Unsere Lebensmittelversorgung steht vor massiven Herausforderungen: Die Umwelt leidet unter der industrialisierten Landwirtschaft, kleine Erzeuger kämpfen ums Überleben, und Konsument:innen verlieren den Bezug zu ihrer Nahrung. In Bayreuth nimmt eine engagierte Verbrauchergemeinschaft diese Probleme direkt in Angriff: Hamsterbacke e.V. Mit einem Unverpacktladen und solidarischen Strukturen vereint der Verein Regionalität, Nachhaltigkeit und Gemeinschaft – und schafft so ein Modell, das weit über die Region hinausstrahlt.
Die Probleme der modernen Lebensmittelversorgung
Die heutige Lebensmittelversorgung ist geprägt von globalisierten Lieferketten, intransparenten Produktionsbedingungen und Umweltschäden. Rund ein Drittel aller CO₂-Emissionen weltweit werden durch die Landwirtschaft verursacht, vor allem durch den Transport und die industrielle Produktion (TransitionHaus, 2023). Lebensmittel reisen oft tausende Kilometer, bevor sie im Supermarkt landen – eine Belastung für das Klima und ein Symptom für ein System, das den Kontakt zwischen Produzent:innen und Konsument:innen verloren hat.
Hinzu kommt die Machtkonzentration: Nur wenige Großkonzerne beherrschen den Markt und diktieren Preise. Regionale Landwirt:innen, die auf ökologische und nachhaltige Praktiken setzen, können oft nicht mithalten. Gleichzeitig explodieren Verpackungsmüll und Lebensmittelverschwendung. In Deutschland werden jährlich über 18 Millionen Tonnen Verpackungen verwendet – ein Großteil davon für Lebensmittel (Forum 1.5, 2023).
Auch soziale Faktoren spielen eine Rolle: In einer zunehmend anonymen Gesellschaft sehnen sich viele Menschen nach persönlicheren, transparenteren Beziehungen zu den Produzent:innen ihrer Lebensmittel.
Die Entstehung der Hamsterbacke e.V.
Im Jahr 2019 wurde der Verein Hamsterbacke e.V. von einer Gruppe engagierter Bürger:innen gegründet, die eine Alternative zu diesem System schaffen wollten. Ihr Ziel: Eine Plattform, auf der Verbraucher:innen direkten Zugang zu regionalen, unverpackten und biologisch produzierten Lebensmitteln haben und gleichzeitig die lokale Landwirtschaft unterstützt wird (Hamsterbacke e.V., 2023a).
Die Idee entsprang der Transition-Town-Bewegung in Bayreuth, die sich für Nachhaltigkeit und Resilienz auf lokaler Ebene einsetzt. Die Gründungsmitglieder, darunter Umweltaktivist:innen, Sozialarbeiter:innen und Unternehmer:innen, starteten den Verein mit einer einfachen Vision: „Ernährungswende von unten“ (Hamsterbacke e.V., 2023a).
Mit Unterstützung durch Fördergelder und ehrenamtliches Engagement konnte der Verein 2020 einen eigenen Unverpacktladen am Hohenzollernring 67 eröffnen. Dort finden Verbraucher:innen heute eine breite Auswahl an Lebensmitteln: von frischem Obst und Gemüse über Getreide und Hülsenfrüchte bis hin zu Molkereiprodukten – alles unverpackt, regional und biologisch zertifiziert.
Wie die Hamsterbacke funktioniert
Hamsterbacke e.V. ist kein klassischer Supermarkt. Der Laden versteht sich als Marktplatz und Drehscheibe für eine nachhaltige Lebensmittelversorgung. Mitglieder des Vereins können nicht nur einkaufen, sondern auch aktiv an der Gestaltung teilnehmen. Entscheidungsfindung erfolgt basisdemokratisch, jedes Mitglied hat eine Stimme (Hamsterbacke e.V., 2023b).
Besonders wichtig ist die Nähe zu den Erzeuger:innen. Der Verein kooperiert mit über 30 regionalen Betrieben, darunter Biolandwirt:innen, Käsereien und Bäckereien. Diese Zusammenarbeit garantiert faire Preise für die Produzent:innen und höchste Transparenz für die Konsument:innen. Viele Mitglieder schätzen die Möglichkeit, die Menschen hinter ihren Lebensmitteln persönlich kennenzulernen – sei es bei Hofbesuchen, Workshops oder gemeinsamen Ernteaktionen.
Ein Erfolgsbeispiel ist die Zusammenarbeit mit einem kleinen Hof in der Nähe von Bayreuth, der auf alte Getreidesorten spezialisiert ist. Dank der Kooperation mit Hamsterbacke konnte der Betrieb sein Angebot erweitern und neue Kund:innen gewinnen, ohne auf den Druck der Großhändler eingehen zu müssen. Gleichzeitig lernen die Mitglieder im Rahmen von Exkursionen, wie viel Arbeit hinter dem Anbau steckt (TransitionHaus, 2023).
Der Ladenbetrieb: Nachhaltigkeit im Fokus
Im Laden selbst wird Nachhaltigkeit großgeschrieben. Kund:innen bringen ihre eigenen Behälter mit, um Verpackungen zu vermeiden, und der Strom stammt aus erneuerbaren Energien. Der Verein achtet zudem darauf, dass die Produkte kurze Lieferwege haben. Frisches Gemüse stammt beispielsweise aus einem Umkreis von maximal 30 Kilometern (Hamsterbacke e.V., 2023b).
Der Laden wird überwiegend von Ehrenamtlichen betrieben. Diese leisten nicht nur einen wichtigen Beitrag zur Kostensenkung, sondern schaffen auch eine besondere Atmosphäre. „Es fühlt sich hier nicht wie Einkaufen an, sondern wie ein Treffen mit Freund:innen“, beschreibt ein Mitglied das Einkaufserlebnis.
Bildung und Gemeinschaft
Die Hamsterbacke e.V. ist mehr als nur ein Ort, an dem Lebensmittel verkauft werden. Der Verein versteht sich als Bildungsplattform, die das Bewusstsein für nachhaltige Ernährung stärkt. Regelmäßig werden Workshops angeboten, etwa zu den Themen „Zero Waste im Alltag“ oder „Fermentation von Lebensmitteln“. Auch Kinder und Jugendliche werden einbezogen: In Kooperation mit Schulen organisiert der Verein Projekttage, bei denen junge Menschen lernen, wie sie verantwortungsvoll mit Ressourcen umgehen können (Forum 1.5, 2023).
Neben der Bildung spielt die Gemeinschaft eine zentrale Rolle. Sommerfeste, gemeinsame Kochabende und Stammtische fördern den Austausch zwischen Mitgliedern und schaffen ein Netzwerk, das weit über die bloße Lebensmittelversorgung hinausgeht. Ein Mitglied beschreibt: „Durch die Hamsterbacke habe ich nicht nur tolle Produkte, sondern auch neue Freund:innen gefunden.“
Herausforderungen und Ausblick
Trotz des Erfolgs steht die Hamsterbacke vor Herausforderungen. Der Betrieb des Ladens und die Organisation von Veranstaltungen erfordern viel Engagement – oft mehr, als Ehrenamtliche leisten können. Zudem kämpft der Verein mit den steigenden Kosten für Miete und Energien.
Doch die Vision bleibt klar: Hamsterbacke e.V. will weiter wachsen, mehr Mitglieder gewinnen und die Idee der solidarischen Landwirtschaft verbreiten. Eine langfristige Zusammenarbeit mit weiteren regionalen Betrieben ist bereits in Planung, ebenso wie die Einführung eines mobilen Marktwagens, der auch Menschen in ländlicheren Regionen erreicht.
Die Hamsterbacke zeigt: Eine nachhaltige Lebensmittelversorgung ist möglich, wenn Menschen zusammenarbeiten und Verantwortung übernehmen. Sie ist ein Beispiel dafür, wie kleine, lokale Initiativen die großen Probleme unserer Zeit angehen können.
Quellenangaben
Hamsterbacke e.V. (2023a) Über uns – Hamsterbacke e.V. Verfügbar unter: https://hamsterbacke-bayreuth.de/uber-uns/ (Zugriff: 16. November 2024).
Hamsterbacke e.V. (2023b) Unverpackt – Regional – Kooperativ. Verfügbar unter: https://hamsterbacke-bayreuth.de/ (Zugriff: 16. November 2024).
TransitionHaus (2023) Hamsterbacke – TransitionHaus. Verfügbar unter: https://transition-bayreuth.de/hamsterbacke/ (Zugriff: 16. November 2024).
Forum 1.5 (2023) Hamsterbacke e.V. – die Erzeuger-Verbrauchergemeinschaft. Verfügbar unter: https://forum1punkt5.de/projekte/ernaehrungswende/hamsterbacke-e-v/ (Zugriff: 16. November 2024).
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