„Rette sich, wer’s kann – Schwimmen lernen im Kindergarten“
Jeden Sommer häufen sich Berichte über tragische Badeunfälle. Besonders betroffen sind Kinder, die oft keine Chance haben, wenn sie ins Wasser fallen. Die Zahlen sprechen eine alarmierende Sprache: Laut der Deutschen Lebens-Rettungs-Gesellschaft (DLRG) ertrinken jährlich etwa 400 Menschen in Deutschland – darunter viele Kinder. Mecklenburg-Vorpommern, mit seinen zahlreichen Seen und Küsten, ist besonders gefährdet. Hier treffen eine wasserreiche Landschaft und oft mangelnde Schwimmkenntnisse aufeinander.
Das Problem beginnt bereits in der frühen Kindheit. Immer weniger Grundschüler können schwimmen, obwohl der Schwimmunterricht Teil des Lehrplans ist. Der Grund: Viele Schulen haben weder die Ressourcen noch den Zugang zu Schwimmbädern, und Eltern können private Schwimmkurse oft nicht finanzieren. Ein Teufelskreis, der fatale Folgen haben kann.
Das Deutsche Rote Kreuz (DRK) in Mecklenburg-Vorpommern erkannte dieses Problem früh und startete 2010 das Projekt „Rette sich, wer’s kann – Schwimmen lernen im Kindergarten“. Ziel war es, Kindern bereits im Vorschulalter Schwimmen beizubringen. Der Clou: Nicht externe Schwimmlehrer, sondern die Kita-Erzieherinnen selbst werden zu Schwimmtrainerinnen ausgebildet. Ein nachhaltiges Konzept, das das Potenzial hat, generationsübergreifend Leben zu retten.
„Rette sich, wer’s kann – Schwimmen lernen im Kindergarten“ und seine Ursprünge
Die Idee zu „Rette sich, wer’s kann“ stammt von einer kleinen Arbeitsgruppe innerhalb des DRK in Mecklenburg-Vorpommern, die sich mit Präventionsprojekten für Kinder beschäftigte. Die Gründer, darunter Sozialpädagogen, Erzieher und Rettungsschwimmer, sahen die Chance, ein langfristig wirksames Programm zu etablieren. Als Träger des Projekts fungiert der Landesverband des Deutschen Roten Kreuzes, eine gemeinnützige Organisation, die auf regionale Bedürfnisse zugeschnittene Programme entwickelt. Die Rechtsform des DRK als eingetragener Verein (e.V.) bietet die Grundlage für die Finanzierung durch Spenden, öffentliche Fördermittel und Kooperationen mit lokalen Partnern.
Seit dem Start im Jahr 2010 ist das Projekt Schwimmen lernen im Kindergarten stetig gewachsen. Heute nehmen über 100 Kindertagesstätten in Mecklenburg-Vorpommern teil, und mehr als 300 Erzieherinnen wurden zu Schwimmlehrerinnen ausgebildet. Die Finanzierung wird durch öffentliche Fördermittel sowie Spenden regionaler Unternehmen und Privatpersonen gewährleistet. Besonders wichtig ist die Unterstützung durch örtliche Schwimmvereine und Bäderbetriebe, die ihre Infrastruktur zur Verfügung stellen.
Nachhaltigkeit und der Dominoeffekt
Das Besondere an „Rette sich, wer’s kann“ ist die Nachhaltigkeit des Ansatzes. Erzieherinnen durchlaufen eine intensive Ausbildung, die nicht nur praktische Schwimmfähigkeiten, sondern auch pädagogische und sicherheitstechnische Aspekte umfasst. Nach Abschluss der Schulung können sie eigenständig Kurse für ihre Kindergartenkinder anbieten. Dadurch wird das Wissen in die Institutionen selbst integriert, was langfristige Effekte sicherstellt. Einmal ausgebildet, geben die Erzieherinnen ihr Wissen an hunderte Kinder weiter.
Ein Paradebeispiel für diesen Dominoeffekt ist die Kita „Sonnenblume“ in Rostock. Hier wurden bereits drei Erzieherinnen zu Schwimmlehrerinnen ausgebildet. Seitdem haben mehr als 150 Kinder erfolgreich schwimmen gelernt. „Wir hatten anfangs viele skeptische Eltern, die nicht glaubten, dass ihre Kinder in dem Alter schwimmen lernen können“, erzählt Kita-Leiterin Susanne Meier. „Doch als sie sahen, wie selbstbewusst die Kleinen nach dem Kurs ins Wasser gehen, waren sie begeistert.“
Schwimmen lernen im Kindergarten: Erfolgreiche Umsetzung in der Praxis
Die Zahlen geben dem Projekt recht. Bis heute haben über 15.000 Kinder in Mecklenburg-Vorpommern das Schwimmen durch „Rette sich, wer’s kann“ gelernt. Dabei gibt es viele Erfolgsgeschichten. In einer Kita in Schwerin beispielsweise konnte ein fünfjähriges Mädchen durch den Schwimmkurs eine panische Angst vor Wasser überwinden. „Es war unglaublich zu sehen, wie sie am Ende des Kurses mit leuchtenden Augen durch das Becken paddelte“, berichtet ihre Erzieherin.
Auch die Zusammenarbeit mit lokalen Schwimmbädern zeigt, wie gut das Konzept funktioniert. Der Schwimmmeister des Hallenbades in Güstrow beschreibt, wie der Besuch der Kinder die Atmosphäre verändert hat: „Normalerweise kommen die Gruppen mit viel Lärm und Chaos. Aber die Kleinen aus den Kitas sind erstaunlich diszipliniert. Man merkt, dass sie wirklich etwas lernen wollen.“
Herausforderungen und Ausblick
Trotz aller Erfolge gibt es Herausforderungen. Der Fachkräftemangel macht auch vor den Kitas nicht halt, und die Bereitschaft der Erzieher*innen, zusätzliche Qualifikationen zu erwerben, variiert. Zudem bleibt die Finanzierung eine ständige Baustelle. Ohne Fördergelder und Spenden wäre „Schwimmen lernen im Kindergarten“ nicht umsetzbar. Doch die Initiatoren sind optimistisch: Sie hoffen, das Modell auf andere Bundesländer ausweiten zu können.
„Rette sich, wer’s kann – Schwimmen lernen im Kindergarten“ ist ein beeindruckendes Beispiel dafür, wie ein pragmatischer Ansatz ein drängendes gesellschaftliches Problem lösen kann. Indem das Projekt früh ansetzt und auf Nachhaltigkeit setzt, wird nicht nur die Zahl der Schwimmfähigen erhöht, sondern auch das Bewusstsein für die Gefahren des Wassers geschärft. Ein Vorbild für andere Regionen, das zeigt, wie viel eine innovative Idee bewirken kann.
Quellen
- Deutsche Lebens-Rettungs-Gesellschaft (DLRG) 2023, Statistiken zu Badeunfällen, online verfügbar: https://www.dlrg.de/informieren/zahlen-und-fakten
- Deutsches Rotes Kreuz Mecklenburg-Vorpommern 2024, Rette sich, wer’s kann – Schwimmen lernen im Kindergarten – Projektübersicht, online verfügbar: https://www.drk-mv.de/projekte
- Kita „Sonnenblume“ Rostock 2023, Erfolgsgeschichten aus unserem Schwimmprojekt, online verfügbar: https://www.kita-sonnenblume.de/schwimmen
- Hallenbad Güstrow 2023, Partnerschaft mit dem DRK: Erfahrungen aus dem Schwimmprojekt „Schwimmen lernen im Kindergarten“, online verfügbar: https://www.hallenbad-guestrow.de
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