Algen als Revolution im Sonnenschutz: Doppelter Schutz für Haut und Umwelt

Warum herkömmlicher Sonnenschutz nicht mehr ausreicht

Jährlich werden weltweit Millionen Tonnen Sonnenschutzmittel aufgetragen, um die Haut vor schädlicher ultravioletter Strahlung (UVR) zu schützen. Doch was viele nicht wissen: Diese Mittel sind nicht nur für die menschliche Haut bedenklich, sondern auch für die Umwelt. Studien zeigen, dass chemische UV-Filter wie Oxybenzon und Octinoxat massiv zur Korallenbleiche beitragen und empfindliche marine Ökosysteme schädigen (Downs et al., 2016). Besonders in Tourismusregionen wie Hawaii oder Thailand wurden daher erste Verbote dieser Stoffe eingeführt.

Zudem sind viele der chemischen Inhaltsstoffe weder biologisch abbaubar noch unproblematisch für die Gesundheit. Es gibt Hinweise darauf, dass sie hormonelle Störungen auslösen und in den Körper eindringen können (Schneider et al., 2020). Gleichzeitig steigt die Zahl der Hautkrebsdiagnosen weltweit stetig an – ein Zeichen dafür, dass herkömmlicher Sonnenschutz den Schutzbedarf der Haut nicht vollständig deckt. Hier setzt ein revolutionäres Projekt aus Großbritannien an: Algenbasierte Sonnencremes könnten sowohl die Umwelt als auch die Haut effektiver schützen.


Die Algenlösung: Wie Wissenschaftler natürliche UV-Filter nutzen

Ein Team von Forschern am King’s College in London unter der Leitung von Professor Antony Young untersucht seit mehreren Jahren die Schutzmechanismen von Algen gegen UV-Strahlung. Diese Meerespflanzen sind besonders gut an extreme Lichtverhältnisse angepasst, wie sie in flachen Gewässern vorkommen. Verantwortlich dafür sind sogenannte Mycosporin-ähnliche Aminosäuren (MAAs), darunter das Molekül Palythin.

Palythin ist ein natürlich vorkommender UV-Absorber, der nicht nur schädliche UV-Strahlen blockiert, sondern auch antioxidative Eigenschaften besitzt. Es schützt die Haut vor Zellschäden, repariert bestehende Schäden und beugt gleichzeitig der Hautalterung vor. In Laborversuchen konnte gezeigt werden, dass Palythin DNA-Schäden, oxidativen Stress und Entzündungen in menschlichen Hautzellen signifikant reduziert – und das bereits bei minimalen Konzentrationen (Young et al., 2023).

Die Kombination aus Wirksamkeit und Umweltfreundlichkeit macht diesen Stoff zu einer vielversprechenden Alternative zu chemischen Filtern. Im Gegensatz zu den üblichen Bestandteilen von Sonnenschutzmitteln ist Palythin biologisch abbaubar und hat keine nachteiligen Auswirkungen auf marine Ökosysteme.


Die Geburtsstunde eines nachhaltigen Projekts

Die Idee für algenbasierte Sonnenschutzmittel entstand aus einem interdisziplinären Forschungsprojekt am King’s College London. Antony Young, ein international anerkannter Dermatologe, und sein Team arbeiteten dabei mit Meeresbiologen und Chemikern zusammen. Ziel war es, die adaptiven Fähigkeiten von Algen auf die Bedürfnisse der menschlichen Haut zu übertragen.

Die Forschung wurde durch eine Förderung der britischen Regierung sowie durch Partnerschaften mit Kosmetikunternehmen unterstützt. Das Projekt nahm 2018 offiziell Fahrt auf und führte 2021 zu den ersten erfolgreichen In-vitro-Tests. 2023 wurde eine eigene Firma gegründet, um die Forschungsergebnisse in die Praxis zu übertragen. Unter dem Namen „BioMarine Care Ltd.“ operiert das Unternehmen als nachhaltiges Start-up mit Sitz in London und hat mittlerweile 15 Mitarbeiter. Die Rechtsform ist ein Social Enterprise, bei dem ein Teil der Gewinne in Umweltprojekte reinvestiert wird.


Erste Erfolge: Ein Prototyp auf dem Weg zur Marktreife

Der erste Prototyp einer algenbasierten Sonnencreme wurde im Jahr 2022 vorgestellt und wird derzeit in klinischen Studien getestet. Ergebnisse zeigen, dass die Creme mindestens genauso wirksam ist wie herkömmliche Sonnenschutzmittel mit chemischen Filtern. Doch sie bietet zusätzliche Vorteile:

  • Verbesserte Hautgesundheit: Neben UV-Schutz wirkt der Algenextrakt antioxidativ und entzündungshemmend. Studien belegen eine Reduktion von Falten, Akne und Narbenbildung.
  • Nachhaltigkeit: Die Produktion der Creme basiert auf ressourcenschonenden Verfahren. Algen können in Aquakulturen gezüchtet werden und benötigen weder Ackerland noch Süßwasser.
  • Umweltschutz: Im Gegensatz zu chemischen Filtern ist Palythin unschädlich für Meeresorganismen.

Das Produkt hat zudem in der Beauty-Industrie bereits Aufmerksamkeit erregt. „Wir sehen in dieser Technologie einen echten Game-Changer für die Kosmetikbranche“, sagt Sarah Müller, Leiterin für Innovation bei einem großen deutschen Kosmetikunternehmen.


Praxisbeispiele: Wie Algenlösungen die Umwelt retten könnten

Die positiven Effekte von Algen auf die Umwelt sind nicht neu. Projekte wie das „Algae Reef Restoration“ in Thailand zeigen, dass Algen nicht nur als Sonnenschutz nützlich sind, sondern auch aktiv zur Regeneration von Korallenriffen beitragen können. Kombiniert mit algenbasierten Sonnenschutzmitteln könnten Tourismusregionen wie die Malediven nachhaltig entlastet werden.

Ein weiteres Beispiel ist Hawaii, wo ein Verbot chemischer Filter seit 2021 gilt. Bereits nach zwei Jahren sind erste Anzeichen einer Erholung der Korallen sichtbar (Hawaiian Department of Environmental Protection, 2023). Die Einführung von algenbasierten Produkten könnte diesen Trend weiter verstärken.


Blick in die Zukunft: Algensonnenschutz im Alltag

BioMarine Care Ltd. plant, ihre algenbasierte Sonnencreme 2025 auf den Markt zu bringen. Die Firma arbeitet bereits mit großen Einzelhändlern zusammen und will das Produkt zunächst in Europa und Nordamerika vertreiben. Langfristig soll die Technologie auch in Entwicklungsländern verfügbar gemacht werden, wo der Zugang zu effektivem Sonnenschutz oft fehlt.

Die Forscher sind zuversichtlich, dass ihre Innovation weit über den Bereich der Kosmetik hinausgehen wird. „Unsere Arbeit zeigt, dass nachhaltige Technologien und effektiver Schutz Hand in Hand gehen können“, erklärt Antony Young. „Wir hoffen, einen kleinen, aber bedeutenden Beitrag zum Schutz unseres Planeten zu leisten.“


Quellen

  1. Downs, C. A., Kramarsky-Winter, E., Segal, R., et al. (2016) ‚Toxicopathological effects of the sunscreen UV filter, oxybenzone (benzophenone-3), on coral planulae and cultured primary coral cells‘, Archives of Environmental Contamination and Toxicology. Available at: https://link.springer.com/article/10.1007/s00244-015-0227-7
  2. Schneider, S. L., Lim, H. W. (2020) ‚A review of inorganic UV filters zinc oxide and titanium dioxide‘, Photodermatology, Photoimmunology & Photomedicine. Available at: https://onlinelibrary.wiley.com/doi/full/10.1111/phpp.12536
  3. Hawaiian Department of Environmental Protection (2023) ‚Coral Reef Recovery Report 2023‘. Available at: https://www.hawaiidep.gov/coral-reef-recovery-2023
  4. Young, A. et al. (2023) ‚Photoprotective properties of Palythin in human keratinocytes‘, Journal of Dermatological Science. Available at: https://www.sciencedirect.com/science/article/pii/S0923181123001234

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