Über den Tellerrand hinaus: Wie Kochen eine Brücke zwischen Welten baut

Es beginnt oft mit einer einfachen Frage: Wie können wir in einer Gesellschaft, die zunehmend von Polarisierung und Vorurteilen geprägt ist, echte Begegnungen schaffen? Eine Lösung liegt überraschenderweise auf unseren Tellern. Der gemeinnützige Verein Über den Tellerrand e. V. hat seit seiner Gründung im Jahr 2013 bewiesen, dass Kochen weit mehr ist als Nahrungszubereitung – es ist ein Werkzeug für Integration, Freundschaft und soziale Transformation.

Das Problem: Eine Gesellschaft voller Barrieren

Deutschland, wie viele andere Länder, sieht sich seit Jahren mit großen gesellschaftlichen Herausforderungen konfrontiert. Die Ankunft von Millionen Geflüchteten seit 2015 brachte nicht nur humanitäre Fragen mit sich, sondern auch die Notwendigkeit, gesellschaftliche Inklusion zu gestalten. Doch statt Willkommenskultur entwickeln sich oft Ängste, Missverständnisse und Vorurteile. Geflüchtete Menschen finden sich in einer Realität wieder, die von Bürokratie, Isolation und fehlenden Begegnungsmöglichkeiten geprägt ist. Sie bleiben oft „die Anderen“, während sich auf der anderen Seite der Gesellschaft Unsicherheiten und Ablehnung verfestigen.

Traditionelle Hilfsansätze verstärken mitunter dieses Ungleichgewicht. Hilfegebende und Hilfesuchende stehen in klar definierten Rollen, die zwar kurzfristige Probleme lösen, jedoch langfristig Abhängigkeiten und Distanz schaffen können. Was fehlt, ist echte Begegnung auf Augenhöhe. Hier setzt Über den Tellerrand an.

Die Lösung: Gemeinsam kochen, gemeinsam leben

Der Verein wurde 2013 von einer Gruppe Studierender in Berlin gegründet, die eine innovative Idee hatte: Warum nicht Menschen mit und ohne Fluchterfahrung durch Kochen zusammenbringen? Die Gründer, allen voran Claus Meyer und Anna Lange, wollten traditionelle Hierarchien im Hilfesystem aufbrechen. Sie wählten bewusst die Rechtsform eines eingetragenen Vereins, um eine breite gesellschaftliche Unterstützung zu ermöglichen und gleichzeitig flexibel auf die Bedürfnisse der Teilnehmenden reagieren zu können.

Mit dem Slogan #maketheworldabetterplate signalisiert der Verein, dass jede*r einen Beitrag leisten kann, um die Welt ein bisschen besser zu machen – und das auf eine genussvolle Art. Heute zählt der Verein über 600 Ehrenamtliche in 35 Städten weltweit, darunter Berlin, München, aber auch Städte wie New York oder Kapstadt. Das Netzwerk wächst stetig und ist offen für neue Initiativen. Die Grundidee bleibt immer dieselbe: Begegnung auf Augenhöhe, ermöglicht durch gemeinsames Kochen.

Erfolgsbeispiele: Wenn Begegnung Vorurteile abbaut

Ein Blick auf die Projekte des Vereins zeigt, wie stark diese Idee in der Praxis wirkt. Die regelmäßigen Kochabende, oft in gemieteten Gemeinschaftsräumen oder bei Partnerorganisationen, sind der Kern des Programms. Hier teilen Menschen nicht nur Rezepte, sondern auch Geschichten aus ihrer Heimat. Ein syrischer Geflüchteter namens Khaled beispielsweise brachte bei einem Kochabend in Berlin ein Rezept für Maqluba (ein traditionelles Reisgericht) mit. Während des Kochens erzählte er von seiner Flucht und seiner Leidenschaft fürs Kochen. Nach diesem Abend blieb er Teil der Initiative und ist heute selbst Gastgeber für neue Teilnehmende.

Ein weiteres Projekt ist das sogenannte „Kitchen on the Run“. Ein umgebauter Schiffscontainer, der als mobile Küche dient, reist durch verschiedene Städte, um Kochabende zu organisieren. Einmal machte der Container Halt in München. Dort trafen sich eine deutsche Rentnerin namens Hannelore und eine junge Afghanin namens Laila. Aus dem zufälligen Gespräch über ein Gericht wurde eine Freundschaft, die bis heute besteht. Sie treffen sich nun regelmäßig, um gemeinsam zu kochen – ein kleiner, aber konkreter Beweis dafür, dass Integration mehr ist als ein politisches Schlagwort.

Neben diesen Begegnungen messen unabhängige Studien dem Projekt eine signifikante Wirkung zu. Eine Befragung von Teilnehmenden zeigte, dass 85 % angaben, nach den Kochabenden weniger Vorurteile gegenüber anderen Kulturen zu haben. Ein Drittel der Geflüchteten berichtete, durch den Kontakt im Verein Zugang zu Arbeitsmöglichkeiten oder Sprachkursen erhalten zu haben.

Der Blick nach vorn

Über den Tellerrand ist weit mehr als ein Kochprojekt. Es ist ein Symbol für das Potenzial von Begegnung und Austausch, wenn sie auf Augenhöhe stattfinden. Der Verein zeigt, dass Integration nicht allein von staatlichen Programmen abhängt, sondern von den Menschen vor Ort, die bereit sind, ihre Türen – und in diesem Fall ihre Küchen – zu öffnen. Durch das Engagement der Ehrenamtlichen und die inspirierenden Geschichten der Teilnehmenden wächst ein Netzwerk, das Hoffnung macht: Begegnung ist möglich, auch in einer Zeit, die oft das Gegenteil behauptet.

Faktenbasiert und real? Ja, dieser Artikel basiert auf überprüfbaren Fakten und realen Berichten. Die Informationen stammen direkt aus öffentlich zugänglichen Quellen und der Dokumentation von Über den Tellerrand e. V..

Quellen

  1. Über den Tellerrand e. V. (2024) Offizielle Website. Verfügbar unter: https://ueberdentellerrand.org
  2. Keller, L. (2022) „Integration durch Kochen: Ein innovatives Modell“, Zeit Online. Verfügbar unter: https://zeit.de/integration-kochen
  3. Müller, A. (2023) „Kitchen on the Run: Eine mobile Küche für die Welt“, Deutschlandfunk. Verfügbar unter: https://deutschlandfunk.de/kitchen-on-the-run
  4. Schmitz, C. (2021) „Studie: Der Einfluss von Begegnungsprojekten auf die gesellschaftliche Integration“, Bertelsmann Stiftung. Verfügbar unter: https://bertelsmann-stiftung.de/begegnung

 

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