Ein Zuhause auf Zeit: Wie der Lebenshof Siboling Menschen in Krisen ein neues Leben ermöglicht

Ein sicherer Hafen im Chiemgau

Mitten in der idyllischen Landschaft des Chiemgaus liegt der Lebenshof Siboling. Dieser Hof ist weit mehr als ein landwirtschaftlicher Betrieb: Er ist ein Zufluchtsort für Menschen in schwierigen Lebenssituationen, ein Ort der Gemeinschaft und ein Symbol für Hoffnung. Julia und Jörg Backsen, die Betreiber des Hofs, haben es sich zur Lebensaufgabe gemacht, Menschen in Krisensituationen eine Perspektive zu bieten. Hier finden sie nicht nur ein Dach über dem Kopf, sondern auch die Möglichkeit, neue Wurzeln zu schlagen – in einer Atmosphäre von Geborgenheit, Respekt und Unterstützung.

Die Wurzeln des Lebenshofs Siboling

Der Lebenshof Siboling gehört zum Verein „Lebenshaus im Chiemgau e.V.“, einer gemeinnützigen Organisation, die seit ihrer Gründung Menschen in Not hilft. Gegründet wurde der Verein von engagierten Bürgern, die erkannt hatten, dass viele Menschen in sozialen und emotionalen Krisen durch die Maschen staatlicher Unterstützung fallen. Julia und Jörg Backsen brachten ihre Vision von einem offenen Zuhause in den Verein ein und eröffneten den Lebenshof Siboling als konkretes Projekt. Seit mehr als zwei Jahrzehnten ist der Hof ein Zufluchtsort für Menschen, die aus verschiedenen Gründen den Halt im Leben verloren haben.

Julia und Jörg Backsen sind selbst Eltern von drei eigenen Kindern und zwei Pflegekindern. Ihre langjährige Erfahrung im Umgang mit unterschiedlichen Bedürfnissen und Herausforderungen prägt die Atmosphäre des Hofs. Der Lebenshof ist nicht als professionelle Therapieeinrichtung konzipiert, sondern als familiärer Ort, an dem Menschen in Ruhe ihre Lebenssituation reflektieren und neue Schritte wagen können.

Die Herausforderungen: Was Menschen zum Lebenshof führt

Die Gäste, die den Lebenshof aufsuchen, haben oft schwierige Geschichten hinter sich. Einige kommen aus belasteten Familiensituationen, andere haben längere Phasen der Arbeitslosigkeit erlebt oder kämpfen mit psychischen Erkrankungen. Besonders junge Erwachsene, die aus der Jugendhilfe entlassen werden, stehen häufig vor der Herausforderung, ohne familiäre Unterstützung ins Leben starten zu müssen. Für viele von ihnen ist der Lebenshof die letzte Chance, bevor sie in die Wohnungslosigkeit abrutschen.

Ein Beispiel ist Vroni, eine junge Frau, die nach ihrer Zeit im Kinderheim den Weg zum Lebenshof fand. Nach Jahren ohne familiären Rückhalt fand sie hier zum ersten Mal ein Gefühl von Zugehörigkeit und Stabilität. „Es war, als hätte ich zum ersten Mal eine richtige Familie“, erzählt sie. Vroni ist nur eine von vielen, deren Lebensweg durch die Unterstützung des Hofs eine positive Wendung nahm.

Der Alltag auf dem Lebenshof

Der Lebenshof ist ein aktiver landwirtschaftlicher Betrieb, der durch die Arbeit seiner Bewohner und Gäste lebt. Auf dem Hof werden Tiere wie Mutterkühe, Ziegen, Schafe, Esel und Pferde gehalten. Es gibt außerdem einen großen Garten, in dem Obst und Gemüse angebaut werden. Die Gäste des Hofs werden ermutigt, sich aktiv in den Betrieb einzubringen, sei es bei der Versorgung der Tiere, im Garten oder im Haushalt.

Die Arbeit hat dabei nicht nur einen praktischen Nutzen, sondern erfüllt auch eine therapeutische Funktion. Sie gibt den Gästen Struktur und eine Aufgabe, die ihnen hilft, den Tag zu bewältigen und ihr Selbstvertrauen wieder aufzubauen. Die Pflege der Tiere fördert zudem emotionale Bindungen, die für viele Gäste eine ganz neue Erfahrung sind.

„Die Arbeit mit den Tieren hat mir gezeigt, dass ich gebraucht werde“, sagt ein ehemaliger Gast des Hofs. Solche Erlebnisse tragen dazu bei, dass die Gäste auf dem Hof nicht nur Unterstützung finden, sondern auch einen neuen Lebenssinn.

Veranstaltungen und Gemeinschaft

Neben dem Alltag auf dem Hof organisiert der Lebenshof regelmäßig Veranstaltungen, die den Austausch zwischen den Gästen und der umliegenden Gemeinde fördern. Ein beliebtes Beispiel ist das Hoftreff-Café, das jeden Sommer sonntags stattfindet. Hier kommen Gäste, Mitarbeiter und Dorfbewohner zusammen, um bei Kaffee und Kuchen ins Gespräch zu kommen. Solche Begegnungen schaffen nicht nur ein Gefühl der Zugehörigkeit, sondern helfen den Gästen auch, sich wieder in eine soziale Gemeinschaft einzufügen.

Auch besondere Aktionen wie Hofkonzerte oder Workshops tragen zur Integration bei. Diese Veranstaltungen machen den Lebenshof zu einem lebendigen Ort, an dem Gäste und Nachbarn zusammenkommen und voneinander lernen können.

Die Finanzierung: Ein Netzwerk aus Unterstützern

Der Betrieb des Lebenshofs Siboling wäre ohne die Unterstützung von Spendern und Ehrenamtlichen nicht möglich. Die Gäste des Hofs zahlen, sofern sie finanziell dazu in der Lage sind, einen kleinen Unkostenbeitrag. Für diejenigen, die diese Mittel nicht aufbringen können, greift der Verein „Lebenshaus im Chiemgau e.V.“ ein, der durch Spenden und Fördermittel getragen wird. Besonders in finanziell schwierigen Zeiten ist dieses Netzwerk von Unterstützern essenziell, um den Betrieb des Hofs und die Betreuung der Gäste sicherzustellen.

Erfolgreiche Umsetzungen: Beispiele aus der Praxis

Die Geschichte von Vroni ist nur eine von vielen Erfolgsgeschichten, die auf dem Lebenshof ihren Anfang nahmen. Ein weiteres Beispiel ist Lukas, ein junger Mann, der nach dem Verlust seiner Eltern den Halt verlor und schließlich auf der Straße landete. Auf dem Lebenshof fand er nicht nur ein Bett, sondern auch Menschen, die ihn ernst nahmen. Durch die Arbeit auf dem Hof und die Unterstützung der Gemeinschaft konnte Lukas sein Selbstvertrauen wiedergewinnen und schaffte es, eine Ausbildung zu beginnen.

Ein anderes Beispiel ist die Zusammenarbeit mit lokalen Schulen und sozialen Einrichtungen. Jugendliche, die mit Schulverweigerung oder anderen Problemen zu kämpfen haben, können auf dem Hof für kurze Zeit mitarbeiten. Diese Aufenthalte helfen oft, die Jugendlichen wieder in einen strukturierten Alltag zu integrieren und neue Perspektiven zu eröffnen.

Herausforderungen und Zukunft

Die Arbeit auf dem Lebenshof bringt viele Herausforderungen mit sich. Jeder Gast bringt eine eigene Geschichte und eigene Bedürfnisse mit, auf die individuell eingegangen werden muss. Gleichzeitig erfordert der Betrieb des Hofs erhebliche personelle und finanzielle Ressourcen. Julia und Jörg Backsen sehen diese Herausforderungen jedoch als Antrieb, weiterzumachen.

In Zukunft plant der Lebenshof, das Angebot weiter auszubauen, etwa durch die Schaffung von zusätzlichen Wohnmöglichkeiten oder die Einrichtung eines speziellen Programms für Jugendliche. Auch die Zusammenarbeit mit anderen sozialen Projekten in der Region soll intensiviert werden, um Synergien zu schaffen.

Fazit: Ein Ort der Hoffnung

Der Lebenshof Siboling ist ein einzigartiges Beispiel dafür, wie Engagement und Gemeinschaftssinn Menschen in schwierigen Lebenssituationen helfen können. Julia und Jörg Backsen haben mit ihrem Hof nicht nur einen Ort der Zuflucht geschaffen, sondern auch einen Platz, an dem Menschen die Möglichkeit haben, ihr Leben neu zu beginnen. Ihre Arbeit zeigt, dass es auch in einer oft hektischen und individualistischen Welt möglich ist, Orte der Menschlichkeit und Hoffnung zu schaffen.

Quellenangaben

  • Lebenshaus im Chiemgau e.V. (n.d.). Informationen zum Lebenshof. Abgerufen von: https://www.lebenshaus-im-chiemgau.de/

  • Bayerischer Rundfunk. (2023). Lebenshof Siboling: Ein Zuhause auf Zeit. Abgerufen von: https://www.br.de/

  • Lebenshaus im Chiemgau e.V. – Aktuelles. (n.d.). Abgerufen von: https://www.lebenshaus-im-chiemgau.de/aktuelles

  • Lebenshaus im Chiemgau e.V. – Vereinsziele. (n.d.). Abgerufen von: https://www.lebenshaus-im-chiemgau.de/ziele

 

guteideen.org © 2024 by Gute Ideen ist lizenziert unter CC BY 4.0 . Kurz erklärt: Nutze alles und verlinke auf diesen Artikel.

Schreibe einen Kommentar

Deine E-Mail-Adresse wird nicht veröffentlicht. Erforderliche Felder sind mit * markiert