Stadtbäume in Not: Wie das Bürgerprojekt Stadtgrün und Klima den Kampf gegen den Klimawandel unterstützt

Die Klimakrise macht auch vor der Stadt nicht halt. Hitzeinseln, langanhaltende Dürreperioden und immer häufiger auftretende Stürme setzen den Bäumen in urbanen Räumen erheblich zu. Stadtgrün, das als natürlicher Schutzschild gegen Überhitzung wirkt, gerät zunehmend unter Druck. Das bundesweite Bürgerprojekt Stadtgrün und Klima widmet sich genau dieser Problematik und setzt auf Bürgerbeteiligung, um Lösungen zu finden. Doch wie funktioniert das Projekt, wer steckt dahinter, und welche Erfolge konnten bereits verzeichnet werden?

Klimakrise in den Städten: Das Problem hinter dem Projekt

Städte heizen sich aufgrund der hohen Versiegelung von Flächen und der Konzentration von Gebäuden wesentlich schneller und stärker auf als ländliche Gebiete. Dieser sogenannte „Heat Island“-Effekt verstärkt die negativen Auswirkungen steigender globaler Temperaturen. Besonders betroffen sind Stadtbäume, die in ihrem natürlichen Lebensraum oft über Jahrzehnte angepasst sind, in der Stadt jedoch unter erschwerten Bedingungen existieren müssen. Neben Hitze und Trockenheit machen ihnen schlechte Böden, Abgase und die immer stärker werdende Versiegelung ihrer Wurzeln zu schaffen. Die Folge: Viele Bäume sterben frühzeitig ab oder verlieren ihre Fähigkeit, die Lebensqualität in den Städten durch Schattenwurf, Sauerstoffproduktion und Feinstaubbindung zu verbessern.

Ein weiterer Faktor ist die Artenvielfalt. In vielen Städten wurden jahrzehntelang Baumarten gepflanzt, die heute den sich verändernden Bedingungen nicht mehr gewachsen sind. Dies macht es schwierig, widerstandsfähige und nachhaltige Begrünungsstrategien für die Zukunft zu entwickeln. Hier setzt das Bürgerprojekt Stadtgrün und Klima  an.

Das Bürgerprojekt Stadtgrün und Klima: Ein Projekt für die Zukunft

Das bundesweite Projekt wurde 2018 von einem interdisziplinären Team aus Wissenschaftlerinnen, Stadtplanern und Klimaforscherinnen ins Leben gerufen. Geleitet wird es von der Deutschen Klima- und Umweltstiftung (DKUS), einer gemeinnützigen Organisation mit Sitz in Berlin. Ziel ist es, die Auswirkungen des Klimawandels auf urbane Bäume systematisch zu dokumentieren und langfristige Strategien für widerstandsfähigeres Stadtgrün zu entwickeln.

Das Besondere: Das Projekt setzt auf Citizen Science – die aktive Beteiligung von Bürgerinnen und Bürgern an wissenschaftlichen Forschungen. Mit einer kostenlosen App können Freiwillige in ihrer Stadt Bäume kartieren, Schäden dokumentieren und Veränderungen über die Jahre nachverfolgen. Neben der digitalen Plattform werden regelmäßig lokale Workshops angeboten, in denen Teilnehmer lernen, Baumarten zu bestimmen und ökologische Zusammenhänge zu verstehen.

Die DKUS, die als gemeinnützige GmbH organisiert ist, beschäftigt aktuell ein Kernteam von 15 Mitarbeitenden und arbeitet eng mit über 30 Kommunen und Forschungsinstituten zusammen. Finanziert wird das Projekt durch Fördergelder des Bundesministeriums für Umwelt, Naturschutz und nukleare Sicherheit (BMU) sowie durch Spenden. Mit über 50.000 aktiven Teilnehmern bundesweit gehört „Stadtgrün und Klima“ zu den erfolgreichsten Citizen-Science-Projekten in Deutschland.

Der Weg zum Erfolg: Wie Bürgerbeteiligung echte Lösungen schafft

Ein herausragendes Beispiel für die Wirksamkeit des Projekts ist die Zusammenarbeit mit der Stadt Leipzig. Hier wurden zwischen 2019 und 2023 über 5.000 Bäume vom Das Bürgerprojekt Stadtgrün und Klima detailliert untersucht. Besonders beeindruckend: Die Daten führten dazu, dass die Stadt ihre Pflanzstrategie grundlegend überarbeitete. Statt der bisher dominierenden Rosskastanie, die besonders anfällig für Hitze und Schädlinge ist, wurden vermehrt hitzetolerante Arten wie der Zürgelbaum oder die Hopfenbuche gepflanzt.

Auch die Stadt Karlsruhe konnte durch das Projekt wertvolle Erkenntnisse gewinnen. 2020 dokumentierten Freiwillige eine plötzliche Zunahme von Blattverfärbungen bei Eschen. Eine genauere Analyse ergab, dass diese Bäume durch eine Kombination aus Trockenstress und Pilzbefall stark geschwächt waren. Auf Basis dieser Daten setzte die Stadt frühzeitig Gegenmaßnahmen um, darunter die regelmäßige Bewässerung und den präventiven Einsatz biologischer Pflanzenschutzmittel.

Ein weiteres Erfolgsbeispiel ist die Einführung von „Grünen Korridoren“ in Hamburg, bei der Straßenbaumarten gezielt so ausgewählt werden, dass sie Biodiversität fördern und gleichzeitig den steigenden Temperaturen trotzen können. Die Grundlage für diese Maßnahmen lieferten Bürgerdaten, die zeigten, welche Arten unter den neuen Klimabedingungen besonders gut gedeihen.

Wissenschaft und Engagement Hand in Hand

Neben der praktischen Wirkung hat das Projekt auch eine starke wissenschaftliche Komponente. Die DKUS arbeitet eng mit Universitäten zusammen, um die gesammelten Daten auszuwerten und Modellprognosen für die Entwicklung urbaner Wälder zu erstellen. Die Ergebnisse fließen nicht nur in lokale Pflanzstrategien ein, sondern werden auch international in der Stadtplanung diskutiert.

Was das Projekt jedoch besonders macht, ist die Verbindung von Wissenschaft und bürgerlichem Engagement. Teilnehmerinnen berichten immer wieder von der großen persönlichen Bedeutung ihrer Arbeit. „Ich habe erst durch das Projekt gelernt, wie viele verschiedene Baumarten es in meiner Stadt gibt und wie sehr jeder einzelne Baum unter den Bedingungen leidet“, sagt Claudia Richter, eine Freiwillige aus München.

Ein weiteres Highlight sind die lokalen Veranstaltungen. In Bonn etwa wurde 2022 ein „Baumfestival“ organisiert, bei dem Bürgerinnen nicht nur an Workshops teilnahmen, sondern auch symbolisch neue Bäume pflanzten. Die Aktion zeigte, wie viel Motivation und Gemeinschaftsgefühl durch das Projekt entstehen kann.

Die Zukunft des Stadtgrüns

Die Erfolge von dem Bürgerprojekt Stadtgrün und Klima zeigen, dass bürgerliches Engagement und wissenschaftliche Expertise gemeinsam dazu beitragen können, Städte widerstandsfähiger gegen den Klimawandel zu machen. Doch der Weg ist noch lang. Zwar wurden bereits tausende Datenpunkte gesammelt, doch das eigentliche Ziel, flächendeckend widerstandsfähige Stadtbegrünung zu etablieren, bleibt eine Herausforderung.

Die Initiatoren hoffen, das Projekt in den kommenden Jahren noch weiter auszubauen. Geplant ist unter anderem die Einführung einer verbesserten App-Version mit automatischer Baumartenerkennung durch Künstliche Intelligenz. Auch der Ausbau internationaler Kooperationen, insbesondere mit Städten in Südeuropa, steht auf der Agenda.

Fazit

Das Bürgerprojekt Stadtgrün und Klima ist ein beeindruckendes Beispiel dafür, wie Bürgerwissenschaft einen Unterschied machen kann. In einer Zeit, in der der Klimawandel immer stärker spürbar wird, zeigt das Projekt, dass lokale Maßnahmen und die aktive Einbindung der Bevölkerung essenziell für nachhaltige Lösungen sind. Es macht Hoffnung, dass mit vereinten Kräften Städte grüner und widerstandsfähiger gestaltet werden können – für heutige und künftige Generationen.


Quellen

  1. Deutsche Klima- und Umweltstiftung. „Das Bürgerprojekt Stadtgrün und Klima  – Projektübersicht.“ Verfügbar unter: https://www.dkus.de/stadtgruen-und-klima

  2. Bundesministerium für Umwelt, Naturschutz und nukleare Sicherheit. „Förderprogramme für urbanes Grün.“ Verfügbar unter: https://www.bmu.de/urbanes-gruen

  3. Stadt Leipzig. „Das Bürgerprojekt Stadtgrün und Klima Pflanzstrategien im Klimawandel.“ Verfügbar unter: https://www.leipzig.de/pflanzstrategien

  4. Citizen Science Plattform. „Das Bürgerprojekt Stadtgrün und Klima Bürgerwissenschaft in der Praxis.“ Verfügbar unter: https://www.citizen-science.de

 

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