Ein fast vergessenes Raubtier kehrt zurück
Die Europäische Wildkatze (Felis silvestris silvestris) galt in Deutschland lange Zeit als nahezu ausgestorben. Intensive Bejagung, Lebensraumverlust und die Zerstückelung von Wäldern führten dazu, dass diese scheuen Tiere in vielen Regionen verschwanden. Doch in den letzten Jahren gibt es erfreuliche Nachrichten: Die Wildkatze kehrt zurück in deutsche Wälder.
Die Herausforderungen: Lebensraumverlust und genetische Verarmung
Die Hauptursachen für den Rückgang der Wildkatzenpopulation lagen in der Zerstörung und Zersplitterung ihrer Lebensräume. Großflächige Rodungen, der Ausbau von Verkehrswegen und die Intensivierung der Landwirtschaft führten dazu, dass zusammenhängende Waldgebiete, die für die Wildkatze essenziell sind, immer seltener wurden. Zudem führte die Isolation einzelner Populationen zu genetischer Verarmung, was die Überlebensfähigkeit der Art weiter beeinträchtigte.
Ein weiteres Problem stellte die Hybridisierung mit verwilderten Hauskatzen dar. Durch Paarungen zwischen Wild- und Hauskatzen kam es zu genetischen Vermischungen, die die genetische Reinheit der Wildkatzenpopulationen bedrohten. Dies erschwerte zudem die Identifikation echter Wildkatzen, da Hybride äußerlich oft schwer zu unterscheiden sind.
Die Lösung: Schutzprojekte und Wiedervernetzung von Lebensräumen
Angesichts dieser Herausforderungen wurden in den letzten Jahrzehnten zahlreiche Schutzprojekte ins Leben gerufen, um die europäische Wildkatze in Deutschland wieder anzusiedeln und ihre Lebensräume zu vernetzen. Eine zentrale Rolle spielt dabei der Bund für Umwelt und Naturschutz Deutschland (BUND), der 2004 das Projekt „Rettungsnetz europäische Wildkatze“ initiierte. Ziel dieses Projekts ist es, durch die Pflanzung von „grünen Korridoren“ isolierte Waldgebiete miteinander zu verbinden und so Wanderbewegungen der Wildkatze zu ermöglichen. Bund
Ein weiteres bedeutendes Projekt ist „Wildkatzensprung“, das vom Bundesamt für Naturschutz (BfN) gefördert wird. Dieses Projekt zielt darauf ab, die Wälder Deutschlands wieder zu vernetzen und so die Ausbreitung der Wildkatze zu fördern. Durch die Schaffung von Wanderkorridoren sollen genetischer Austausch und die Besiedlung neuer Lebensräume ermöglicht werden. BFN
Erfolgreiche Umsetzung: Die Rückkehr der europäischen Wildkatze in deutsche Wälder
Die Bemühungen der letzten Jahre zeigen Erfolg. In mehreren Bundesländern wurden wieder Wildkatzen nachgewiesen. So gelang es dem BUND Nordrhein-Westfalen, nach 70 Jahren erstmals wieder europäische Wildkatzen in den Wäldern um Waldbröl nachzuweisen. Mithilfe von sogenannten Lockstöcken, die mit Baldrian besprüht werden, konnten Haarproben gesammelt und genetisch analysiert werden. Bund Nordrhein-Westfalen
Auch in Niedersachsen wurden Erfolge verzeichnet. Im Rahmen des Projekts „Wildkatzenwälder von morgen“ wurden in der Gemeinde Sprakensehl über 500 Gehölze gepflanzt, um den Lebensraum der Wildkatze zu verbessern. Diese Maßnahmen tragen dazu bei, dass sich die europäische Wildkatze in Norddeutschland wieder ausbreiten kann. Bund
In Thüringen wurde das Projekt „Luchs-Wald“ ins Leben gerufen, das Rückzugsorte für Luchse schafft und gleichzeitig den Lebensraum der Wildkatze verbessert. Durch die Aufwertung von Wäldern und Waldrändern sollen sowohl Luchse als auch die europäische Wildkatzen profitieren. PetBook
Ein Appell an die Bevölkerung: europäische Wildkatze gehört in den Wald
Trotz der erfreulichen Rückkehr der Wildkatze ist Vorsicht geboten. Die Tiere sind nach wie vor selten und stehen unter strengem Schutz. Es ist wichtig, dass sie in ihrem natürlichen Lebensraum verbleiben und nicht gestört werden. Sollten Jungtiere gefunden werden, ist es ratsam, den Wildkatzenkoordinator des jeweiligen Bundeslandes zu kontaktieren, anstatt die Tiere mit nach Hause zu nehmen. National Geographic Deutschland
Die Rückkehr der Europäischen Wildkatze ist ein Erfolg des Naturschutzes und zeigt, dass durch gezielte Maßnahmen und Engagement die Wiederansiedlung bedrohter Arten möglich ist. Es liegt nun an uns allen, diesen Erfolg zu bewahren und die europäische Wildkatze in unseren Wäldern willkommen zu heißen.
Quellenangaben
- Bund für Umwelt und Naturschutz Deutschland (BUND). (o.D.). Wildkatzenschutz. Abgerufen von https://www.bund.net/themen/tiere-pflanzen/wildkatze/wildkatzenschutz/
- Bundesamt für Naturschutz (BfN). (o.D.). „Wildkatzensprung“ – Wiedervernetzung der Wälder Deutschlands. Abgerufen von https://www.bfn.de/projektsteckbriefe/wildkatzensprung-wiedervernetzung-der-waelder-deutschlands
- BUND Nordrhein-Westfalen. (2023). BUND-Untersuchung belegt: Rückkehr der Wildkatzen bei Waldbröl nach 70 Jahren. Abgerufen von https://www.bund-nrw.de/presse/detail/news/bund-untersuchung-belegt-rueckkehr-der-wildkatzen-bei-waldbroel-nach-70-jahren/
- National Geographic Deutschland. (2023).
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