Wie das Netzwerk Chancen sozialen Aufstieg möglich macht.

Netzwerk Chancen – Wenn die Herkunft über die Zukunft entscheidet

In Deutschland bestimmt oft die soziale Herkunft über die berufliche Zukunft. Kinder aus einkommensschwachen oder nichtakademischen Familien kämpfen nicht nur mit finanziellen Hürden, sondern auch mit unsichtbaren Barrieren wie fehlenden Netzwerken und Vorurteilen. Laut einer Studie der OECD ist Deutschland eines der Länder mit der geringsten sozialen Mobilität innerhalb Europas (OECD, 2018). Das bedeutet, dass Kinder aus weniger privilegierten Verhältnissen es überdurchschnittlich schwer haben, gesellschaftlich aufzusteigen.

Fehlender Zugang zu Bildungsressourcen, keine Vorbilder in Führungspositionen und das Gefühl, nicht dazuzugehören, verstärken diesen Teufelskreis. Selbst für diejenigen, die es an die Universität schaffen, bleibt der Weg steinig. Ihre Chancen auf gutbezahlte Jobs oder Führungspositionen sind oft geringer, da sie nicht über die Netzwerke verfügen, die für beruflichen Erfolg entscheidend sind (Schneiders et al., 2020).

Das ist nicht nur für die Betroffenen ein Problem, sondern auch für die Gesellschaft als Ganzes. Unentdeckte Talente bedeuten ungenutztes Potenzial, was wirtschaftliche und soziale Kosten nach sich zieht. Hier setzt das Netzwerk Chancen an.

Die Entstehung eines Netzwerks für soziale Aufsteiger

2016 gründete Natalya Nepomnyashcha das Netzwerk Chancen. Die Organisation hat das Ziel, jungen Menschen aus finanziell benachteiligten Familien die Werkzeuge an die Hand zu geben, die sie für ihren beruflichen und persönlichen Erfolg benötigen. Natalya Nepomnyashcha, geboren in Kiew und aufgewachsen in einem sozialen Brennpunkt in Bayern, kennt die Herausforderungen, die mit einem solchen Hintergrund verbunden sind. Ihre eigene Erfahrung mit sozialem Aufstieg – von einer Ausbildung bis hin zum Masterabschluss und einer Karriere in der Unternehmensberatung – inspirierte sie dazu, anderen Menschen mit ähnlicher Ausgangslage zu helfen (Lexware, n.d.).

Das Netzwerk ist eine gemeinnützige Organisation mit Sitz in Berlin und wird von einem kleinen Team aus Haupt- und Ehrenamtlichen getragen. Es finanziert sich über Spenden, Fördergelder und Kooperationen mit Unternehmen. Seit seiner Gründung hat das Netzwerk bereits über 500 junge Menschen unterstützt und ein starkes Netzwerk von Förderern und Partnern aufgebaut (Netzwerk Chancen, n.d.).

Die Lösungen: Mentoring, Netzwerke und praxisnahe Unterstützung

Das Herzstück der Organisation ist das Förderprogramm „Netzwerk Chancen. Aufsteiger“. Es richtet sich an junge Erwachsene zwischen 18 und 39 Jahren, die ihre beruflichen Träume verwirklichen möchten, aber auf ihrem Weg Unterstützung brauchen. Das Programm bietet individuelle Coachings, praxisorientierte Workshops und Zugang zu einem exklusiven Netzwerk von Experten und Führungskräften.

Ein besonders wichtiges Element ist das Mentoring-Programm. Hier werden Teilnehmerinnen mit erfahrenen Mentorinnen zusammengebracht, die sie über ein Jahr hinweg begleiten. Diese Tandems helfen den Teilnehmer*innen nicht nur dabei, berufliche Hürden zu meistern, sondern bieten auch wertvolle Einblicke und Orientierungshilfen für den beruflichen Alltag (Netzwerk Chancen, n.d.).

Ein Beispiel für den Erfolg des Programms ist die Geschichte von Vanessa Böckstiegel. Nach ihrer Teilnahme gründete sie das Start-up Easimo, eine digitale Plattform für Immobilienverwalter. Heute betreut ihr Unternehmen Kunden mit bis zu 17.000 Wohnungen und beschäftigt 24 Mitarbeiter. Diese Erfolgsgeschichte zeigt, wie gezielte Förderung den Weg in die Selbstständigkeit ebnen kann (Welt, 2024).

Ein weiteres Beispiel ist Torsten Bendlin, der nach seiner Karriere in der Möbelindustrie und einem MBA-Abschluss den Schritt in die Selbstständigkeit wagte. Mit Unterstützung des Netzwerks gründete er das Start-up Valuedesk, das inzwischen zahlreiche Arbeitsplätze geschaffen hat (Welt, 2024).

 

Erfolge und Herausforderungen

Das Netzwerk Chancen hat es sich zur Aufgabe gemacht, nicht nur Einzelpersonen zu unterstützen, sondern auch gesellschaftliche Strukturen zu verändern. So setzt sich die Organisation dafür ein, soziale Herkunft als Diversity-Faktor in Unternehmen zu etablieren. Denn nur, wenn Arbeitgeber soziale Diversität aktiv fördern, können langfristige Veränderungen erreicht werden.

Eine der größten Herausforderungen bleibt jedoch die gesellschaftliche Wahrnehmung. Soziale Herkunft wird oft nicht als ernstzunehmender Diversity-Faktor anerkannt. Doch gerade Programme wie das Netzwerk Chancen zeigen, dass gezielte Maßnahmen große Wirkung entfalten können. Laut einer internen Umfrage unter den Teilnehmer*innen des Programms berichteten 87 Prozent, dass sie durch die Unterstützung ihre beruflichen Ziele besser verfolgen konnten (Netzwerk Chancen, n.d.).

Ausblick: Mehr Chancen für die Zukunft

Die Geschichten von Vanessa Böckstiegel und Torsten Bendlin sind nur zwei Beispiele für den Erfolg, den gezielte Förderung ermöglichen kann. Doch es bleibt viel zu tun. Gesellschaft, Politik und Wirtschaft müssen gemeinsam an einem Strang ziehen, um soziale Mobilität in Deutschland zu fördern. Programme wie das Netzwerk Chancen leisten dabei einen wertvollen Beitrag.

Mit jeder Erfolgsgeschichte wächst nicht nur das Vertrauen in die eigene Stärke, sondern auch die Hoffnung auf eine gerechtere Gesellschaft. Denn Chancengleichheit sollte kein Privileg, sondern ein Grundrecht sein.


Referenzen

Lexware, n.d. Natalya Nepomnyashcha: Nebenberuflich und ehrenamtlich gründen. [Online] Verfügbar unter: https://tellyourstory.lexware.de/story/natalya-nepomnyashcha-nebenberuflich-und-ehrenamtlich-gruenden [Zugriff am 16. Dezember 2024].

Netzwerk Chancen, n.d. Netzwerk Chancen – Offizielle Website. [Online] Verfügbar unter: https://www.netzwerk-chancen.de [Zugriff am 16. Dezember 2024].

OECD, 2018. A Broken Social Elevator? How to Promote Social Mobility. [Online] Verfügbar unter: https://www.oecd.org/social/a-broken-social-elevator-how-to-promote-social-mobility.htm [Zugriff am 16. Dezember 2024].

Welt, 2024. Erfolgreiche Aufsteiger: Geschichten aus dem Netzwerk Chancen. [Online] Verfügbar unter: https://www.welt.de/252117994 [Zugriff am 16. Dezember 2024].

 

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