Die Rückkehr zu traditionellen Forstmethoden
Die Forstwirtschaft steht weltweit vor großen Herausforderungen. Die Übernutzung von Wäldern, der Einsatz schwerer Maschinen und der Klimawandel setzen den Wäldern zu. Gerade in Deutschland, einem Land mit einer langen Tradition nachhaltiger Forstwirtschaft, hat sich die Situation verschärft: Monokulturen aus Fichten und Kiefern sind anfällig für Schädlinge wie den Borkenkäfer und extreme Wetterereignisse. Die zunehmende Trockenheit und Hitze erschweren es den Bäumen, sich zu regenerieren. Gleichzeitig verschärfen große Erntemaschinen die Problematik, indem sie Waldböden verdichten und junge Pflanzen zerstören. Inmitten dieser Krise setzen einige Forstunternehmer auf alte, naturschonende Methoden – wie Michael, ein Forstunternehmer aus Bayern, der Holz mit Pferden aus dem Wald holt.
Michael betreibt sein Unternehmen im Einklang mit der Natur. Sein Ansatz scheint auf den ersten Blick romantisch, doch er basiert auf fundierten Überlegungen zur nachhaltigen Forstwirtschaft. Die Rückbesinnung auf traditionelle Techniken könnte ein Schlüssel sein, um die Wälder zu retten. Doch wie funktioniert dieses Modell und welche Vorteile bietet es?
Das Problem: Zerstörung durch moderne Forstmethoden
Die moderne Forstwirtschaft ist geprägt von Effizienz und hohen Erträgen. Große Harvester – sogenannte Vollernter – können in wenigen Stunden massive Mengen Holz schlagen. Doch diese Maschinen bringen auch massive Schäden mit sich. Der Waldboden, eine empfindliche Lebensgrundlage für Pflanzen und Tiere, wird durch das Gewicht der Fahrzeuge stark verdichtet. Wasser und Nährstoffe können nicht mehr richtig aufgenommen werden, was das Wachstum neuer Bäume erschwert. Zudem werden kleine Setzlinge und junge Bäume durch die Maschinen oft unwiederbringlich zerstört.
Diese Probleme wirken sich langfristig auf das Ökosystem aus. Verdichtete Böden und die Reduktion der Biodiversität machen Wälder anfälliger für Schädlinge und Krankheiten. Die intensive Nutzung hat zudem soziale und kulturelle Folgen: Viele Menschen, die im Wald arbeiten, fühlen sich von der industrialisierten Forstwirtschaft entfremdet. Die traditionelle Verbindung zwischen Mensch und Natur, die über Jahrhunderte bestand, ist vielerorts verloren gegangen.
Die Lösung: Holzrücken mit Pferden
Michael hat sich bewusst für einen anderen Weg entschieden. Statt schwerer Maschinen nutzt er Kaltblutpferde, um Holz aus dem Wald zu transportieren – eine Methode, die als „Holzrücken“ bekannt ist. Dieser Ansatz ist nicht nur naturschonender, sondern auch wirtschaftlich konkurrenzfähig, insbesondere in schwierigem Gelände oder ökologisch sensiblen Gebieten.
Michael erklärt, dass der größte Vorteil dieser Methode in der Bodenschonung liegt. Während Maschinen den Waldboden verdichten, hinterlassen Pferde nur minimale Spuren. „Die Natur hat keine Eile“, sagt er. „Wenn wir sie respektieren, gibt sie uns alles, was wir brauchen.“ Mit dieser Philosophie hat er ein Geschäftsmodell entwickelt, das Tradition und Moderne miteinander verbindet.
Seine Pferde, gut trainierte Noriker, ziehen die gefällten Baumstämme aus dem Wald, ohne die umliegende Vegetation zu beschädigen. Diese Methode erfordert zwar mehr Zeit und Planung, doch die Vorteile sind vielfältig: Der Boden bleibt intakt, die Biodiversität wird geschützt, und die Wälder können sich schneller regenerieren. Zudem wird durch den Verzicht auf fossile Brennstoffe der CO₂-Ausstoß reduziert, was Michaels Ansatz besonders klimafreundlich macht.
Ein Unternehmen im Einklang mit der Natur
Michael betreibt sein Unternehmen als Einzelunternehmer, unterstützt von einer kleinen Gruppe Gleichgesinnter. Gegründet hat er seine Firma vor etwa zehn Jahren, nachdem er die Zerstörung durch Maschinen in den Wäldern seiner Heimat beobachtet hatte. „Ich wollte etwas verändern und einen Weg finden, nachhaltig zu arbeiten“, sagt er. Heute ist er ein gefragter Partner für Waldbesitzer, die Wert auf ökologische Forstwirtschaft legen.
Sein Unternehmen ist bewusst klein geblieben. Michael beschäftigt zwei Angestellte, die ebenfalls im Holzrücken mit Pferden ausgebildet sind. Für größere Projekte kooperiert er mit anderen traditionellen Forstbetrieben in der Region. Diese Vernetzung ermöglicht es ihm, auch umfangreichere Aufträge anzunehmen, ohne die Prinzipien der Nachhaltigkeit zu verletzen.
Erfolgreiche Projekte als Vorbild
Die Erfolgsgeschichten von Michaels Unternehmen sprechen für sich. In einem Projekt in einem geschützten Naturreservat in Oberbayern konnte er zeigen, dass traditionelles Holzrücken nicht nur umweltfreundlicher, sondern auch wirtschaftlich tragfähig ist. Gemeinsam mit einem örtlichen Naturschutzverein transportierte er dort innerhalb von sechs Monaten rund 200 Kubikmeter Holz. „Das war eine Herausforderung, aber auch eine Chance, zu beweisen, dass alte Methoden nicht überholt sind“, berichtet er.
Ein weiteres Beispiel ist ein Auftrag in einem Moorwald, wo die empfindlichen Böden keinerlei maschinelle Belastung erlaubten. Mit seinen Pferden konnte Michael die Stämme sicher und effizient bergen, ohne Schäden am Boden zu hinterlassen. Der Auftraggeber, ein öffentlicher Forstbetrieb, zeigte sich begeistert und plant nun, Holzrücken auch in anderen sensiblen Gebieten einzusetzen.
Der Mensch hinter dem Projekt
Michael selbst ist eine faszinierende Persönlichkeit. Aufgewachsen in einer Försterfamilie, hat er von klein auf eine enge Verbindung zur Natur. Nach seiner Ausbildung zum Forstwirt arbeitete er zunächst in einem modernen Forstbetrieb, bevor er sich dazu entschloss, seinen eigenen Weg zu gehen. „Ich habe gesehen, wie viel zerstört wird, und das konnte ich nicht länger mit meinem Gewissen vereinbaren“, erklärt er.
Seine Arbeit erfordert nicht nur körperliche Fitness, sondern auch ein tiefes Verständnis für den Wald und seine Bewohner. Michael kennt jeden Baum in seinen Projekten und entscheidet individuell, wie er am besten entnommen werden kann, ohne das Gleichgewicht des Waldes zu stören. Seine Pferde sind dabei nicht nur Arbeitskollegen, sondern auch enge Partner. „Die Zusammenarbeit mit ihnen ist etwas ganz Besonderes“, sagt er. „Sie sind sensibel und klug – eine Maschine könnte das niemals ersetzen.“
Ein Vorbild für die Zukunft
Michaels Ansatz zeigt, dass traditionelle Methoden in der Forstwirtschaft eine echte Alternative sein können. Seine Arbeit beweist, dass wirtschaftlicher Erfolg und Naturschutz Hand in Hand gehen können. In einer Zeit, in der nachhaltige Lösungen immer dringender benötigt werden, könnte sein Modell Schule machen.
Die Herausforderungen der modernen Forstwirtschaft erfordern innovative Ansätze – und manchmal bedeutet Innovation, zu den Wurzeln zurückzukehren. Michaels Arbeit mit Pferden ist ein lebendiges Beispiel dafür, wie altes Wissen und moderne Ansprüche miteinander verbunden werden können, um eine bessere Zukunft für die Wälder zu schaffen.
Quellenangaben
- Bayerisches Staatsministerium für Ernährung, Landwirtschaft und Forsten. (2022). Nachhaltige Forstwirtschaft. Verfügbar unter: https://www.stmelf.bayern.de/forstwirtschaft/
- Deutsche Bundesstiftung Umwelt. (2021). Naturschutz und Forstwirtschaft. Verfügbar unter: https://www.dbu.de/natur/
- Waldschutz Deutschland e.V. (2023). Folgen des Maschineneinsatzes im Wald. Verfügbar unter: https://www.waldschutz-deutschland.de/folgen-maschinen/
- Forstwirtschaft im Einklang mit der Natur. (2022). Holzrücken mit Pferden. Verfügbar unter: https://www.forst-natur.de/holzruecken-pferde/
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