Nachhaltigkeit auf kommunaler Ebene: Wie Kommunen mit Strategien die Agenda 2030 vorantreiben können

Die Herausforderung: Komplexität, Zeitdruck und globale Ziele auf lokaler Ebene

Die Halbzeitbilanz der Agenda 2030, die im Jahr 2023 veröffentlicht wurde, war ein Weckruf. Obwohl die 17 globalen Nachhaltigkeitsziele (Sustainable Development Goals, SDGs) bereits seit Jahren festgelegt sind, schreitet ihre Umsetzung weltweit zu langsam voran. Klimawandel, soziale Ungleichheit und Umweltzerstörung verschärfen sich weiter, während die Zeit drängt. Der Druck, effektiv zu handeln, lastet zunehmend auf Kommunen, denn sie gelten als entscheidende Akteure in der Umsetzung globaler Ziele auf lokaler Ebene.

Doch gerade hier zeigt sich die Herausforderung: Die Aufgaben, die Kommunen übernehmen müssen, sind oft komplex und erfordern Entscheidungen, die mehrere Interessensgruppen und Disziplinen betreffen. Der Umbau der lokalen Wirtschaft hin zu mehr Nachhaltigkeit, der Ausbau sozialer Gerechtigkeit und die Verbesserung der Umweltstandards müssen gleichzeitig bewältigt werden – und das in einem Umfeld knapper Ressourcen und politischer Zielkonflikte. Kommunale Entscheidungsprozesse werden zusätzlich durch gesamtgesellschaftliche Veränderungsdynamiken wie Digitalisierung oder demografischen Wandel erschwert.

In diesem Kontext stellt sich die Frage, wie Kommunen es schaffen können, Nachhaltigkeit strukturell und langfristig in ihre Arbeit zu integrieren. Die Antwort liegt in einer systematischen und strategischen Herangehensweise: der kommunalen Nachhaltigkeitsstrategie.

Die Lösung: Die kommunale Nachhaltigkeitsstrategie als Leitfaden für die Zukunft

Eine integrierte kommunale Nachhaltigkeitsstrategie ist kein kurzfristiger Aktionsplan, sondern ein langfristiger, übergreifender Ansatz, der ökologische, soziale und ökonomische Zielsetzungen miteinander verknüpft. Sie bietet Kommunen einen klaren Rahmen, um die globalen Ziele der Agenda 2030 systematisch auf lokaler Ebene umzusetzen.

In Nordrhein-Westfalen unterstützt die LAG 21 NRW (Landesarbeitsgemeinschaft Agenda 21 Nordrhein-Westfalen e.V.) Städte und Gemeinden bei der Entwicklung solcher Strategien. Die LAG 21 NRW wurde 2000 gegründet und hat sich seither zu einem zentralen Akteur im Bereich kommunales Nachhaltigkeitsmanagement entwickelt. Der gemeinnützige Verein mit Sitz in Dortmund arbeitet eng mit Kommunen, Landesbehörden und zivilgesellschaftlichen Organisationen zusammen, um Nachhaltigkeit systematisch in kommunale Strukturen einzubetten. Bis heute hat die Organisation über 50 Kommunen in NRW begleitet, darunter Großstädte wie Dortmund und kleinere Gemeinden wie Vlotho.

Eine der wichtigsten Stärken der LAG 21 NRW ist der kooperative Ansatz. Der Prozess zur Erstellung einer Nachhaltigkeitsstrategie wird als Multistakeholderprozess organisiert, bei dem Vertreter*innen aus Politik, Verwaltung, Wirtschaft und Zivilgesellschaft gemeinsam arbeiten. Dieser Ansatz sorgt nicht nur für einen umfassenden Perspektivwechsel, sondern auch für Akzeptanz und Umsetzungsbereitschaft vor Ort. Die Strategieentwicklung erfolgt in enger Abstimmung mit den 17 Zielen der Agenda 2030, wodurch lokale Maßnahmen mit nationalen und internationalen Rahmenwerken verknüpft werden können.

Erfolgreiche Umsetzungen: Beispiele aus der Praxis

Dortmund: Nachhaltigkeit als Gemeinschaftsaufgabe

Die Stadt Dortmund gehört zu den Vorreitern in Nordrhein-Westfalen, wenn es um Nachhaltigkeit geht. Bereits 2016 begann die Stadt mit Unterstützung der LAG 21 NRW eine umfassende Nachhaltigkeitsstrategie zu entwickeln. Im Fokus standen dabei insbesondere die Förderung von Klimaschutzprojekten, die Verbesserung der Mobilitätsinfrastruktur und die Reduktion von sozialer Ungleichheit.

Ein bemerkenswertes Beispiel ist das Projekt „Nordwärts“, das gezielt die benachteiligten nördlichen Stadtteile adressiert. Hier wurden gemeinsam mit Bürger*innen Maßnahmen entwickelt, um die Lebensqualität zu verbessern. Dazu zählen unter anderem der Ausbau von Grünflächen, die Förderung lokaler Unternehmen und Bildungsprogramme für Jugendliche. Dieser Ansatz zeigt, wie soziale und ökologische Nachhaltigkeit zusammen gedacht werden können – und dass Bürgerbeteiligung ein Schlüssel zum Erfolg ist.

Vlotho: Nachhaltigkeit in kleinen Gemeinden

Auch kleinere Gemeinden profitieren von einer klaren Nachhaltigkeitsstrategie. Die Stadt Vlotho im Kreis Herford begann 2020, mit der LAG 21 NRW an ihrer Strategie zu arbeiten. Besonderes Augenmerk wurde auf die Förderung erneuerbarer Energien gelegt. In enger Zusammenarbeit mit lokalen Energieversorgern und Bürgerinitiativen konnte die Stadt innerhalb von zwei Jahren ihren Anteil an Solar- und Windenergie verdoppeln. Gleichzeitig wurden durch Bildungsprojekte in Schulen und Vereinen Nachhaltigkeitsthemen stärker ins öffentliche Bewusstsein gerückt.

Ein weiteres Highlight ist das Projekt „Grünes Vlotho“, das eine naturnahe Stadtgestaltung zum Ziel hat. Hierzu zählen die Renaturierung des Weserufers und die Anlage von Blumenwiesen in Wohngebieten, die nicht nur die Artenvielfalt fördern, sondern auch das Stadtbild verschönern.

Erfolg durch Multistakeholderprozesse

Ein entscheidender Faktor für den Erfolg der Projekte ist die enge Einbindung aller relevanten Akteure. Durch sogenannte Zukunftswerkstätten und Bürgerforen wird sichergestellt, dass die Menschen vor Ort aktiv an der Entwicklung der Strategien beteiligt werden. Dieses Vorgehen hat nicht nur dazu geführt, dass innovative Ideen eingebracht wurden, sondern auch die Identifikation mit den Projekten gestärkt.

Herausforderungen und Ausblick

Trotz der Erfolge bleibt der Weg zu einer umfassenden Umsetzung der Agenda 2030 steinig. Viele Kommunen stehen vor finanziellen Engpässen, die die Umsetzung nachhaltiger Maßnahmen erschweren. Zudem fehlt es oft an personellen Kapazitäten und fachlichem Know-how, insbesondere in kleineren Gemeinden. Auch der notwendige politische Rückhalt ist nicht immer gegeben, da Nachhaltigkeitsziele mit kurzfristigen ökonomischen Interessen in Konflikt geraten können.

Die LAG 21 NRW arbeitet daher daran, noch mehr Kommunen durch Beratungs- und Schulungsangebote zu unterstützen. Ziel ist es, Nachhaltigkeitsmanagement zu einem festen Bestandteil der kommunalen Verwaltung zu machen und die Bedeutung langfristiger Planung stärker ins Bewusstsein der Entscheidungsträger zu rücken.

Die Agenda 2030 kann nur erreicht werden, wenn die Kommunen konsequent eingebunden werden. Erfolgreiche Beispiele wie Dortmund und Vlotho zeigen, dass dies möglich ist – wenn alle Akteure an einem Strang ziehen. Eine nachhaltige Zukunft ist machbar, aber sie erfordert Mut, Zusammenarbeit und einen klaren strategischen Rahmen.

Quellenangaben

LAG 21 NRW. (o.D.). Kommunale Nachhaltigkeitsstrategien. Abgerufen von https://www.lag21.de/projekte/kommunale-nachhaltigkeitsstrategien/

Stadt Dortmund. (2022). Nachhaltigkeitsstrategie Dortmund. Abgerufen von https://www.dortmund.de/nachhaltigkeit

Stadt Vlotho. (2023). Nachhaltigkeitsprojekte in Vlotho. Abgerufen von https://www.vlotho.de/nachhaltigkeit

Agenda 2030. (2023). Halbzeitbilanz der Agenda 2030. Abgerufen von https://www.un.org/sustainabledevelopment/developments

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