Theater als Sprungbrett: Wie JobAct Arbeitslosen neue Perspektiven eröffnet

Die Herausforderung der Langzeitarbeitslosigkeit

Langzeitarbeitslosigkeit ist ein drängendes soziales Problem, das nicht nur wirtschaftliche, sondern auch psychologische Auswirkungen auf die Betroffenen hat. Menschen, die über einen längeren Zeitraum ohne Beschäftigung sind, kämpfen häufig mit dem Verlust von Selbstwertgefühl, sozialer Isolation und dem Gefühl, von der Gesellschaft abgehängt zu sein. Traditionelle Maßnahmen zur Wiedereingliederung in den Arbeitsmarkt, wie etwa Bewerbungstrainings oder Qualifizierungsprogramme, greifen oft zu kurz, da sie selten die individuellen Bedürfnisse und Potenziale der Betroffenen berücksichtigen.

Die Entstehung von JobAct: Eine innovative Antwort

Vor diesem Hintergrund entwickelte Sandra Schürmann, damals Abteilungsleiterin bei einem großen Bildungsträger, eine unkonventionelle Idee: die Verbindung von Theaterarbeit mit beruflicher Integration. Im Jahr 2005 gründete sie die Projektfabrik gGmbH mit Sitz in Witten, Nordrhein-Westfalen, und initiierte das Programm JobAct. Die gemeinnützige Gesellschaft hat sich seitdem zu einem überregional und international tätigen Projektträger entwickelt, mit stabilen Partnerschaften zu unterschiedlichen Bildungs-, Beschäftigungs- und Kulturinstitutionen in Deutschland und Europa (Projektfabrik gGmbH, 2023).

Das Konzept von JobAct basiert auf der Überzeugung, dass künstlerische Prozesse, insbesondere die Theaterarbeit, Menschen in ihrer Persönlichkeitsentwicklung fördern und ihnen neue Perspektiven eröffnen können. Durch die aktive Teilnahme an Theaterprojekten sollen die Teilnehmenden Selbstbewusstsein, Teamfähigkeit und Eigeninitiative entwickeln – Fähigkeiten, die auf dem Arbeitsmarkt von großer Bedeutung sind.

Der Ablauf eines JobAct-Projekts

Ein typisches JobAct-Projekt erstreckt sich über einen Zeitraum von zehn bis zwölf Monaten und gliedert sich in zwei Phasen:

Phase 1: Theaterarbeit und Persönlichkeitsentwicklung (5 bis 7 Monate)

In der ersten Phase erarbeiten die Teilnehmenden unter Anleitung von Theaterpädagogen ein Bühnenstück von der Idee bis zur Premiere. Diese intensive Zusammenarbeit fördert nicht nur kreative Fähigkeiten, sondern stärkt auch das Selbstbewusstsein und die soziale Kompetenz der Beteiligten. Parallel dazu erhalten sie ein intensives Bewerbungstraining, um ihre Chancen auf dem Arbeitsmarkt zu erhöhen (Randstad Stiftung, o.J.).

Phase 2: Praktische Anwendung und berufliche Orientierung (5 Monate)

Nach der Premiere absolvieren die Teilnehmenden betriebliche Praktika, um das Erlernte in der Praxis anzuwenden und wertvolle Berufserfahrungen zu sammeln. Einmal pro Woche treffen sie sich weiterhin zu Seminaren, um ihre Erfahrungen zu reflektieren und weitere Unterstützung zu erhalten (Randstad Stiftung, o.J.).

Erfolgsgeschichten aus der Praxis

Seit der Gründung von JobAct wurden über 300 Projekte durchgeführt, die zahlreichen Menschen den Weg zurück in die Arbeitswelt ebneten. Die Erfolgsquote bei der (Re-)Integration in die Lern- und Arbeitswelt liegt bei bis zu 75 Prozent (Randstad Stiftung, o.J.).

Ein bemerkenswertes Beispiel ist das Projekt in Parchim, Mecklenburg-Vorpommern. Hier erarbeiteten 21 Teilnehmende das Stück Iphigenie in Aulis und führten es erfolgreich auf. Die intensive Theaterarbeit half den Beteiligten, ihre persönlichen Herausforderungen zu überwinden und neue berufliche Perspektiven zu entwickeln (Projektfabrik gGmbH, 2019).

Ein weiteres Beispiel ist das Projekt in Leipzig, bei dem neun Teilnehmende unter dem Titel BRECHT AUF! BRECHT AB! BRECHT EIN! eine szenische Collage von Bertolt Brechts Gedichten erarbeiteten. Die Aufführung im Neuen Schauspiel Leipzig war ein großer Erfolg und zeigte eindrucksvoll, wie Theaterarbeit zur sozialen Inklusion beitragen kann (Projektfabrik gGmbH, 2019).

Internationale Anerkennung und Expansion

Die innovative Kombination von Theater und beruflicher Integration hat auch international Aufmerksamkeit erregt. Im Rahmen des Ashoka GlobalizerX Programms in Mailand wurden 2013 erste Kontakte mit Organisationen aus Ungarn, Frankreich, Griechenland, Spanien und Italien geknüpft. 2015 gewann die Projektfabrik mit JobAct den Advocate Europe Award der Mercator Stiftung für das JobAct Europe Partner Programm. In Zusammenarbeit mit der TU Dortmund wurde ab 2016 das Programm „Social Inclusion by Social Art“ ausgebaut, und 2017 starteten Partner in Italien erste JobAct-Projekte (Projektfabrik gGmbH, 2023).

Fazit: Theater als Wegbereiter für neue Chancen

JobAct zeigt eindrucksvoll, wie kreative Ansätze in der Sozialarbeit Menschen neue Perspektiven eröffnen können. Durch die Verbindung von Theaterarbeit mit beruflicher Orientierung gelingt es, individuelle Potenziale zu entdecken und nachhaltig in den Arbeitsmarkt zu integrieren. Die zahlreichen Erfolgsgeschichten belegen die Wirksamkeit dieses innovativen Konzepts und machen Hoffnung auf weitere Projekte, die Kunst und Sozialarbeit miteinander verbinden.

Quellen

guteideen.org © 2024 by Gute Ideen ist lizenziert unter CC BY 4.0 . Kurz erklärt: Nutze alles und verlinke auf diesen Artikel.

Schreibe einen Kommentar

Deine E-Mail-Adresse wird nicht veröffentlicht. Erforderliche Felder sind mit * markiert