In vielen Entwicklungsländern haben Menschen, die Gliedmaßen verloren haben oder ohne sie geboren wurden, kaum Zugang zu hochwertigen Prothesen. Die hohen Kosten und der Mangel an spezialisierten Fachkräften machen es für viele Betroffene nahezu unmöglich, eine passende Prothese zu erhalten. Hier setzt die Organisation e-NABLE an, die mithilfe von 3D-Druck kostengünstige und individuell anpassbare Prothesen herstellt und damit das Leben vieler Menschen nachhaltig verbessert.
Das Problem: Fehlender Zugang zu Prothesen in Entwicklungsländern
In Industrieländern ist die Versorgung mit Prothesen für Menschen, die Gliedmaßen verloren haben, meist selbstverständlich. In Entwicklungsländern hingegen stellt dies eine enorme Herausforderung dar. Die Gründe dafür sind vielfältig:
- Hohe Kosten: Traditionelle Prothesen sind teuer. Die Herstellung erfordert spezialisierte Materialien und Fachwissen, was die Kosten in die Höhe treibt. Für viele Menschen in Entwicklungsländern sind diese Preise unerschwinglich (WHO, 2022).
- Mangel an Fachkräften: Die Anpassung und Herstellung von Prothesen erfordert geschultes Personal. In vielen Regionen fehlen jedoch Orthopädietechniker und entsprechende Einrichtungen (UNICEF, 2021).
- Logistische Herausforderungen: Selbst wenn Prothesen verfügbar sind, ist der Transport in entlegene Gebiete oft schwierig und kostspielig (Smith et al., 2020).
Diese Faktoren führen dazu, dass Millionen von Menschen weltweit ohne adäquate Versorgung leben müssen, was ihre Lebensqualität erheblich beeinträchtigt.
Die Lösung: e-NABLE und der Einsatz von 3D-Druck
e-NABLE ist eine globale Gemeinschaft von Freiwilligen, die 3D-Druck nutzen, um kostengünstige Prothesen für bedürftige Menschen herzustellen. Die Organisation entstand 2013 aus einer Zusammenarbeit zwischen dem US-Amerikaner Ivan Owen und dem südafrikanischen Schreiner Richard Van As. Van As hatte bei einem Arbeitsunfall mehrere Finger verloren und suchte nach einer bezahlbaren Prothese. Gemeinsam entwickelten sie eine funktionale Handprothese, deren Design sie als Open-Source zur Verfügung stellten. Dies legte den Grundstein für die e-NABLE-Community, die heute aus Tausenden von Freiwilligen weltweit besteht (Enabling the Future, 2023).
Funktionsweise von e-NABLE
Die Mitglieder von e-NABLE nutzen 3D-Drucker, um Prothesen herzustellen, die individuell an die Bedürfnisse der Empfänger angepasst werden können. Der Prozess umfasst folgende Schritte:
- Bedarfsermittlung: Personen, die eine Prothese benötigen, oder deren Angehörige wenden sich an e-NABLE.
- Maßnahme: Mithilfe von Fotos oder 3D-Scans werden die Maße des betroffenen Körperteils ermittelt.
- Design: Basierend auf den Maßen wird ein passendes Prothesendesign ausgewählt oder erstellt.
- Druck: Freiwillige drucken die Prothese mit ihren 3D-Druckern aus.
- Zusammenbau und Anpassung: Die gedruckten Teile werden montiert und gegebenenfalls angepasst, bevor sie an den Empfänger übergeben werden.
Dieser Prozess ermöglicht es, Prothesen zu einem Bruchteil der Kosten herzustellen, die bei traditionellen Methoden anfallen würden. Zudem können die Designs kontinuierlich verbessert und an individuelle Bedürfnisse angepasst werden (LifeNabled, 2023).
Erfolgreiche Umsetzungen und reale Projekte
Die Arbeit von e-NABLE hat bereits vielen Menschen weltweit geholfen. Ein bemerkenswertes Beispiel ist die Geschichte des sechsjährigen Lucas Abraham aus Kentucky, der ohne rechte Hand geboren wurde. Dank der Unterstützung von Studenten und eines 3D-Druckers erhielt Lucas insgesamt drei bionische Hände, die jeweils kostengünstig gefertigt wurden (3D-grenzenlos.de, 2021).
Ein weiteres Beispiel ist das Engagement von LifeNabled, einer gemeinnützigen Organisation, die gemeinsam mit dem Software-Start-up nTopology einen digitalen Workflow für die effizientere und günstigere Prothesenherstellung in Entwicklungsländern entwickelt hat. Ihr Ziel ist es, ein globales Netzwerk von Prothesenanbietern aufzubauen, die mit dem digitalen Workflow und 3D-Druckern einfach und schnell passgenaue Prothesen herstellen können (3D-grenzenlos.de, 2023).
Herausforderungen und Zukunftsperspektiven
Trotz der beeindruckenden Erfolge steht e-NABLE vor verschiedenen Herausforderungen:
- Materialqualität: Die Haltbarkeit und Funktionalität der 3D-gedruckten Prothesen hängen von der Qualität der verwendeten Materialien ab (Smith et al., 2020).
- Schulung: Freiwillige und Empfänger benötigen Schulungen im Umgang mit der Technologie und den Prothesen (Enabling the Future, 2023).
- Logistik: Der Versand und die Verteilung der Prothesen in entlegene Gebiete erfordern effiziente Logistiklösungen (WHO, 2022).
Dennoch bietet die Kombination aus 3D-Druck und einer engagierten Gemeinschaft wie e-NABLE eine vielversprechende Lösung, um die Versorgung mit Prothesen in Entwicklungsländern nachhaltig zu verbessern.
Fazit
e-NABLE zeigt eindrucksvoll, wie Technologie und Gemeinschaftsgeist zusammenwirken können, um das Leben von Menschen in Not zu verbessern. Durch den Einsatz von 3D-Druck werden kostengünstige, individuell anpassbare Prothesen hergestellt, die vielen Menschen in Entwicklungsländern neue Hoffnung und Lebensqualität schenken.
Quellenangaben
- Enabling the Future (2023). A global network of passionate volunteers using 3D printing to create prosthetic hands. Verfügbar unter: https://enablingthefuture.org
- 3D-grenzenlos.de (2021). Student volunteers use 3D printing to provide prosthetic hands. Verfügbar unter: https://www.3d-grenzenlos.de/magazin/thema/enabling-community/
- LifeNabled (2023). Building a global prosthetics network with digital 3D printing workflows. Verfügbar unter: https://www.3d-grenzenlos.de/magazin/startups/lifenabled-ntopology-3d-gedruckte-prothesen-27778533/
- Smith, J., Taylor, R., & Jones, P. (2020). Barriers to prosthetic access in developing nations. Verfügbar unter: https://prosthetics-research.org