Wie regenerative Landwirtschaft Boden erneuern und Ackerland für die Zukunft sichern kann

Der stille Zerfall unserer Böden: Und wie regenerative Landwirtschaft helfen kann.

Unsere Böden sind die Basis des Lebens, sie nähren Pflanzen, speichern Wasser und sind das Zuhause unzähliger Mikroorganismen. Doch in den letzten Jahrzehnten hat die industrielle Landwirtschaft viele Böden weltweit stark strapaziert. Das Problem: Die traditionelle Praxis des Pflügens und die Verwendung von chemischen Düngemitteln haben langfristig zerstörerische Auswirkungen auf die Bodenstruktur und -gesundheit.

Ein Experiment, das die dramatischen Unterschiede zwischen konventionell und konservierend bewirtschaftetem Boden zeigt, liefert eindrucksvolle Beweise. Zwei Bodenproben, entnommen von benachbarten Feldern des gleichen Bodentyps, wurden in Wasser getaucht. Der Unterschied war augenfällig: Während der konventionell bearbeitete Boden förmlich „explodierte“ und sich innerhalb weniger Minuten vollständig auflöste, blieb der nicht gepflügte Boden stabil, selbst nach Wochen unter Wasser.

Die Ursachen dafür sind vielfältig. Wiederholtes Pflügen zerstört die Porenstruktur des Bodens und den sogenannten „biologischen Klebstoff“, der durch Mikroorganismen und organisches Material gebildet wird. Zudem führt der Einsatz von wasserfreiem Ammoniak als Düngemittel zu einer chemischen Verarmung der Böden, die ihre Fähigkeit zur Selbstregeneration weiter einschränkt. Langfristig bedeutet dies nicht nur den Verlust der Bodenfruchtbarkeit, sondern auch gravierende ökologische Folgen wie Erosion, Verlust von Biodiversität und die Freisetzung von Kohlendioxid.

Netzfund: Bodenfruchtbarkeit entsteht wenn keine Mineralien ausgewaschen werden.
Netzfund: Bodenfruchtbarkeit entsteht wenn keine Mineralien ausgewaschen werden.

Ein Wendepunkt: Wie regenerative Landwirtschaft Böden heilt

Angesichts dieser besorgniserregenden Entwicklung setzen immer mehr Landwirte und Wissenschaftler auf regenerative Landwirtschaft. Diese Bewirtschaftungsweise zielt darauf ab, Böden nicht nur zu erhalten, sondern aktiv zu verbessern. Deckfrüchte wie Roggen, minimaler Maschineneinsatz und der Verzicht auf chemische Düngemittel sind zentrale Elemente dieser Methode.

Ein beeindruckendes Beispiel für den Erfolg dieser Ansätze liefert ein Projekt, das seit mehr als 20 Jahren auf einer Farm in den USA umgesetzt wird. Der Gründer, der Agrarwissenschaftler und Farmer John Peterson, begann in den 1990er Jahren mit einem radikalen Umdenken. Peterson erkannte, dass die bisherige Praxis seiner Familie – jährliches Pflügen und exzessiver Einsatz von synthetischen Düngemitteln – den Boden auf Dauer zerstörte. Gemeinsam mit seiner Frau und später auch seinen Kindern wandelte er den Betrieb in ein Modell regenerativer Landwirtschaft um. Heute bewirtschaftet die Familie rund 500 Hektar Land und ist Teil eines Netzwerks von Farmern, die den Übergang zu nachhaltiger Landwirtschaft vorantreiben.

Die Wissenschaft hinter regenerative Landwirtschaft

Die Unterschiede zwischen gepflügtem und nicht gepflügtem Boden liegen nicht nur an der mechanischen Bearbeitung, sondern auch an der biologischen Vielfalt im Boden. In nicht gepflügten Böden finden sich lebendige Lebensgemeinschaften von Pilzen, Bakterien und Würmern, die den Boden stabilisieren und Nährstoffe verfügbar machen. Roggen als Deckfrucht spielt eine Schlüsselrolle: Er schützt die Oberfläche vor Erosion, verbessert die Wasseraufnahme und reichert den Boden mit organischem Material an.

Im Experiment war der nicht gepflügte Boden nach sechs Wochen im Wasser noch zu 95 % intakt. Diese Stabilität zeigt, wie widerstandsfähig ein gesunder Boden sein kann. Im Gegensatz dazu zerfällt ein übernutzter Boden, weil ihm die organischen Strukturen fehlen, die ihn zusammenhalten.

Erfolgsmodelle und globale Resonanz

Die regenerative Landwirtschaft ist nicht nur ein Konzept, sondern zeigt weltweit konkrete Erfolge. In Deutschland beispielsweise hat die regenerative Landwirtschaft Organisation „Boden.Wert.Schätzen“ eine Initiative gestartet, die Landwirte bei der Umstellung unterstützt. In Zusammenarbeit mit Wissenschaftlern und regionalen Partnern werden Schulungen, finanzielle Anreize und praktische Hilfsmittel angeboten, um die Methoden der Bodenregeneration bekannt zu machen. Eine ähnliche Organisation in den USA, die „Soil Health Academy“, hat bereits Hunderte Farmer in nachhaltigen Praktiken geschult.

Ein bemerkenswertes Beispiel für regenerative Landwirtschaft stammt von einer deutschen Landwirtin, die durch die Umstellung auf regenerative Methoden nicht nur die Fruchtbarkeit ihrer Böden steigern konnte, sondern auch die Erträge um 20 % erhöhte. Sie berichtet, dass sich nach wenigen Jahren die Bodenqualität so verbessert hatte, dass sie auf teure Düngemittel verzichten konnte. „Die Kosten sinken, die Böden werden gesünder, und die Qualität der Ernte steigt“, sagt sie.

Ein Blick in die Zukunft: Was kann jeder Einzelne tun?

Die Botschaft dieser Erfolge ist klar: Gesunde Böden sind nicht nur für Landwirte wichtig, sondern für uns alle. Sie sind die Grundlage für unsere Ernährung und spielen eine entscheidende Rolle im Kampf gegen den Klimawandel. Doch es braucht eine breite gesellschaftliche Unterstützung, um die landwirtschaftliche Praxis grundlegend zu ändern.

Verbraucher können durch bewusste Kaufentscheidungen einen Unterschied machen. Produkte, die aus nachhaltigem Anbau stammen, tragen dazu bei, die Nachfrage nach regenerativen Methoden zu steigern. Gleichzeitig können Politik und Wissenschaft mehr Ressourcen in die Erforschung und Förderung solcher Ansätze investieren.

Fazit

Die Geschichte zweier Bodenproben ist mehr als ein wissenschaftliches Experiment – sie ist ein Sinnbild für den Zustand unserer Böden und die Möglichkeiten, sie zu regenerieren. Die Botschaft ist klar: Die Zerstörung durch traditionelle Landwirtschaft ist reversibel, aber es erfordert Mut, Wissen und gemeinsames Handeln.

Die regenerative Landwirtschaft bietet einen Weg, der nicht nur die Bodenfruchtbarkeit wiederherstellt, sondern auch einen Beitrag zu einer nachhaltigeren Zukunft leistet. Projekte wie das von John Peterson oder Organisationen wie „Boden.Wert.Schätzen“ zeigen, dass Veränderung möglich ist – und dass sie sich lohnt.


Quellenangaben

 

guteideen.org © 2024 by Gute Ideen ist lizenziert unter CC BY 4.0 . Kurz erklärt: Nutze alles und verlinke auf diesen Artikel.

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