Schuldnerberatung Plus: Mehr als nur Entschuldung – Ein Weg zu finanzieller Eigenständigkeit

Die wachsende Schuldenproblematik in Deutschland

In Deutschland sehen sich Millionen Menschen mit finanziellen Schwierigkeiten konfrontiert. Laut dem SchuldnerAtlas 2024 der Creditreform Wirtschaftsforschung waren etwa 6,85 Millionen Deutsche überschuldet, was einer Überschuldungsquote von 9,87 Prozent entspricht (Creditreform, 2024). Besonders betroffen sind Alleinerziehende, Arbeitslose und Menschen mit niedrigem Einkommen. Die Hauptgründe für Überschuldung reichen von Arbeitslosigkeit und Krankheit über Trennung oder Scheidung bis hin zu unkontrolliertem Konsum (Statistisches Bundesamt, 2023).

Die Konsequenzen sind schwerwiegend: Neben sozialer Isolation und psychischen Belastungen drohen Wohnungslosigkeit und der Verlust der wirtschaftlichen Eigenständigkeit. Einmal überschuldet, fällt es vielen schwer, wieder Zugang zu Krediten oder finanziellen Dienstleistungen zu erhalten. Dies führt zu einem Teufelskreis, aus dem ohne externe Hilfe nur schwer ein Ausweg zu finden ist.

Grenzen traditioneller Schuldnerberatung

Traditionelle Schuldnerberatungen, häufig getragen von gemeinnützigen Organisationen wie Caritas oder der Diakonie, konzentrieren sich primär auf die akute Entschuldung. Sie helfen bei der Übersicht über die finanzielle Lage, der Kommunikation mit Gläubigern und begleiten Betroffene durch Insolvenzverfahren. Doch oft fehlt es an weiterführenden Ansätzen, die den Menschen langfristig helfen.

Der Fokus liegt meist auf der Bewältigung bestehender Schulden, während die Vermittlung von Finanzkompetenzen, die notwendig sind, um zukünftige Überschuldung zu vermeiden, häufig vernachlässigt wird. Präventive Maßnahmen, die das Finanzverhalten nachhaltig verändern, spielen in der klassischen Beratung eine untergeordnete Rolle (Schneider, 2021).

Schuldnerberatung Plus: Ein ganzheitlicher Ansatz

Die Schuldnerberatung Plus setzt genau hier an. Dieses Konzept erweitert die klassische Beratung, indem es die Entschuldung mit präventiven Maßnahmen und finanzieller Bildung verbindet. Ziel ist es, nicht nur bestehende Schulden abzubauen, sondern die Betroffenen langfristig in die Lage zu versetzen, ihre Finanzen selbstständig zu verwalten.

Ein Beispiel für diesen innovativen Ansatz ist die Stiftung Deutschland im Plus. Gegründet 2007 als gemeinnützige Organisation, widmet sie sich der Überschuldungsprävention und bietet ein breites Spektrum an Hilfsangeboten (Deutschland im Plus, 2024). Neben einer anonymen und kostenlosen Erstberatung setzt die Stiftung auf Bildungsprogramme, die Jugendliche frühzeitig für den Umgang mit Geld sensibilisieren sollen.

Ein zentrales Element der Schuldnerberatung Plus ist die individuelle Budgetberatung. Gemeinsam mit den Ratsuchenden wird ein detaillierter Haushaltsplan erstellt, um Einnahmen und Ausgaben gegenüberzustellen. Dabei werden Einsparpotenziale identifiziert und Strategien entwickelt, wie zukünftige Verschuldung vermieden werden kann (Deutschland im Plus, 2024). Ergänzend dazu vermitteln Workshops und Seminare grundlegende Finanzkenntnisse, beispielsweise zur Nutzung von Krediten oder dem Aufbau finanzieller Rücklagen.

Erfolgreiche Umsetzung in der Praxis

Der Erfolg der Schuldnerberatung Plus zeigt sich in zahlreichen Projekten. Ein Beispiel ist die App „Mein Budget – Ausgaben im Griff“, die von der Stiftung Deutschland im Plus entwickelt wurde. Sie ermöglicht es Nutzern, ihre Einnahmen und Ausgaben übersichtlich zu erfassen und Sparziele zu definieren. Gerade in Zeiten steigender Lebenshaltungskosten hilft die App dabei, finanzielle Engpässe frühzeitig zu vermeiden (Deutschland im Plus, 2024).

Ein weiteres erfolgreiches Projekt ist die Zusammenarbeit mit Schulen. Mit speziell entwickelten Unterrichtsmaterialien und Workshops werden Jugendliche für den verantwortungsvollen Umgang mit Geld sensibilisiert. Ziel ist es, ihnen die nötigen Kompetenzen zu vermitteln, um bereits frühzeitig finanzielle Eigenständigkeit zu entwickeln und Überschuldung zu vermeiden (Schulz et al., 2022).

Darüber hinaus berichtet die Stiftung von zahlreichen Einzelfällen, in denen Betroffene nicht nur ihre Schulden regulieren konnten, sondern auch langfristig eine stabile finanzielle Situation erreichten. So konnte beispielsweise eine alleinerziehende Mutter, die aufgrund von Krankheit und Arbeitslosigkeit in finanzielle Schwierigkeiten geraten war, durch die Budgetberatung und die Nutzung der App ihre Finanzen neu ordnen und eine stabile Grundlage für sich und ihre Kinder schaffen (Deutschland im Plus, 2024).

Herausforderungen und Zukunftsperspektiven

Obwohl die Schuldnerberatung Plus vielversprechend ist, gibt es auch Herausforderungen. Die steigende Zahl überschuldeter Haushalte und die zunehmende Komplexität finanzieller Produkte erfordern eine kontinuierliche Weiterentwicklung der Beratungsangebote. Auch die Finanzierung solcher Programme bleibt eine Hürde, da viele Angebote von Spenden und Fördermitteln abhängig sind (Schneider, 2021).

Dennoch zeigt die Erfahrung, dass der ganzheitliche Ansatz langfristig erfolgreich sein kann. Durch die Kombination von akuter Entschuldung und präventiver Finanzbildung erhalten Betroffene nicht nur eine kurzfristige Unterstützung, sondern auch die Werkzeuge, um dauerhaft finanziell unabhängig zu bleiben.

Fazit

Die Schuldnerberatung Plus ist mehr als eine kurzfristige Lösung für akute Schuldenprobleme. Sie kombiniert klassische Entschuldungsmaßnahmen mit nachhaltiger Finanzbildung und individueller Budgetberatung, um langfristig finanzielle Eigenständigkeit zu fördern. Organisationen wie die Stiftung Deutschland im Plus beweisen, dass solche Konzepte in der Praxis funktionieren und einen wichtigen Beitrag zur Bewältigung der Schuldenproblematik leisten können. Damit stellt die Schuldnerberatung Plus nicht nur eine Unterstützung für Betroffene dar, sondern auch ein Modell für die Zukunft der Schuldnerhilfe.

Quellen

  • Creditreform Wirtschaftsforschung (2024). SchuldnerAtlas 2024. Verfügbar unter: https://www.creditreform.de [Zugriff am 16. November 2024].
  • Deutschland im Plus (2024). Stiftung Deutschland im Plus – Überschuldungsprävention. Verfügbar unter: https://www.deutschland-im-plus.de [Zugriff am 16. November 2024].
  • Schneider, M. (2021). „Überschuldung und Prävention: Herausforderungen in der Schuldnerberatung“. Sozialwirtschaft, 45(3), 12–18.
  • Statistisches Bundesamt (2023). Überschuldung in Deutschland – Ursachen und Entwicklungen. Verfügbar unter: https://www.destatis.de [Zugriff am 16. November 2024].
  • Schulz, P., et al. (2022). „Finanzbildung in der Schule: Ein präventiver Ansatz gegen Überschuldung“. Bildung & Forschung, 28(4), 34–39.

 

 

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