Mitten in der grünen Idylle von Hamburg-Altengamme steht das Hufnerhaus, eines der ältesten noch erhaltenen Bauernhäuser der Hansestadt. Das Gebäude aus dem Jahr 1547 erzählt von einer Zeit, in der Menschen und Tiere unter einem Dach lebten. Doch bis vor wenigen Jahren drohte diesem Kulturerbe der Abriss. Dank der Freiwilligenarbeit im Denkmalschutz konnte dieses wertvolle Stück Geschichte gerettet werden – und lehrt heute nicht nur jungen Menschen, wie wichtig der Erhalt des kulturellen Erbes ist, sondern auch, wie Handarbeit im Einklang mit Traditionen aussehen kann.
Ein Kulturerbe am Rande des Verfalls
Das Hufnerhaus war über Jahrhunderte ein lebendiger Teil der bäuerlichen Kultur Hamburgs. Doch mit den Jahren verlor es seine ursprüngliche Funktion, verfiel zusehends und wurde schließlich unbewohnbar. Anfang der 2010er-Jahre war das Dach undicht, das Fachwerk morsch, und der Abriss des Gebäudes schien nur noch eine Frage der Zeit.
Die Bedeutung des Hauses war klar: Es ist eines der wenigen erhaltenen Beispiele für den typischen norddeutschen Bauernhaustyp mit Reetdach. Doch Sanierungsprojekte für solche Gebäude sind teuer und zeitaufwendig – zwei Faktoren, die häufig gegen die Rettung solcher Denkmäler sprechen. Glücklicherweise fanden sich engagierte Denkmalschützerinnen und Denkmalschützer, die sich der Herausforderung stellten.
Mit Unterstützung der Deutschen Stiftung Denkmalschutz konnte das Hufnerhaus vorerst stabilisiert werden. Doch klar war: Die vollständige Restaurierung würde Jahre dauern und nur durch eine innovative Herangehensweise möglich sein.
Die Jugendbauhütte Hamburg – ein Leuchtturmprojekt
Aus dieser Notlage heraus entstand 2015 die Idee zur Jugendbauhütte Hamburg, die Teil eines deutschlandweiten Netzwerks ist. Diese Initiative der Deutschen Stiftung Denkmalschutz und der Internationalen Bauhütte setzt auf Freiwilligenarbeit im Denkmalschutz: Junge Menschen können während eines Freiwilligen Sozialen Jahres (FSJ) oder eines Bundesfreiwilligendienstes (BFD) aktiv an der Restaurierung historischer Gebäude mitwirken.
Die Jugendbauhütte Hamburg übernahm das Hufnerhaus als erstes Großprojekt und machte es zum zentralen Schauplatz für ihre Arbeit. Ziel war es nicht nur, das Haus zu retten, sondern auch den jungen Freiwilligen Einblicke in historische Handwerkstechniken zu ermöglichen. So entstand eine einzigartige Symbiose: Jugendliche erhalten eine praxisnahe Ausbildung im Bereich Denkmalschutz, und Hamburg gewinnt ein Stück seiner Geschichte zurück.
Jährlich nehmen etwa fünf Freiwillige an dem Programm teil. Sie kommen aus ganz Deutschland und haben unterschiedliche Hintergründe: Einige interessieren sich für Architektur oder Geschichte, andere suchen nach einer sinnvollen Tätigkeit nach der Schule. Was sie eint, ist der Wunsch, etwas Bleibendes zu schaffen.
Restaurieren mit Herz und Hand
Die Restaurierung des Hufnerhauses ist ein Paradebeispiel für die Herausforderungen im Denkmalschutz. Es geht nicht nur um das Ersetzen alter Bauteile, sondern um die Bewahrung der Originalsubstanz. Zu den ersten Maßnahmen gehörte die Sicherung des Dachs, um das Gebäude vor Witterungseinflüssen zu schützen. Dabei lernten die Freiwilligen den Umgang mit traditionellen Materialien wie Reet und Holz.
Ein besonders anspruchsvolles Projekt war die Sanierung der Fachwerkwände. Die Freiwilligen entfernten beschädigte Balken und ersetzten diese mit handbearbeitetem Holz, das den historischen Vorgaben entspricht. Auch das Ausmauern der Fächer mit Lehm war eine präzise Aufgabe, die Fingerspitzengefühl und Geduld erfordert.
„Das Besondere an der Arbeit ist, dass wir nicht nur mit modernen Werkzeugen arbeiten, sondern auch die Techniken kennenlernen, die vor Hunderten von Jahren verwendet wurden“, erzählt eine ehemalige Freiwillige. „Das verbindet uns mit der Vergangenheit und macht die Arbeit unglaublich spannend.“
Die Arbeit am Hufnerhaus ist dabei weit mehr als nur Handwerk: Die Freiwilligen lernen, wie wichtig der Denkmalschutz für die kulturelle Identität einer Gesellschaft ist. Gleichzeitig erfahren sie, wie viel Freude es macht, mit den eigenen Händen etwas zu schaffen, das noch viele Generationen überdauern wird.
Freiwilligenarbeit im Denkmalschutz: Eine Zukunft für das Hufnerhaus
Die Restaurierung des Hufnerhauses ist noch nicht abgeschlossen, doch die Fortschritte sind deutlich sichtbar. Das Gebäude erstrahlt wieder in seinem ursprünglichen Glanz, und jedes Jahr kommen neue Freiwillige, um das Werk ihrer Vorgänger fortzuführen. Das Projekt hat sich längst zu einem Vorzeigebeispiel für die erfolgreiche Verbindung von Bildung und Denkmalschutz entwickelt.
Zukünftig soll das Hufnerhaus nicht nur ein Denkmal sein, sondern auch ein lebendiger Ort für Begegnung und Bildung. Geplant sind Veranstaltungen, Workshops und Seminare, die das Bewusstsein für den Wert des kulturellen Erbes stärken sollen. Zudem soll das Gebäude als Zentrum für die Jugendbauhütte Hamburg dienen, um weiteren Generationen von Freiwilligen einen Ort für ihr Engagement zu bieten.
Warum Freiwilligenarbeit im Denkmalschutz so wichtig ist
Projekte wie das der Jugendbauhütte Hamburg zeigen, wie wertvoll Freiwilligenarbeit im Denkmalschutz ist. Sie bietet nicht nur praktische Lösungen für den Erhalt historischer Gebäude, sondern auch gesellschaftlichen Mehrwert. Junge Menschen werden ermutigt, sich aktiv für ihre Umwelt und ihre Geschichte einzusetzen, und erwerben dabei Fähigkeiten, die ihnen ein Leben lang nützlich sind.
Für viele Freiwillige ist die Zeit in der Jugendbauhütte eine prägende Erfahrung. Eine Teilnehmerin berichtet: „Ich wollte nach dem Abitur etwas Sinnvolles machen und wusste nicht genau, wohin mein Weg führen sollte. Die Arbeit im Denkmalschutz hat mir nicht nur handwerkliche Fähigkeiten vermittelt, sondern auch gezeigt, wie wichtig es ist, Verantwortung für unsere Geschichte zu übernehmen.“
Der Denkmalschutz lebt vom Engagement vieler – und die Jugendbauhütte Hamburg ist ein strahlendes Beispiel dafür, wie viel erreicht werden kann, wenn junge Menschen mit Herz und Hand mitwirken.
Quellenangaben
- Behörde für Kultur und Medien Hamburg. (o. J.). Freiwilligenarbeit im Denkmalschutz – Hufnerhaus am Moorfleeter Deich. Abgerufen von https://www.hamburg.de/politik-und-verwaltung/behoerden/behoerde-fuer-kultur-und-medien/themen/denkmalschutz/hufnerhaus-am-moorfleeter-deich-821242
- Wohnprojekt Vierlanden. (o. J.). Freiwilligenarbeit im Denkmalschutz Die Jugendbauhütte Hamburg – Unser Partner JBHH. Abgerufen von https://www.wohnprojekt-vierlanden.de/unser-partner-jbhh/die-jugendbauhuette-hamburg/
- Monumente Online. (2020). Freiwilligenarbeit im Denkmalschutz – Unsere Freiwilligen stellen sich vor. Abgerufen von https://www.monumente-online.de/de/ausgaben/2020/2/Die-Jugendbauhuette-zeigt-Gesicht.php
- Denkmalverein Hamburg. (2024). Freiwilligenarbeit im Denkmalschutz – Besichtigung Hufnerhaus mit Jugendbauhütte. Abgerufen von https://www.denkmalverein.de/angebote/veranstaltungen/veranstaltungen/besichtigung-hufnerhaus-mit-jugendbauhuette
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