Die unsichtbare Last: Warum gegen Stigmatisierung psychisch Kranker gearbeitet werden muss.
Psychische Erkrankungen betreffen in Deutschland Millionen Menschen. Studien zufolge leidet etwa jeder vierte Erwachsene mindestens einmal im Leben an einer psychischen Störung wie Depressionen, Angststörungen oder Suchterkrankungen. Dennoch ist das Thema in vielen Teilen der Gesellschaft mit Scham und Vorurteilen behaftet. Das Stigma psychischer Erkrankungen führt dazu, dass Betroffene nicht nur mit ihrer Krankheit kämpfen, sondern auch mit einer zusätzlichen sozialen Last: Ausgrenzung, Vorurteile und Unverständnis.
Die Folgen sind gravierend. Menschen mit psychischen Erkrankungen scheuen oft den Gang zum Arzt oder Therapeuten, aus Angst vor sozialer Stigmatisierung. Sie kämpfen mit beruflicher Benachteiligung, Isolation und einem erschwerten Zugang zu Hilfsangeboten. Das Stigma wirkt nicht nur auf individueller Ebene zerstörerisch, sondern hat auch gesellschaftliche Auswirkungen. „Psychische Gesundheit“ bleibt ein Tabuthema, und der dringend notwendige öffentliche Diskurs über präventive Maßnahmen und Behandlungsmöglichkeiten kommt kaum zustande.
Hier setzt der DGPPN-Antistigma-Preis an. Dieser Preis der Deutschen Gesellschaft für Psychiatrie und Psychotherapie, Psychosomatik und Nervenheilkunde (DGPPN) hat es sich zur Aufgabe gemacht, Projekte zu fördern, die mit kreativen und wirkungsvollen Ansätzen gegen Stigmatisierung psychisch Kranker beitragen.
Ein Preis mit Mission: Der DGPPN-Antistigma-Preis gegen Stigmatisierung psychisch Kranker
Der DGPPN-Antistigma-Preis wurde ins Leben gerufen, um Engagement gegen Stigmatisierung psychisch Kranker sichtbar zu machen und innovative Ansätze zu honorieren. Seit seiner Gründung wird er gemeinsam mit dem Aktionsbündnis Seelische Gesundheit verliehen und zeichnet Projekte aus, die sich nachhaltig für die gesellschaftliche Integration psychisch erkrankter Menschen einsetzen.
Das Preisgeld von 10.000 Euro kann auf mehrere Preisträger aufgeteilt werden, wodurch eine breite Unterstützung von Initiativen möglich ist. Die Verleihung findet jedes Jahr im Rahmen des DGPPN-Kongresses in Berlin statt, der zu den bedeutendsten Veranstaltungen im Bereich der Psychiatrie und Psychotherapie gehört.
Zu den Bewerbungsanforderungen gehört eine detaillierte Darstellung des Projekts, das sich explizit mit dem Ziel gegen Stigmatisierung psychisch Kranker beschäftigt. Eine fachkundige Jury, bestehend aus Experten der DGPPN und des Aktionsbündnisses Seelische Gesundheit, prüft die Einreichungen. Dabei werden insbesondere Aspekte wie Nachhaltigkeit, Innovation und gesellschaftliche Wirkung bewertet.
Pioniere gegen Stigmatisierung psychisch Kranker: Beispiele für prämierte Projekte
Zu den bisherigen Preisträgern gehören beeindruckende Projekte, die auf unterschiedlichste Weise dazu beitragen, das Stigma psychischer Erkrankungen zu brechen. Eines dieser Projekte ist das „Mutmachleute e.V.“-Netzwerk, das sich für eine offene Kommunikation über psychische Gesundheit einsetzt. Durch persönliche Erfahrungsberichte auf ihrer Plattform zeigen Betroffene, dass psychische Erkrankungen Teil des Lebens sind und nicht mit Scham behaftet sein sollten. Die Plattform hat mittlerweile Tausende Leser erreicht und leistet einen wichtigen Beitrag zur Normalisierung des Themas.
Ein weiteres preisgekröntes Projekt gegen Stigmatisierung psychisch Kranker ist die Initiative „Irrsinnig Menschlich“. Sie organisiert Aufklärungsveranstaltungen an Schulen und in Betrieben, bei denen Menschen mit psychischen Erkrankungen aus ihrem Leben erzählen. Diese Begegnungen tragen dazu bei, Vorurteile abzubauen und Empathie zu fördern. Die Resonanz ist überwältigend: Viele Teilnehmer berichten, dass sie durch die Veranstaltungen erstmals eine differenzierte Sicht auf psychische Erkrankungen gewonnen haben.
Die Menschen hinter dem Preis: Wer steckt dahinter?
Die DGPPN ist eine der größten medizinisch-wissenschaftlichen Fachgesellschaften in Europa. Gegründet im Jahr 1842, vereint sie heute über 9.000 Mitglieder, darunter Ärzte, Psychologen und Wissenschaftler. Ihre Mission: die Verbesserung der Versorgung psychisch erkrankter Menschen und die Förderung der wissenschaftlichen Forschung. Der Antistigma-Preis ist ein zentraler Baustein dieses Engagements.
Das Aktionsbündnis Seelische Gesundheit ist ein weiterer Schlüsselpartner. Es wurde 2006 auf Initiative des Bundesministeriums für Gesundheit gegründet und setzt sich mit Kampagnen und Aktionen für die Förderung psychischer Gesundheit ein. Gemeinsam arbeiten beide Organisationen daran, nicht nur individuelle Projekte zu unterstützen, sondern auch den öffentlichen Diskurs nachhaltig zu verändern.
Herausforderungen und Erfolge: Wie Projekte Wirkung zeigen
Die Wirkung von Projekten gegen Stigmatisierung psychisch Kranker ist oft schwierig zu messen, doch es gibt zahlreiche Indikatoren für ihren Erfolg. Ein Beispiel: Die Teilnahmezahlen an Workshops, Vorträgen und Seminaren, die durch DGPPN-geförderte Projekte organisiert werden, steigen kontinuierlich an. Ebenso wichtig ist die Sichtbarkeit in den Medien. Initiativen wie „Mutmachleute e.V.“ und „Irrsinnig Menschlich“ wurden mittlerweile in großen Publikationen und Fernsehsendungen vorgestellt, was dazu beiträgt, das Thema psychische Gesundheit einem breiteren Publikum zugänglich zu machen.
Eine besondere Anekdote unterstreicht die Bedeutung solcher Projekte: Bei einer Veranstaltung von „Irrsinnig Menschlich“ erzählte eine Schülerin, wie sie durch den persönlichen Austausch mit einem Betroffenen den Mut fand, selbst über ihre Depression zu sprechen. Kurz darauf suchte sie professionelle Hilfe und begann eine Therapie. Geschichten wie diese zeigen, wie wichtig es ist, psychische Erkrankungen aus der Tabuzone zu holen.
Ein Blick in die Zukunft
Der Bedarf an Projekten gegen Stigmatisierung psychisch Kranker bleibt hoch. Die COVID-19-Pandemie hat das Bewusstsein für die Bedeutung psychischer Gesundheit zwar gestärkt, gleichzeitig aber auch neue Herausforderungen geschaffen. Isolation, Unsicherheit und wirtschaftliche Sorgen haben die psychische Belastung vieler Menschen erhöht.
Der DGPPN-Antistigma-Preis wird daher auch in Zukunft eine wichtige Rolle spielen, um innovative Lösungen zu fördern und die Sichtbarkeit des Themas zu erhöhen.
Quellen
- Deutsche Gesellschaft für Psychiatrie und Psychotherapie, Psychosomatik und Nervenheilkunde (DGPPN): www.dgppn.de
- Aktionsbündnis Seelische Gesundheit: www.seelischegesundheit.net
- Irrsinnig Menschlich e.V.: www.irrsinnig-menschlich.de
- Mutmachleute e.V.: www.mutmachleute.de
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