Alte Bohnensorten vermehren: Wie eine App die Vielfalt rettet

Warum alte Bohnensorten vermehren für unsere Zukunft wichtig sind

Alte Bohnensorten – sie stehen nicht nur für geschmackliche Vielfalt, sondern auch für ein wichtiges Stück genetisches Erbe. Diese traditionsreichen Sorten, einst an lokale Bedingungen und kulinarische Vorlieben angepasst, sind zunehmend vom Aussterben bedroht. Die Gründe sind vielfältig: Monokulturen, die Dominanz globaler Saatguthersteller und der Klimawandel haben dazu geführt, dass viele dieser Sorten von unseren Feldern und Gärten verschwinden.

Die genetische Vielfalt alter Sorten ist jedoch entscheidend, um zukünftige Herausforderungen in der Landwirtschaft zu bewältigen. Extreme Wetterereignisse wie Dürre oder Starkregen, Krankheiten und Schädlinge erfordern widerstandsfähige Pflanzen. Alte Bohnensorten bieten genau das: ein breites Spektrum an genetischen Eigenschaften, die modernen Hochleistungssorten fehlen. Doch ohne gezielte Maßnahmen drohen diese wertvollen Ressourcen für immer verloren zu gehen (FAO, o.D.).

Eine innovative Lösung, die Wissenschaft und Bürger zusammenbringt, ist das europäische Projekt INCREASE-CSA, das alte Bohnensorten vermehren möchte – mithilfe einer speziell entwickelten App.

Wie alles begann: Das INCREASE-CSA-Projekt

Das Projekt INCREASE-CSA (Cooperation for Smart Agriculture) wurde 2020 von einem europäischen Konsortium ins Leben gerufen, das aus 28 Ländern besteht. Ziel ist es, die genetische Vielfalt von Bohnen zu bewahren und ihre Anpassungsfähigkeit an unterschiedliche Bedingungen zu erforschen. Geleitet wird das Projekt von der Universität Pisa in Italien, die über umfangreiche Erfahrung in der Pflanzenforschung verfügt. Unterstützt wird es durch das Horizon-2020-Programm der Europäischen Union mit einem Budget von mehr als sechs Millionen Euro (European Commission, 2022).

Die Besonderheit von INCREASE-CSA liegt im partizipativen Ansatz: Hobbygärtner aus ganz Europa werden aktiv in die Forschung eingebunden. Anstatt die Arbeit auf wenige Labore zu beschränken, setzt das Projekt auf die Kraft der Gemeinschaft. Über eine eigens entwickelte App können Teilnehmer alte Bohnensorten in ihren Gärten vermehren und dabei wichtige Daten für die Wissenschaft sammeln.

Die rechtliche Grundlage des Projekts ist ein EU-weites Konsortium. Neben der Forschung fördert das Projekt auch das Bewusstsein für die Bedeutung genetischer Vielfalt und nachhaltiger Landwirtschaft.

 

Alte Bohnensorten vermehren – so einfach funktioniert es

Das Projekt alte Bohnensorten vermehren richtet sich an Hobbygärtner, Pflanzenliebhaber und jeden, der etwas für den Erhalt der Biodiversität tun möchte. Die Teilnahme ist denkbar einfach:

  1. Registrierung über die App: Interessierte können sich über die INCREASE-CSA-App anmelden, die sowohl für Android als auch für iOS verfügbar ist.
  2. Erhalt eines Saatgutpakets: Nach der Anmeldung erhalten die Teilnehmer ein Paket mit sechs Bohnensorten – fünf alte Sorten und eine Kontrollsorte. Diese Sorten stammen aus Genbanken und wurden speziell für das Projekt ausgewählt.
  3. Aussaat und Dokumentation: Die Bohnen werden in Gärten, auf Balkonen oder in Gemeinschaftsgärten ausgesät. Über die App dokumentieren die Teilnehmer den gesamten Wachstumsprozess, von der Keimung bis zur Ernte. Dabei werden Daten wie Keimfähigkeit, Blütezeit und Krankheitsresistenz erfasst.
  4. Wissenschaftliche Auswertung: Die gesammelten Daten werden direkt an das Forschungsteam übermittelt, das sie für die Analyse der genetischen Vielfalt nutzt.

Dieser Ansatz bietet eine Win-win-Situation: Die Teilnehmer lernen mehr über nachhaltigen Anbau und tragen gleichzeitig zur Rettung alter Bohnensorten bei. Die Wissenschaftler wiederum profitieren von der enormen Datenmenge, die unter realen Bedingungen gesammelt wird – von Norwegen bis Süditalien, von Küstenregionen bis hin zu Hochgebirgen.

Erfolge: Wie die App alte Sorten zurück in die Gärten bringt

Seit dem Start des Projekts Alte Bohnensorten vermehren wurden über 100.000 Saatgutproben an Teilnehmer in ganz Europa verteilt. Die Ergebnisse sind vielversprechend: Erste wissenschaftliche Analysen zeigen, dass einige der getesteten Sorten außergewöhnlich resistent gegen Hitze und Trockenheit sind – Eigenschaften, die in Zeiten des Klimawandels immer wichtiger werden (European Commission, 2022).

Ein besonders beeindruckendes Beispiel ist die Wiederentdeckung einer spanischen Bohnensorte, die jahrzehntelang als verloren galt. Diese Sorte, bekannt für ihre Resistenz gegen Dürre und ihren hohen Proteingehalt, wurde durch die Teilnehmer erfolgreich angebaut und dokumentiert. Dank der App konnten Forscher die Sorte systematisch untersuchen und ihre Eigenschaften genauer analysieren.

Neben den wissenschaftlichen Erfolgen zeigt das Projekt auch, wie stark es die Teilnehmer begeistert. Viele Hobbygärtner berichten, dass sie durch das Projekt eine neue Wertschätzung für alte Sorten und nachhaltigen Anbau entwickelt haben. Eine Teilnehmerin aus Deutschland erzählt: „Es war unglaublich, die Pflanzen über Wochen hinweg zu beobachten und zu dokumentieren. Ich habe nicht nur etwas über die Bedeutung von Biodiversität gelernt, sondern auch eine ganz persönliche Verbindung zu diesen alten Sorten aufgebaut.“

Herausforderungen und Chancen

Trotz der beeindruckenden Erfolge gibt es Herausforderungen. Die langfristige Sicherung der genetischen Ressourcen bleibt eine zentrale Aufgabe. Zwar werden die Bohnen in den Gärten der Teilnehmer vermehrt, doch für eine dauerhafte Erhaltung ist die Zusammenarbeit mit professionellen Saatgutbanken unerlässlich. Hier arbeitet das Projekt eng mit internationalen Genbanken zusammen, um die Sorten auch für künftige Generationen verfügbar zu machen.

Ein weiterer kritischer Punkt ist die Motivation der Teilnehmer. Die regelmäßige Pflege der Pflanzen und das Eintragen von Daten in die App erfordern Disziplin. Um dies zu fördern, setzt das Projekt auf spielerische Elemente: Teilnehmer können Punkte sammeln und erhalten Auszeichnungen für ihre Beiträge.

Die Verantwortlichen von INCREASE-CSA sind zuversichtlich, dass der partizipative Ansatz nicht nur die genetische Vielfalt von Bohnen rettet, sondern auch als Modell für andere Kulturpflanzen dienen kann.

Eine App, die mehr als Daten sammelt: Ein Modell für die Zukunft

Das Projekt INCREASE-CSA zeigt eindrucksvoll, wie moderne Technologie und Bürgerengagement kombiniert werden können, um globale Herausforderungen zu bewältigen. Die App ermöglicht es nicht nur, alte Bohnensorten zu vermehren, sondern bringt Menschen näher an die Themen Biodiversität, Nachhaltigkeit und Landwirtschaft heran. Es ist ein Beispiel dafür, wie Wissenschaft und Gesellschaft gemeinsam handeln können – für eine Zukunft, in der genetische Vielfalt wieder einen zentralen Platz in unseren Gärten und auf unseren Tellern hat.

Literaturverzeichnis

European Commission. (2022). INCREASE: Smart and sustainable strategies for the preservation of plant genetic resources. Abgerufen von https://cordis.europa.eu/project/id/862862

FAO. (o.D.). The State of the World’s Biodiversity for Food and Agriculture. Abgerufen von https://www.fao.org/3/CA3129EN/CA3129EN.pdf

Universität Pisa. (o.D.). INCREASE-CSA: Preserving genetic diversity in beans. Abgerufen von https://www.unipi.it/index.php/ricerca/item/18174-increase-csa

INCREASE-CSA. (o.D.). Project Overview. Alte Bohnensorten vermehren Abgerufen von https://www.pulsesincrease.eu

 

 

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