Gesund essen mit kleinem Budget: Gemeinsam gegen Ernährungsarmut

Gesund essen mit kleinem Budget: Ein wachsendes gesellschaftliches Problem

Die steigenden Lebenshaltungskosten in Deutschland treffen vor allem Menschen mit geringem Einkommen besonders hart. Insbesondere die Ausgaben für Lebensmittel sind in den letzten Jahren erheblich gestiegen. Laut dem Statistischen Bundesamt lag die Teuerungsrate für Lebensmittel im Jahr 2023 bei etwa 13 Prozent im Vergleich zum Vorjahr. Für viele Haushalte wird der wöchentliche Einkauf somit zu einer finanziellen Herausforderung.

Menschen mit geringem Einkommen können sich oft nur schwer ausgewogen und gesund ernähren. Günstige Lebensmittel sind häufig hochverarbeitet und enthalten viele ungesunde Inhaltsstoffe wie Zucker, Fett und Salz. Frisches Obst und Gemüse, Vollkornprodukte und hochwertige Proteine bleiben dagegen oft außer Reichweite. Dies hat gravierende Folgen für die Gesundheit: Studien zeigen, dass Ernährungsarmut eng mit Übergewicht, Diabetes und Herz-Kreislauf-Erkrankungen verbunden ist (Robert Koch-Institut, 2022).

Darüber hinaus hat die Ernährung auch soziale und kulturelle Dimensionen. Das gemeinsame Essen als Familie, der Austausch von Rezepten und die Freude am Kochen gehen in finanziellen Notlagen häufig verloren. Gerade in Zeiten wirtschaftlicher Unsicherheit ist Ernährungsarmut daher nicht nur ein individuelles, sondern auch ein gesellschaftliches Problem.

Das Projekt: Gesund essen mit kleinem Budget

Vor diesem Hintergrund wurde das Projekt „Gesund essen mit kleinem Budget – gemeinsam Ernährungsarmut begegnen“ ins Leben gerufen. Die Initiative wurde von den Verbraucherzentralen und der Europa-Universität Flensburg gestartet und verfolgt das Ziel, die Ernährungskompetenz von Menschen mit begrenzten finanziellen Mitteln zu stärken.

Das Projekt „Gesund essen mit kleinem Budget“ begann im Jahr 2020, initiiert von einem interdisziplinären Team aus Ernährungswissenschaftler:innen, Sozialarbeiter:innen und Bildungsexpert:innen. Mit einer gemeinnützigen Rechtsform und einer anfänglichen Förderung durch das Bundesministerium für Ernährung und Landwirtschaft konnte die Initiative schnell wachsen. Heute umfasst das Team etwa 25 Mitarbeiter:innen und arbeitet in enger Zusammenarbeit mit sozialen Einrichtungen, Schulen und Tafeln.

Ein zentraler Aspekt des Projekts ist die Vermittlung von Wissen und praktischen Fertigkeiten rund um das Thema gesunde und nachhaltige Ernährung. Dazu gehören:

Informationsangebote und Workshops

Das Projekt „Gesund essen mit kleinem Budget“ bietet kostenlose Workshops und Informationsveranstaltungen für verschiedene Zielgruppen an. Dazu gehören Familien mit geringem Einkommen, Alleinerziehende, Studierende, Senior:innen, Menschen mit Migrationshintergrund und Personen mit Behinderungen. In den Workshops lernen die Teilnehmer:innen, wie sie mit begrenztem Budget ausgewogene Mahlzeiten planen, einkaufen und zubereiten können.

Ein Highlight dieser Veranstaltungen ist der Einkaufstraining-Ansatz. Hierbei besuchen die Teilnehmer:innen unter Anleitung eines Coaches einen Supermarkt, um in der Praxis zu üben, wie sie preisbewusst und gesund einkaufen können. Der Fokus liegt dabei auf regionalen und saisonalen Produkten sowie auf der Vermeidung von Lebensmittelverschwendung.

Kochkurse und Rezeptideen

Ein weiterer wichtiger Bestandteil des Projekts sind Kochkurse, bei denen die Teilnehmer:innen einfache, gesunde und preiswerte Gerichte zubereiten. Diese Kurse werden oft in Zusammenarbeit mit lokalen Küchen und Gemeindehäusern durchgeführt. Die Rezepte sind speziell darauf ausgelegt, mit wenigen Zutaten auszukommen und wenig Energie zu verbrauchen, was gerade in Zeiten hoher Energiekosten entscheidend ist.

Die Projektwebsite stellt zudem eine umfangreiche Sammlung an Rezeptideen zur Verfügung. Die Gerichte reichen von klassischen Eintöpfen bis hin zu kreativen vegetarischen Varianten beliebter Speisen. Alle Rezepte sind mit detaillierten Kostenangaben versehen, um die Planung zu erleichtern.

Schulungen für Multiplikator:innen

Ein weiterer innovativer Ansatz des Projekts ist die Ausbildung von Multiplikator:innen in sozialen Einrichtungen. Diese werden geschult, um das Wissen und die Methoden des Projekts in ihren jeweiligen Organisationen weiterzugeben. So können die Inhalte auch langfristig und nachhaltig verankert werden.

Erfolgreiche Umsetzung: Einblicke in die Praxis

Das Projekt „Gesund essen mit kleinem Budget“ hat bereits zahlreiche Erfolge verzeichnet. Seit 2020 wurden über 500 Workshops mit insgesamt mehr als 10.000 Teilnehmer:innen durchgeführt. Eine Teilnehmerin, eine alleinerziehende Mutter aus Berlin, berichtet: „Ich habe gelernt, wie ich mit wenigen Zutaten gesunde Mahlzeiten für meine Kinder zubereiten kann. Die Rezepte sind nicht nur günstig, sondern schmecken auch richtig gut.“

Ein weiteres Beispiel kommt aus Hamburg, wo das Projekt in Zusammenarbeit mit einer Grundschule umgesetzt wurde. Die Kinder lernten, wie sie gemeinsam eine gesunde Brotbox zusammenstellen können. Lehrer:innen berichten, dass die Kinder seitdem motivierter sind, selbst Verantwortung für ihre Ernährung zu übernehmen.

Darüber hinaus zeigt eine Evaluation der Europa-Universität Flensburg, dass die Teilnehmer:innen der Workshops ihre Ausgaben für Lebensmittel im Durchschnitt um 20 Prozent senken konnten, ohne dabei auf Qualität zu verzichten. Die Verminderung von Lebensmittelverschwendung und der vermehrte Einsatz von saisonalen Produkten tragen gleichzeitig zur Nachhaltigkeit bei.

Gesund essen mit kleinem Budget: Herausforderungen und Zukunftsperspektiven

Trotz der bisherigen Erfolge steht das Projekt vor einigen Herausforderungen. Eine davon ist die Finanzierung. Die anfängliche Förderung durch das Bundesministerium läuft Ende 2024 aus. Das Team arbeitet daher intensiv an einer langfristigen Finanzierung durch Spenden und Partnerschaften mit Unternehmen.

Eine weitere Herausforderung ist die Erreichbarkeit der Zielgruppen. Viele Menschen, die von Ernährungsarmut betroffen sind, haben nur begrenzten Zugang zu den digitalen Informationsangeboten des Projekts. Hier setzen die Multiplikator:innen an, die das Projekt in soziale Brennpunkte tragen.

In der Zukunft plant das Projekt „Gesund essen mit kleinem Budget“, sein Angebot weiter auszubauen. Geplant sind unter anderem Online-Kurse, um auch Menschen in ländlichen Regionen zu erreichen. Zudem soll der Fokus stärker auf die Zielgruppe Kinder und Jugendliche gelegt werden, da eine frühe Ernährungsbildung entscheidend für die langfristige Gesundheit ist.

Quellen

  1. Statistisches Bundesamt (2023): Preise für Lebensmittel steigen weiter. [Online] Verfügbar unter: https://www.destatis.de
  2. Robert Koch-Institut (2022): Gesundheitsbericht zur Ernährung in Deutschland. [Online] Verfügbar unter: https://www.rki.de
  3. Verbraucherzentrale (2023): Gesund essen mit kleinem Budget. [Online] Verfügbar unter: https://www.verbraucherzentrale.de
  4. Europa-Universität Flensburg (2023): Projektberichte zur Ernährungsarmut. [Online] Verfügbar unter: https://www.uni-flensburg.de

 

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