Wie Volker Krause aus der alten Familienmühle eine ökologische Erfolgsstory schrieb

Von der Krise zum Vorbild: Wie ein Ökonom die Mühle seines Vaters in ein Zentrum für nachhaltige Landwirtschaft und Wirtschaft transformierte.

Die Krise einer Tradition

Als Volker Krause, damals ein junger Student der Wirtschaftswissenschaften, von seinem Vater um Hilfe gebeten wurde, ahnte er noch nicht, dass diese Bitte sein Leben entscheidend verändern würde. Die alte Krause-Mühle, ein Familienbetrieb mit über 100 Jahren Geschichte, war in Not geraten. Der wirtschaftliche Druck durch Großmühlen und sinkende Preise für konventionelles Getreide hatten den Traditionsbetrieb an den Rand des Ruins gebracht.

Die Mühle, die einst das Herzstück des Dorfes war, kämpfte mit veralteter Technik, schwindender Kundschaft und einer belastenden Schuldenlast. Für Krauses Vater, der den Betrieb in dritter Generation führte, war klar: Ohne eine radikale Veränderung war das Ende des Unternehmens besiegelt.

Volker Krause jedoch sah in der Krise eine Chance. Obwohl er nie geplant hatte, das Familiengeschäft zu übernehmen, reizte ihn die Herausforderung, etwas Neues zu schaffen. Während seines Studiums hatte er sich intensiv mit nachhaltiger Wirtschaft beschäftigt, und ihm wurde schnell klar: Der Schlüssel zur Rettung der Mühle lag in einem radikalen Kurswechsel.

Der Wandel: Von der Mühle zur Biomühle

Volker Krause entschloss sich, die Mühle seines Vaters zu übernehmen – allerdings nicht, um den bisherigen Betrieb fortzuführen. Sein Plan war ambitioniert: Die Krause-Mühle sollte zur ersten reinen Biomühle der Region werden.

Dieser Wandel war nicht nur eine technische Umstellung, sondern eine komplette Neuausrichtung des Unternehmens. Krause wollte keine konventionellen Getreideprodukte mehr herstellen, sondern ausschließlich ökologisch erzeugtes Mehl, das den strengen Standards des Bio-Siegels entsprach. Dafür war jedoch die Zusammenarbeit mit den Landwirten der Umgebung notwendig.

„Am Anfang war es schwer, die Bauern zu überzeugen“, erinnert sich Krause. „Viele hatten Angst vor dem Umstieg auf ökologische Landwirtschaft. Doch als wir ihnen feste Abnahmeverträge und faire Preise boten, begannen sie, ihre Meinung zu ändern.“

Innerhalb weniger Jahre entstand ein Netzwerk aus Biobauern, das nicht nur die Krause-Mühle mit hochwertigem Getreide versorgte, sondern auch der Region neue wirtschaftliche Impulse gab. Bauern, die zuvor ums Überleben kämpfen mussten, fanden in der ökologischen Landwirtschaft eine zukunftssichere Perspektive.

Rückschläge und ein mutiger Schritt nach vorne

Doch der Weg zum Erfolg war steinig. In den Anfangsjahren war die Nachfrage nach Biomehl noch gering, und die finanziellen Reserven der Mühle waren knapp. Krause wusste, dass er handeln musste, um das Unternehmen langfristig abzusichern.

Die Lösung: eine eigene Biobäckerei. Die Idee war ebenso simpel wie revolutionär: Aus dem Mehl der Mühle sollte in einer hausinternen Bäckerei Brot gebacken werden, das direkt an die wachsende Zahl von Bioläden in Hamburg geliefert wurde.

Die Umsetzung war jedoch alles andere als einfach. Neue Maschinen mussten angeschafft, Rezepte entwickelt und Vertriebskanäle aufgebaut werden. Krause arbeitete rund um die Uhr, oft gemeinsam mit seinem Vater, der mittlerweile von der Vision seines Sohnes überzeugt war.

Trotz aller Herausforderungen zahlte sich der Einsatz aus. Innerhalb kurzer Zeit wurde die Bäckerei zu einem festen Bestandteil des regionalen Biomarktes. Heute beliefert sie über 50 Bioläden in Norddeutschland mit frischen Backwaren.

Alte Getreidesorten und lokale Partnerschaften

Ein besonderes Anliegen war Krause die Wiederentdeckung alter Getreidesorten wie Einkorn und Emmer. Diese Sorten, die in der industriellen Landwirtschaft nahezu verschwunden waren, zeichnen sich durch ihre Robustheit und ihren hohen Nährstoffgehalt aus.

„Alte Sorten sind nicht nur gesünder, sondern auch besser für die Umwelt“, erklärt Krause. Gemeinsam mit lokalen Bauern startete er Projekte, um diese Getreidearten wieder anzubauen. Die Zusammenarbeit war ein Gewinn für alle Beteiligten: Die Bauern erhielten eine stabile Einkommensquelle, und die Mühle konnte sich mit einzigartigen Produkten am Markt positionieren.

Die Nachfrage nach Biomehl und Backwaren wuchs stetig, und die Krause-Mühle expandierte weiter. Der nächste große Schritt war der Bau einer modernen Backstraße am Dorfrand, die Platz für über 200 Mitarbeiter bot. Hier werden heute neben Brot und Brötchen auch feine Backwaren wie Kekse und Kuchen produziert – selbstverständlich in Bio-Qualität.

Nachhaltige Energie aus der Mühle

Ein weiteres Highlight der Krause-Mühle ist ihr innovativer Ansatz zur Energiegewinnung. Gemeinsam mit einer lokalen Genossenschaft entwickelte Krause ein System, das die Abfälle der Mühle zur Stromerzeugung nutzt. Aus den Resten des Getreides wird Biogas gewonnen, das anschließend in Strom umgewandelt wird.

„Unser Ziel war es, die gesamte Produktion so nachhaltig wie möglich zu gestalten“, sagt Krause. „Heute erzeugen wir nicht nur unseren eigenen Strom, sondern speisen auch Überschüsse ins Netz ein.“

Dieser Ansatz machte die Mühle zu einem Vorbild für nachhaltige Wirtschaft. Zahlreiche Besucher aus dem In- und Ausland kommen, um sich von Krauses Kreislaufwirtschaft inspirieren zu lassen.

Ein Modell für die Zukunft

Die Erfolgsgeschichte der Krause-Mühle ist mehr als nur die Rettung eines Familienbetriebs. Sie zeigt, wie wirtschaftlicher Erfolg und ökologische Verantwortung Hand in Hand gehen können.

Volker Krause hat nicht nur ein Unternehmen transformiert, sondern auch die gesamte Region geprägt. Sein Netzwerk aus Biobauern, die innovative Nutzung von Energiequellen und die Wiederentdeckung alter Getreidesorten sind Beispiele dafür, wie Tradition und Innovation zusammenwirken können.

Heute gilt die Krause-Mühle als Vorzeigemodell für nachhaltige Landwirtschaft und regionale Wirtschaftskreisläufe. Krause selbst sieht seine Arbeit jedoch nicht als abgeschlossen. „Es gibt immer noch viel zu tun“, sagt er. „Aber ich bin zuversichtlich, dass wir gemeinsam eine nachhaltigere Zukunft gestalten können.“

Fazit: Was wir von Volker Krause lernen können

Die Geschichte von Volker Krause zeigt, dass selbst in schwierigen Zeiten Chancen liegen. Mit Mut, Weitblick und einer klaren Vision hat er aus der Krise seines Familienbetriebs eine der beeindruckendsten Erfolgsgeschichten der Bio-Bewegung gemacht.

Sein Beispiel erinnert uns daran, dass nachhaltige Wirtschaft nicht nur möglich, sondern dringend notwendig ist – und dass Veränderung oft bei uns selbst beginnt.


Quellen

  1. Krause, V. (2024). Interview über die Geschichte der Krause-Mühle.
  2. Öko-Test. (2023). „Die besten Biomühlen Deutschlands“. Abgerufen am 26.11.2024, von https://www.oekotest.de
  3. YouTube. (2024). „Einblicke in die Krause-Mühle“. Verfügbar unter: https://www.youtube.com/watch?v=Oe1iIq7Weos
  4. Bundesministerium für Ernährung und Landwirtschaft. (2023). „Zukunft der Landwirtschaft: Beispiele aus der Praxis“. Verfügbar unter: https://www.bmel.de

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