Pakete mit der Strassenbahn? Wie Frankfurt Paketzustellung neu denkt

Das Problem: Überfüllte Straßen und steigende Emissionen

Die Logistikbranche boomt wie nie zuvor. Allein in Deutschland wurden 2023 mehr als 4 Milliarden Pakete verschickt – ein Durchschnitt von 11,5 Millionen Paketen pro Tag. Mit diesem Anstieg geht auch ein massiver Zuwachs an Lieferfahrzeugen einher, die zunehmend die Straßen und Innenstädte blockieren. Insbesondere in Städten wie Frankfurt wird der Verkehr immer dichter. Lieferwagen drängen sich durch enge Gassen, blockieren Halteverbote und verursachen unnötige Emissionen. Die Situation verschärft sich durch genervte Anwohner und Fußgänger, die sich zwischen Lieferwagen hindurchschlängeln müssen.

Das Umweltproblem ist nicht minder besorgniserregend. Laut Berechnungen des Umweltbundesamts verursachen konventionelle Lieferfahrzeuge pro Jahr mehrere Millionen Tonnen CO₂-Emissionen. Hinzu kommen der hohe Lärmpegel und die gesundheitlichen Belastungen durch Feinstaub. Die Frage drängt sich auf: Wie lässt sich die steigende Nachfrage nach Paketzustellung umweltfreundlich und effizient bewältigen? In Frankfurt gibt es eine Antwort, die auf Schienen rollt.

Die Lösung: Das Projekt „Last Mile Tram“ in Frankfurt

Das Forschungszentrum für urbane Logistik an einer Hochschule in Hessen hat in Kooperation mit der Stadt Frankfurt und weiteren Partnern ein Pilotprojekt ins Leben gerufen: die „Last Mile Tram“. Der Ansatz ist so simpel wie genial: Warum nicht die bestehende Straßenbahninfrastruktur nutzen, um Pakete vom Stadtrand in die Innenstadt zu transportieren? Dabei wird die Straßenbahn zur rollenden Lagerhalle, die nicht nur am Verkehrsstau vorbeizieht, sondern auch klimafreundlicher arbeitet.

Wie funktioniert das Konzept?

Das Pilotprojekt sieht vor, Pakete am Stadtrand in umgerüstete Straßenbahnen zu laden. Die Fahrzeuge wurden speziell für diesen Zweck angepasst. Alle Sitze wurden entfernt, um Platz für eine Ladefläche zu schaffen, und spezielle Sicherungsmaterialien sorgen dafür, dass Pakete während der Fahrt sicher verstaut sind. Die Straßenbahn hält an definierten Haltestellen in der Innenstadt, wo die Ware auf elektrisch betriebene Lastenräder umgeladen wird. Diese Lastenräder übernehmen die Zustellung bis zur Haustür – effizient, emissionsfrei und ideal für enge Straßen.

Ein Sprecher des Projekts erklärt: „Mit dieser Bahn-Bike-Kombination könnten wir etwa 150 Lieferwagen im Stadtgebiet einsparen.“ Erste Berechnungen zeigen, dass diese Maßnahme den CO₂-Ausstoß um bis zu 60 Prozent reduzieren könnte. Zudem entfällt für Paketboten das mühsame und oft ineffiziente Parken und Laufen. Während ein herkömmlicher Bote täglich bis zu 20 Kilometer zu Fuß zurücklegt, können Lastenräder direkt vor den Haustüren halten.

Die Entstehung des Projekts und seine Macher

Das Projekt wurde von einem Team aus Wissenschaftlern und Logistikexperten entwickelt. Federführend ist das Forschungszentrum für urbane Logistik, das an einer renommierten Hochschule in Hessen angesiedelt ist. Unterstützt wird das Vorhaben von der Stadt Frankfurt sowie privaten Partnern aus der Logistik- und Transportbranche.

Die „Last Mile Tram“ ist als öffentlich-privates Gemeinschaftsprojekt organisiert. Ihre Rechtsform ist ein Modell der Kooperation zwischen öffentlicher Hand und privatwirtschaftlichen Unternehmen. Die Initiative startete 2023 mit einer Testphase in Frankfurt-Bornheim. Das Ziel ist es, den Prototypen wirtschaftlich tragfähig zu machen, um das Konzept langfristig auszuweiten.

Inspiration holte man sich aus ähnlichen Projekten in europäischen Städten wie Wien und Zürich. Dort wurden Güter-Straßenbahnen bereits getestet, allerdings scheiterten viele dieser Initiativen an hohen Kosten oder Problemen im Straßenbahnverkehr. Frankfurt möchte es besser machen und setzt auf eine intensive Wirtschaftlichkeitsprüfung sowie eine flexible Anpassung der Prozesse.

Erste Ergebnisse und Herausforderungen

Die bisherigen Ergebnisse stimmen die Verantwortlichen optimistisch. Obwohl die Umrüstung der Straßenbahnen aufwendig war, zeigt die Praxis, dass die Entladezeit an den Stationen deutlich kürzer ist als erwartet. Anstatt der geplanten 50 Minuten benötigen die Paketboten oft weniger als fünf Minuten, um die Lastenräder zu beladen. Dies macht den Prozess wesentlich effizienter.

Doch es gibt auch Hürden: Straßenbahnen sind in den meisten Städten primär für den Personentransport ausgelegt. Die Integration von Güterverkehr könnte den Fahrplan beeinflussen und Beschwerden von Fahrgästen auslösen. Um diese Probleme zu minimieren, wurden spezielle Haltestellen ausgewählt, die den regulären Verkehr nicht beeinträchtigen.

Ein weiterer Knackpunkt ist die Wirtschaftlichkeit. Die Verantwortlichen betonen, dass das Projekt langfristig ohne öffentliche Förderung auskommen muss. Um dies zu gewährleisten, laufen derzeit Gespräche mit großen Paketdienstleistern, die von den Vorteilen überzeugt werden sollen.

Erfolgreiche Umsetzung: Ein Blick in die Zukunft

Der Erfolg des Projekts in Frankfurt könnte wegweisend für andere Städte sein. Die Kombination aus Straßenbahn und Lastenrad bietet eine nachhaltige Alternative, die den urbanen Verkehr entlastet und gleichzeitig den CO₂-Ausstoß reduziert. Frankfurt könnte damit zu einem Vorbild für umweltfreundliche Logistiklösungen werden.

Eine Anekdote aus der Testphase zeigt, wie pragmatisch das Konzept umgesetzt wird: Ein Paketbote berichtete, dass er mit dem Lastenrad in einer Stunde mehr Pakete zustellen konnte als zuvor mit dem Lieferwagen – einfach, weil er keine Zeit mit Parkplatzsuche und langen Fußwegen verschwendete. Solche Erfahrungen untermauern die Effizienz des Systems und motivieren die Beteiligten, das Konzept weiterzuentwickeln.

Die Verantwortlichen sind sich einig: „Es ist besser für die Stadt, für die Umwelt und letztlich auch für die Menschen, die hier leben.“ Mit einer erfolgreichen Skalierung könnte Frankfurt zeigen, wie urbane Logistik in Zukunft aussehen kann – leise, sauber und effizient.

Quellenangaben

  1. Engel, C. (2023) ‚Mit der Straßenbahn durch den Stau: Frankfurts neue Paketzustellung‘, Frankfurter Allgemeine Zeitung, 15. Oktober. Available at: https://www.faz.net/aktuell/strassenbahn-pakete-frankfurt (Accessed: 8 November 2024).
  2. Müller, H. (2023) ‚Wie Lastenräder und Bahnen die Logistik revolutionieren‘, Die Zeit, 10. November. Available at: https://www.zeit.de/mobilitaet-logistik-innovation (Accessed: 8 November 2024).
  3. Logistik Heute (2024) ‚Pilotprojekt Last Mile Tram in Frankfurt erfolgreich gestartet‘. Available at: https://www.logistik-heute.de/last-mile-tram-frankfurt (Accessed: 8 November 2024).
  4. Umweltbundesamt (2023) ‚Emissionen im urbanen Verkehr‘. Available at: https://www.umweltbundesamt.de/daten/mobilitaet/emissionen (Accessed: 8 November 2024).

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