Die Kinderbürgermeisterin von Thalheim. Warum es eine Erfolgsgeschichte ist.

In einer Zeit, in der politische Teilhabe und demokratische Bildung zunehmend an Bedeutung gewinnen, setzt die Stadt Thalheim im Erzgebirge ein bemerkenswertes Zeichen: Seit 2018 haben Kinder im Alter von sechs bis zwölf Jahren die Möglichkeit, ihre eigenen Bürgermeisterinnen und Bürgermeister zu wählen. Dieses innovative Projekt zielt darauf ab, die jüngsten Bürgerinnen und Bürger aktiv in kommunale Entscheidungsprozesse einzubeziehen und ihnen eine Plattform für ihre Anliegen zu bieten.

Das Problem: Fehlende Partizipation von Kindern in der Kommunalpolitik

Traditionell sind politische Prozesse und Entscheidungen auf die erwachsene Bevölkerung ausgerichtet. Die Bedürfnisse und Perspektiven von Kindern werden dabei oft übersehen oder nicht ausreichend berücksichtigt. Dies führt dazu, dass städtische Entwicklungen, wie die Gestaltung von Spielplätzen oder Schulwegen, nicht immer den tatsächlichen Bedürfnissen der Kinder entsprechen. Zudem fehlt es Kindern häufig an Möglichkeiten, demokratische Prozesse hautnah zu erleben und zu verstehen, was langfristig zu einer geringeren politischen Beteiligung führen kann.

Die Lösung: Einführung des Amtes der Kinderbürgermeisterin

Um diesem Defizit entgegenzuwirken, initiierte die Stadt Thalheim im Jahr 2018 das Projekt „Kinderbürgermeisterin“. Unterstützt durch das Programm „Demokratie in Kinderhand“ der Deutschen Kinder- und Jugendstiftung, wurde ein Rahmen geschaffen, der es Kindern ermöglicht, aktiv an der Gestaltung ihrer Stadt mitzuwirken. Die Idee wurde maßgeblich von Bürgermeister Nico Dittmann vorangetrieben, der bereits in der fränkischen Partnerstadt Markt Roßtal positive Erfahrungen mit einem ähnlichen Konzept gesammelt hatte.

Die Wahl zur Kinderbürgermeisterin steht allen Kindern im Alter von sechs bis zwölf Jahren offen. Die Amtszeit beträgt zwei Jahre, mit der Möglichkeit einer Verlängerung. Die gewählten Kinderbürgermeisterinnen und -bürgermeister fungieren als Sprachrohr ihrer Altersgenossen und bringen deren Anliegen in den Stadtrat ein. Sie werden dabei von der Quartiersmanagerin Sylvia Schlicke unterstützt, die als Schnittstelle zwischen den Kindern und der Stadtverwaltung agiert.

 

Erfolgreiche Umsetzung und realisierte Projekte

Die ersten gewählten Kinderbürgermeisterinnen, Nikita Ihle und Josy Mohr, traten ihr Amt offiziell am 1. Januar 2019 an. Bereits in ihrer Amtszeit setzten sie zahlreiche Projekte um, die die Lebensqualität der Kinder in Thalheim verbesserten.

Ein herausragendes Beispiel ist die Planung und Eröffnung des Generationen-Spielplatzes. Durch die aktive Beteiligung der Kinderbürgermeisterinnen wurden die Bedürfnisse der jungen Bevölkerung direkt in die Gestaltung des Spielplatzes integriert. Zudem initiierten sie Baumpflanzaktionen und setzten sich für die Anschaffung von Sitzsäcken in öffentlichen Bereichen ein, um kinderfreundliche Aufenthaltsorte zu schaffen.

Ihre Arbeit blieb nicht unbemerkt: Im Dezember 2021 wurden Nikita Ihle und Josy Mohr mit dem Deutschen Engagementpreis in der Kategorie „Zusammenhalt leben“ ausgezeichnet. Diese Ehrung würdigte ihren herausragenden Einsatz für die Gemeinschaft und die Förderung der Partizipation von Kindern in der Kommunalpolitik.

Die Nachfolgerin, Alessia Meischner, setzte die erfolgreiche Arbeit fort. Unter ihrer Leitung wurden weitere Kinderstadtratssitzungen abgehalten, bei denen aktuelle Themen und Projekte diskutiert wurden. Zudem engagierte sie sich in der Öffentlichkeitsarbeit und trat in verschiedenen Medien auf, um das Bewusstsein für die Bedeutung der Kinderbeteiligung zu schärfen.

Auswirkungen auf die Stadtgesellschaft

Die Einführung des Amtes der Kinderbürgermeisterin hat in Thalheim zu einer spürbaren Veränderung in der Stadtgesellschaft geführt. Die Kinder fühlen sich ernst genommen und erleben, dass ihre Meinungen und Ideen Gehör finden. Dies stärkt nicht nur ihr Selbstbewusstsein, sondern fördert auch ein frühzeitiges Verständnis für demokratische Prozesse.

Zudem hat das Projekt positive Auswirkungen auf die Erwachsenenbevölkerung. Durch die Einbindung der Kinderperspektive werden Entscheidungen ganzheitlicher getroffen, was zu einer höheren Zufriedenheit innerhalb der Gemeinschaft führt. Die Stadtverwaltung profitiert von frischen Ideen und einem besseren Verständnis für die Bedürfnisse aller Altersgruppen.

Fazit

Thalheim zeigt eindrucksvoll, wie durch die aktive Einbindung von Kindern in politische Prozesse eine lebendige und inklusive Stadtgesellschaft entstehen kann. Das Projekt der Kinderbürgermeisterinnen dient als Vorbild für andere Kommunen und unterstreicht die Bedeutung der Partizipation aller Bürgerinnen und Bürger, unabhängig vom Alter.

Quellen

Schreibe einen Kommentar

Deine E-Mail-Adresse wird nicht veröffentlicht. Erforderliche Felder sind mit * markiert