatzteile. Ein besonders erfolgreiches Produkt ist das sogenannte „Pro Tech Toolkit“ – ein Werkzeugset, das alles enthält, was man für die Reparatur von Smartphones, Laptops oder Spielekonsolen braucht. Das Toolkit wurde millionenfach verkauft und wird weltweit von Hobbybastlern und professionellen Technikern genutzt.
Zudem setzt sich iFixit politisch für das Recht auf Reparatur ein. In den USA hat das Unternehmen Maßnahmen unterstützt, die Hersteller zwingen sollen, Ersatzteile und Reparaturanleitungen bereitzustellen. Auch in Europa gewinnt die Bewegung an Fahrt. Die EU hat bereits erste Regelungen zur Reparierbarkeit von Haushaltsgeräten eingeführt, und iFixit kämpft dafür, dass diese Vorschriften auch auf Smartphones und Laptops ausgeweitet werden.
Erfolge und Herausforderungen
Die Arbeit von iFixit zeigt messbare Erfolge. Allein im Jahr 2021 wurden über 10 Millionen Menschen durch iFixit-Anleitungen inspiriert, ihre Geräte zu reparieren. Das spart nicht nur Geld, sondern reduziert auch die Menge an Elektroschrott erheblich. Zudem hat iFixit viele Hersteller dazu gebracht, ihre Designs reparaturfreundlicher zu gestalten.
Doch die Herausforderungen bleiben. Viele Hersteller sträuben sich weiterhin, Reparaturen zu vereinfachen. Apple, Samsung und andere Tech-Giganten verkaufen Geräte, bei denen Akkus verklebt und Ersatzteile nur schwer erhältlich sind. Hier will iFixit weiter Druck machen, um die Unternehmen zu mehr Verantwortung zu zwingen.
Der Kampf um die Zukunft
Der Erfolg von iFixit zeigt, dass es Alternativen zur Wegwerfgesellschaft gibt. Immer mehr Menschen erkennen, dass Reparieren nicht nur nachhaltig, sondern auch sinnstiftend ist. Ein defektes Smartphone selbst zu reparieren, schafft ein Gefühl von Selbstwirksamkeit – und spart nebenbei Geld.
Kyle Wiens bringt die Vision von iFixit auf den Punkt: „Wir möchten eine Welt, in der Menschen ihre Dinge lieben und wertschätzen. Eine Welt, in der Dinge repariert statt weggeworfen werden.“
Dass diese Vision nicht nur ein Ideal ist, beweist der weltweite Erfolg von iFixit. Jeder, der ein Werkzeug in die Hand nimmt und etwas repariert, wird Teil dieser Bewegung. Eine Bewegung, die zeigt, dass kleine Taten große Wirkung haben können.
Quellenverzeichnis
- Umweltbundesamt (2022) Elektroschrott-Statistiken. Verfügbar unter: https://www.umweltbundesamt.de/themen/elektroschrott
- iFixit (2023) About iFixit. Verfügbar unter: https://www.ifixit.com/about
- Vereinte Nationen (2020) Global E-waste Monitor. Verfügbar unter: https://globalewaste.org/
- Right to Repair Europe (2023) Die Bewegung. Verfügbar unter: https://repair.eu/de/
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